Prostitution während der Messe Bauma:Sündige Messe

Prostitution Bauma Messe, München

Prostituierte machen während der Bauma ein gutes Geschäft.

(Foto: Florian Peljak)

Eine halbe Million Besucher kommen zur Bauma nach München - die allermeisten von ihnen sind Männer. Bordellbetreiber, Prostituierte und Taxifahrer bereiten sich auf die lukrativste Woche des Jahres vor.

Von Susi Wimmer

Die Presseankündigung klingt verheißungsvoll: Die Messe München erwartet die größte Baumaschinen-Fachmesse (Bauma) aller Zeiten! Fast eine halbe Million Besucher werden von Montag bis Sonntag in Riem erwartet, Aussteller aus 57 Ländern - und fast ausschließlich Männer. Ein Umstand, der zwei Berufsgruppen besonders frohlocken lässt: Taxifahrer und Bordellbetreiber.

"Wir sind hier schwer am Arbeiten", ruft der Betreiber des "Gentlemen's Club Bel Ami" in den Hörer. Im Hintergrund ist wenige Tage vor Messebeginn lautes Hämmern zu hören. Der Außenbereich werde hergerichtet, im Haus müsse einiges verändert werden, um ausreichend Schlafplätze anbieten zu können, "für die Mädels", wohlgemerkt. Die "Mädels", das sind die Prostituierten, die eigens nach München angereist sind, um während der Bauma ihre Dienste anzubieten.

"Besser als in der zweiten Wiesnwoche" sei da das Geschäft, schwärmt der Betreiber. "Da kommen nicht die Betrunkenen, sondern Geschäftsleute aus aller Welt." Und für die spiele Geld keine Rolle: "Da werden per Handschlag Baumaschinen für ein paar Hunderttausend Euro verkauft und am Abend wird der Deal gebührend gefeiert." Mit Schampus, im Whirlpool, bei Table-Dance - und mit gewissen Extras.

Eyjafjallajökull. Das war der Name des isländischen Vulkans, der 2010 eine Aschewolke über den Atlantik blies und den Münchnern das Bauma-Geschäft gehörig vermieste. Die Fachmesse findet nur alle drei Jahre statt, und ausgerechnet zur Bauma wurden massenweise Flüge gestrichen, das Geschäft war schwieriger als üblich. Ein unglücklicher Zeitpunkt, für die Messeleute, aber auch für die indirekten Profiteure.

Denn die Bordellbetreiber zählen auf die Messebesucher. Der gefrustete Betreiber eines Puffs im Münchner Osten, der nicht namentlich in der Zeitung stehen will, findet dafür drastische Worte: "Wir haben die Wiesn und die Bauma, ansonsten ist München tot." Die Geschäfte im horizontalen Gewerbe liefen schon seit längerem miserabel wegen der Frauen aus Osteuropa, die in sogenannten Laufhäusern das anbieten, was in der Branche "Girlfriend-Sex" heißt: "Vollservice ohne Kondom für 50 Euro". Mit den Einnahmen aus den Bauma-Tagen, hofft der Club-Betreiber, könne man sich zumindest über ein paar magere Monate retten.

Im "Bel Ami" etwa werden gut doppelt so viele Damen ihren Job verrichten, auch im "Pascha" am Stahlgruberring wird aufgestockt. "In unseren Clubs in ganz Deutschland hängen die Messekalender in den Aufenthaltsräumen der Damen aus, und natürlich ist bekannt, dass bei der Bauma in München was zu holen ist", sagt Pascha-Chef Leo E. "Was uns anbelangt, könnte die Bauma ruhig länger als sechs Tage dauern."

Tagsüber Geschäfte, nachts in den Club

Trotz des großen Geschäfts hatte die Polizei bei einer Razzia während der letzten Bauma wenig zu beanstanden. Vielleicht auch deshalb, weil die Prostituierten und Bordellbetreiber bei solchen Großereignissen schon mit Kontrollen der Polizei rechnen. Rund 3000 Prostituierte haben sich in München freiwillig angemeldet, "und die Zunahme an Frauen in den Clubs wird zur Bauma schon deutlich sein", meint Bernhard Feiner, Leiter des zuständigen Kommissariats.

Straßenstrich auf der Hansastraße in München.

Straßenstrich auf der Hansastraße in München.

(Foto: Florian Peljak)

Vom internationalen und weitgehend männlichen Publikum Bauma profitieren aber Münchens Taxifahrer: Von den rund 3500 Taxis in der Landeshauptstadt werden etwa 95 Prozent gleichzeitig auf der Straße sein. "Normalerweise sind es selten mehr als 50 Prozent", sagt Frank Kuhle, Geschäftsführer der Taxi München eG. Er rechnet damit, dass die Fahrer etwa das Doppelte an Umsatz machen wie zu normalen Zeiten. "Morgens müssen die Gäste hin zur Messe, abends wieder zurück ins Hotel, und dann beginnt das Nachtgeschäft."

Denn nach dem Abendessen wollen die Herren was erleben, steigen ins Taxi und fragen den Fahrer, ob er nicht ein Etablissement empfehlen könne. Das können die meisten, und manche verdienen daran nicht schlecht. Denn die Taxifahrer kassieren dafür häufig Provisionen, auch "Kopfgeld" genannt oder "Schlepper-Prämien". "Die Club-Betreiber gehen am Taxistand vorbei, lassen ihre Kärtchen da und versprechen für jeden gelieferten Kunden ein gutes Trinkgeld", erzählt ein ehemaliger Fahrer. So sei das schon in den Achtzigerjahren gewesen: Der Taxler lieferte den Fahrgast artig vor der Bordelltüre ab, parkte, betrat über den Hintereingang den Club, bekam ein Getränk serviert und verschwand dann irgendwann im Büro. "Damit es so aussah, als sei man ein Kunde", erzählt er.

Mittlerweile soll es Fahrer geben, die sich auf derartige Touren spezialisiert haben und normale Fahrgäste angeblich stehen lassen. Bis zu 120 Euro pro Mann sollen bestimmte Clubs in München zahlen. "Völliger Blödsinn", sagt der Chef vom "Bel Ami". In ihrem Club seien Taxifahrer immer gern gesehen, "die kriegen eine Cola oder eine Wurstsemmel". Behauptungen, da fließe Geld, setzten aber neidische Besitzer anderer Clubs in die Welt. Das "Pascha" und das "1001 Nacht" jedenfalls weisen auf ihren Internet-Seiten ausdrücklich darauf hin, dass sie keine Schlepper-Provisionen bezahlen. "Bei uns ist der Gast König, nicht der Taxifahrer", schreibt das "1001 Nacht".

Früher sei der spezielle Taxidienst noch unter Förderung der Prostitution gelaufen, sagt Polizeisprecher Werner Kraus. Doch seit es das Prostitutionsgesetz gibt, also seit 2002, sei dieser Passus abgeschafft. Rein strafrechtlich sei da nichts zu machen. Daniela Schlegel, die Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats, sieht das Problem ganz eher praktisch: Wie solle man kontrollieren, ob ein Taxifahrer Provisionen kassiere?

Leo E. vom "Pascha" jedenfalls sagt, er sei vor vier Jahren aus dem Taxi-Bezahl-Service ausgestiegen. "Mit 120-Euro-Prämien kann ich nicht mithalten, wenn ich meinen Gast nicht bescheißen will." Nicht einmal während der Bauma.

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