Prozess:Agenturen verhaken sich in kuriosem Streit um Sandmalerei

  • Eine Münchner Agentur lässt bei einer Veranstaltung sogenannte Sandmaler in Echtzeit Momente der Münchner Geschichte malen.
  • Die Rechte für diese Kunstform liegen bei einer Agentur in Berlin, des Weiteren ist ein Unternehmen aus Hamburg beteiligt. Als es zum Streit ums Geld kam, entstand auch ein verzwickter Rechtsprozess.
  • Dieser wird nun vor dem Münchner Landgericht verhandelt. Die Richter bemängelten bei der Eröffnung vor allem formale Fehler in der Klageschrift.

Von Stephan Handel

Wer sich für die Geschichte Münchens interessiert, der kann Bücher lesen, ins Stadtmuseum gehen - oder eine Eintrittskarte für 42 Euro kaufen und einer Frau dabei zusehen, wie sie Historie und Gegenwart in Sand zeichnet. Das findet im Prinzregententheater oder in der Residenz statt, und es soll, nach allem, was man hört, nicht nur poetisch und eindrucksvoll sein, sondern auch lehrreich. Allerdings: Wer's erfunden hat und wer deshalb berechtigt ist, daran Geld zu verdienen, das ist nach einer Verhandlung am Landgericht eher noch unklarer, als es vorher war.

In München werden die Sandmalereien veranstaltet von der Agentur "München Event" des Andreas Schessl. Die Entwicklung des Konzepts aber beansprucht Dimitrij Sacharow für sich, der seine Agentur in Berlin betreibt. Zwischen den beiden sitzt dann noch ein Unternehmen in Hamburg. Und spätestens hier wird's unübersichtlich.

Sacharow nämlich sagt, er habe mit der Hamburger Firma eine Vereinbarung gehabt, 400 Euro pro Aufführung sollte er an Tantiemen bekommen; mehrere 100 Veranstaltungen seien geplant gewesen. Dann aber habe er den Vertrag gekündigt nach nur sechs Terminen. Das interessierte aber offensichtlich weder die Hamburger noch München Event - die spielen munter weiter, wenn auch nicht mehr mit jener Sandmalerin, die im Fernsehen beim "Supertalent" für, nun ja, Furore gesorgt habe. Ihre Epigonen, so Sacharow, seien deutlich weniger talentiert, was sich natürlich auf die Qualität der Show auswirke.

An diesem Punkt der Verhandlung vor dem Landgericht hakte Tobias Pichlmaier ein, der Vorsitzende Richter: Ob es denn um die Künstlerin gehe oder ums Geld? Na ja, sagte Sacharow, 15 Prozent der Eintrittsgelder hätte er gern - der 400-Euro-Pauschale haber er nur zugestimmt, weil so viele Aufführungen geplant gewesen seien. Da sah das Gericht offensichtlich die Möglichkeit eines Vergleichs aufscheinen, was aber durch den Anwalt der Beklagten sogleich zunichte gemacht wurde. Denn die Rolle der Hamburger Agentur war ja noch ungeklärt.

Also schauten sich Richter Pichlmaier und seine Kollegen Sacharows Kündigungsschreiben nach Hamburg an und konsultierten anschließend den Vertrag zwischen diesen beiden - mit einem überraschenden Ergebnis: Diesem Vertrag fehlt eine Klausel über seine Kündigung, und weil er ebenso wie die Klageschrift von Berliner Rechtsanwälten fabriziert worden war, äußerte das Gericht sein Missfallen über beides durch heftiges Kopfschütteln.

Denn schon die Klageschrift genügt dem Richter zufolge "Münchner Ansprüchen" nicht: Anstatt das angeblich schützenswerte Kunstwerk zu beschreiben, verweist sie nur auf Youtube-Links und den Hinweis, man solle sich das halt dort mal anschauen. "Dafür haben wir keine Zeit", sagte Pichlmaier, und die Münchner Rechtsanwältin, die ihre Berliner Kollegen in dem Termin vertrat, nickte nur demütig dazu.

Der Prozess geht erst Mitte Januar weiter

Sodann machte das Gericht zwei Vorschläge zum weiteren Vorgehen: Sacharow beziehungsweise seine Anwälte prüfen zunächst einmal die Kündigung. Sollte die nämlich wegen der fehlenden Klausel unwirksam sein, dann würde der Vertrag weitergelten, und die Hamburger Agentur müsste für die bereits stattgefundenen Aufführungen jeweils die vereinbarten 400 Euro bezahlen - voraussichtlich nach einer erneuten Klage.

Oder, Alternative zwei: Das Verfahren gegen München Event geht streitig weiter, und wenn Andreas Schessl verlieren würde, müsste wiederum er gegen die Hamburger klagen und sich von ihnen sein Geld zurückholen. Das ist also eine einigermaßen komplizierte Angelegenheit, weshalb der nächste Prozesstermin auch erst für Mitte Januar angesetzt ist.

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