Prozess:Architekt Braunfels bekommt vor Gericht ein bisschen recht

Prozess: Der Architekt Stephan Braunfels (rechts) mit seinem Rechtsanwalt Andreas Hinterhäuser vor dem Oberlandesgericht.

Der Architekt Stephan Braunfels (rechts) mit seinem Rechtsanwalt Andreas Hinterhäuser vor dem Oberlandesgericht.

(Foto: Catherina Hess)
  • Der Architekt Stephan Braunfels hatte sich um eine Teilnahme an dem Architektenwettbewerb für das neue Münchner Konzerthaus beworben.
  • Braunfels wurde jedoch nicht zur Teilnahme zugelassen. Er rügte die Entscheidung und beantragte eine Nachprüfung.
  • Nachdem das Ergebnis wieder das gleiche war, klagte er vor dem Oberlandesgericht - wohl erfolglos.

Von Stephan Handel

Mit dem Vergaberecht bei öffentlichen Bauten verhält es sich so ähnlich wie mit der Demokratie insgesamt: Richtig befriedigend ist das eine wie das andere nicht, es ist aber auch noch niemandem etwas Besseres eingefallen. Der Architekt Stephan Braunfels zum Beispiel hat am Freitag vor Gericht in ziemlich vielen seiner Anliegen wenigstens ein bisschen recht bekommen. Nutzen wird's ihm trotzdem nichts.

Braunfels hatte sich um eine Teilnahme an dem Architektenwettbewerb für das neue Münchner Konzerthaus beworben, das bekanntermaßen ja auf dem ehemaligen Pfanni-Gelände hinter dem Ostbahnhof errichtet werden soll. Die Konkurrenz ausgeschrieben hat der Freistaat Bayern, und zwar als "nichtoffenen Realisierungswettbewerb".

Das bedeutet: Architekten können sich um die Teilnahme bewerben, wer aber tatsächlich einen Entwurf einreichen darf, entscheidet der Bauherr beziehungsweise eine Jury. 35 Teilnehmer sollten zugelassen werden, sechs Büros wurden vorausgewählt, vier Plätze waren für kleinere reserviert - also waren 25 Plätze zu vergeben. Mehr als 200 Architekten reichten die Bewerbungsunterlagen ein.

Unter ihnen auch Stephan Braunfels, der als Referenz immerhin die Pinakothek der Moderne angeben konnte, außerdem das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und das Paul-Löbe-Haus, beide in Berlin. Alle drei Bauwerke haben Braunfels' Ruf als einer der originellsten, innovativsten und kreativsten Architekten Deutschlands begründet - ihn aber auch als schwierigen Zeitgenossen gebrandmarkt, der stets die Kunst und seinen Entwurf über Kostenrahmen oder politische Rücksichtnahmen stellt.

Braunfels wurde nicht zur Teilnahme zugelassen. Das kann mal passieren, was ihn aber wirklich ärgerte: Er erhielt für seine weltberühmten und hoch dekorierten Bauten vom Auswahlgremium nicht die Höchstpunktzahl von 150 Punkten, sondern nur die zweitbeste Wertung, 120 Punkte.

Braunfels rügte die Entscheidung und beantragte eine Nachprüfung. Die wurde ihm gewährt, jedoch: Das Ergebnis war das gleiche. Nach weiterem juristischen Schlagabtausch landete die Angelegenheit nun vor dem Vergabesenat des Oberlandesgerichts, der nicht sehr oft in Anspruch genommen wird: Laut Aktenzeichen ist der Fall "Braunfels gegen Freistaat Bayern" erst das dritte Verfahren in diesem Jahr.

Der Architekt wollte erreichen, dass das gesamte Wettbewerbsverfahren noch einmal von vorne beginnt, dass also die bisherige Auswahl aufgehoben wird und alles neu ausgeschrieben wird. Diesen Zahn zog ihm Petra Willner, die Vorsitzende Richterin, ziemlich schnell: "Der Senat sieht wenig Möglichkeiten, das ganze Verfahren zurückzusetzen."

Denn es müsste nachgewiesen werden, dass die Jury Braunfels' Arbeiten böswillig schlechter bewertet hat, als sie tatsächlich sind - und wer wäre in der Lage, an eine zutiefst subjektive Entscheidung objektive Kriterien anzulegen?

Das höchste der Gefühle wäre eine erneute Nachprüfung

Da half auch der Hinweis des Architekten nichts, es gebe ja wohl wirklich einen Unterschied - architektonisch - zwischen der Pinakothek der Moderne und dem Landratsamt Landshut, was jeder bejahen wird, der auch nur einmal einen Blick auf die beiden Bauwerke geworfen hat. Das nützt ihm aber nichts: Das Gericht kann ja sowieso nicht das Bewertungsgremium dazu verurteilen, dem Braunfels'schen Werk auf jeden Fall die Höchstpunktzahl zu geben.

Das höchste der Gefühle, das machte Richterin Willner klar, wäre eine erneute Nachprüfung - aber warum sollte die Expertenrunde dann zu einem anderen Ergebnis kommen als im Februar? Darüber machte sich auch Braunfels keine Illusionen. Er schien sich jetzt mehr darüber zu ärgern, dass er nicht gleich bei der ersten Rüge die Ausschreibung insgesamt moniert hatte, wegen Intransparenz und Unbestimmtheit der Kriterien. Weil das versäumt wurde, kann es nun nicht mehr ins Feld geführt werden.

Der Senat will am 10. August eine Entscheidung verkünden, wenn die Klage abgewiesen wird, könnte wohl noch in diesem Jahr die Jury des Architekten-Wettbewerbs tagen, der derzeit ruht. Stephan Braunfels, mit Galgenhumor, sagte: "Am Ende meines Architektenlebens werde ich Vergabe-Spezialist sein." Vielleicht dann doch noch lieber Landratsämter in Landshut bauen.

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