Protest:"Vive la Nachbarschaft"

Protest: Ein Mann, eine Botschaft: Timo Kuroschinski.

Ein Mann, eine Botschaft: Timo Kuroschinski.

(Foto: United Colours of Beton)

Aus Wut auf die AfD: Drei Münchner und ihr politisches Shirt zur EM

Von Michael Bremmer

Vier Sterne sind auf das schwarze Shirt gedruckt - wie auf dem Trikot der deutschen Nationalmannschaft. Unter den Sternen befindet sich allerdings nicht der Bundesadler, sondern eine Weltkarte. Daneben der Spruch: "Vive la Nachbarschaft". Der Werbe-Slogan dazu: Zusammen leben, zusammen spielen, zusammen siegen - "ein T-Shirt, das dir im Spiel ,Deutschland gegen Gauland' den Rücken stärkt".

An diesem Freitag kommt es auf den Markt. Ziel ist es, die Ausgaben wieder reinzubekommen, darüber hinaus werden ein Drittel der Einnahmen an die Organisation "Bunt kickt gut" gespendet.

Timo Kuroschinski, Kreativ-Direktor, 29, Jakob Merten, Kreativ-Direktor, 29, und Ben Bartel, Art-Direktor, 27, haben sich Gedanken zu der aktuellen Debatte über die AfD, deren stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Gauland und die deutsche Nationalmannschaft gemacht - und nun aus Wut ein politisches Shirt zur Europameisterschaft entworfen. Anfang vergangener Woche sind die drei Münchner, die alle freiberuflich in der Werbebranche arbeiten, abends zusammengesessen und haben über die politische Lage in Deutschland diskutiert. Im Mittelpunkt ihrer Verärgerung: AfD-Politiker Gauland. Der hatte in einem Zeitungsinterview gesagt, dass die Menschen Jerome Boateng als Fußballspieler gut finden, ihn aber nicht als Nachbarn haben wollten.

"Das ist eine unfassbare Vereinnahmung und Instrumentalisierung der AfD", ärgert sich Kuroschinski, "das geht mir krass gegen den Strich." Aus der Wut heraus entstand noch am gleichen Abend der Wunsch, ein Zeichen zu setzen. "Wir wollen den Vorstoß der AfD in ein Eigentor umwandeln", sagt Kuroschinski. Und er gibt offen zu: "Wir wollen sie ein Stück weit vorführen - und das mit kreativen Mitteln, mit denen wir täglich arbeiten."

Der Fußball, sagt Kuroschinski, "ist eine der höchsten integrativen Kräfte im Land und die Nationalmannschaft ein Vorbild an Integration". Dass die AfD genau das nun angegriffen hat, findet der Kreativ-Direktor "einfach nur frech". Er selbst spielt jeden Sonntag in Giesing Fußball - auf dem Platz sind dann auch immer einige Flüchtlinge. Aus dieser Erfahrung heraus weiß Kuroschinski: Nirgendwo kann man einfacher Bindung aufbauen als in einem Mannschaftssport, hier interagiert man, hier fremdelt man nicht.

Noch am Abend entsteht der Spruch "Vive La Nachbarschaft" - eng angelegt an den aktuellen Werbeslogan "Vive La Mannschaft" der Nationalelf zur EM. "Nachbarschaft", sagt Kuroschinski, "ist größer als die Nationalmannschaft." Mit den Flüchtlingen "haben wir jede Menge neue Nachbarn, das ist eine fantastische Sache und Chance für unser Land". Und auch dafür haben die Werber natürlich einen Claim: "Unser Sommer, unser Team, unsere Mission. Dieses T-Shirt feiert die Mannschaft und die Gemeinschaft, weil Fußball verbindet."

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