Prozess:Angriff aus Eifersucht - Mann verletzt Freund seiner Ex mit Bierflaschen

  • Ein junger Mann steht wegen versuchten Mordes vor Gericht.
  • Er soll den Freund seiner Ex-Freundin aus Eifersucht mit zwei Bierflaschen attackiert und schwer verletzt haben.
  • Zum Prozessauftakt erklärt der Beschuldigte, er sei betrunken gewesen und könne sich nicht mehr an die Tat erinnern.

Von Andreas Salch

Am Wochenende ist hier Feiern angesagt. Die Sonnenstraße wird zur Partyzone. Bei der Polizei nennen sie die Strecke zwischen Sendlinger Tor und Maximilansplatz, wo sich Club an Club reiht, Feierbanane. Klingt nach Ausgelassenheit. Doch Farid L. (Name geändert) kam in der Nacht des 15. Juli vergangenen Jahres, einem Freitag, nicht zum Feiern. Er wollte sich angeblich mit Milad F. (Name geändert) am Stachus aussprechen. Der 20-Jährige soll ihm seine Freundin ausgespannt haben. Farid L. soll das mächtig geärgert haben. So sehr, dass er Milad F. habe töten wollen. Seit diesem Dienstag muss sich Farid L. vor dem Landgericht München I verantworten. Staatsanwalt Laurent Lafleur hat Anklage wegen versuchten Mordes erhoben.

Farid L. soll seinem Widersacher zwei Bierflaschen ohne Vorwarnung und mit voller Wucht auf den Kopf geschlagen haben. Zweimal hintereinander. Die mutmaßliche Tat geschah am oberen Ende der Treppe des U-Bahn-Aufgangs vor dem Mc Donald's. Eine der Bierflaschen zerbrach bei der Attacke. Der Angeklagte, so heißt es in der Anklage, habe hierauf "mit der zerbrochenen Flasche auf den Hals des Geschädigten" eingestochen. Farid L. soll wortlos auf sein mutmaßliches Opfer zugegangen sein. Die beiden Bierflaschen habe er dabei in den hinter seinem Rücken verschränkten Händen gehalten. Die Staatsanwaltschaft geht deshalb unter anderem von Heimtücke aus. Für Milad F. kam der blutige Angriff wie aus heiterem Himmel.

Der 20-Jährige erlitt eine Kopfplatzwunde und eine fast vier Zentimeter lange Schnittwunde an der linken Halsseite. "Der Angeklagte handelte bei seinem Angriff mit dem Ziel, den Geschädigten für die nunmehr zu seiner Ex-Freundin aufgenommene Beziehung zu bestrafen", wirft die Staatsanwaltschaft Farid L. vor. Der Prozess findet vor der 1. Jugendkammer statt. Denn L. war laut den Angaben in seinem Pass zur Tatzeit erst 17. Die Ermittler gehen aber davon aus, dass er im August vorigen Jahres "mindestens neunzehneinhalb Jahre alt" war.

Farid L. lebt seit 2015 in München. Er sagt, in seiner Heimat Afghanistan hätten Taliban ihn gezwungen, Drogen für sie anzubauen. Man haben ihn geschlagen. Zwei Tage habe er sich in der Gewalt der Taliban befunden. Doch ihm sei die Flucht gelungen. Über Pakistan, Iran, die Balkanroute, dann Deutschland. Er habe hier einen Schulabschluss machen wollen, so L., und danach eine Ausbildung zum Verkäufer.

Die Attacke auf Milad F. gab Farid L. zum Prozessauftakt zu. Doch so, wie es in der Anklage steht, soll es nicht gewesen sein. Er habe nur mit einer Bierflasche zweimal auf den Kopf von F. geschlagen. Warum, will der Vorsitzende, Richter Stephan Kirchinger, wissen. "Aus Angst" vor dem 20-Jährigen und weil dieser ihn beleidigt habe. Um seine Ex-Freundin sei es gar nicht gegangen, versichert Farid L. Das Ende seiner Beziehung beschreibt er so: "Sie wollte nicht mehr, ich auch nicht. Da habe ich eine neue Freundin gesucht." Traurig sei er nicht gewesen. Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gibt es aber Zeugen, die das Gegenteil behaupten.

An manches, was in jener Nacht am 15. Juli 2016 geschah, kann sich der Angeklagte laut eigener Aussage nicht erinnern. "Ich war besoffen", sagt L. bei seiner Vernehmung öfters. Außerdem habe er zwei Joints geraucht und Alkohol getrunken. Vor dem Treffen mit Milad F. sollen es eine halbe Flasche Wodka und mehrere Flaschen Bier gewesen sein. "Wenn ich besoffen bin, weiß ich nicht mehr, was ich mache", so L. "Ich habe keine Kontrolle mehr." Das klinge wie in einem rechtsmedizinischen Vortrag, meint Richter Kirchinger. Ein psychiatrischer Gutachter, der Farid L. untersuchte, bemerkte an dessen linken Arm etliche Brandverletzungen. Er soll sie sich mit Zigaretten selbst zugefügt haben. In der Untersuchungshaft wird Farid L. von einem Psychiater behandelt. Nachts, wenn er alleine sei, so L. höre er Stimmen. Sie sagten "Schlechtes" über ihn. Der Prozess dauert an.

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