Prominente erzählen:Mein Lieblingsort in München

Fußballstadion, Friedhof, Fraunhoferstraße - zum 850. Geburtstag der Stadt stellen Prominente täglich in der SZ ihren Lieblingsort vor.

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Vogler

Quelle: SZ

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Fußballstadion, Friedhof, Fraunhoferstraße - zum 850. Stadtgeburtstag stellen Prominente in der SZ ihrer Lieblingsort vor.

Der Lieblingsort Thomas Vogler: Die Bank im Mittelpunkt

Thomas Vogler, Inhaber der Jazz-Bar Vogler, liebt den Marktplatz als Volksbühne.

"Mein Lieblingsplatz ist eine kleine unscheinbare Bank, eine ganz banale Baumarkt-Bank, nicht mal sonderlich bequem, eigentlich viel zu schmal, ohne Rückenlehne, eher: ein Bänklein.

Aber: 'Meine' Bank steht auf dem münchnerischsten aller Plätze, dort, wo Münchens Charme, seine Grantler, seine Adabeis, seine Stenzen und seine 'Promis', das alltägliche ,Vorhang auf' am konzentriertesten zu erleben sind. Meine Bank ist wie ein Platz in der ersten Reihe dieses unvergleichlichen Volks-Theaters, Mittel-Punkt einer Freiluft-Bühne, die es so kein zweites Mal gibt.

Da gibt es die rührende Frau Forstner, inzwischen 83 Jahre alt, die immer noch fast täglich arbeitet, seit 58 Jahren Teil des Theaters und: dessen Grande Dame. Immer an Ihrer Seite: Ihr hünenhafter Mann, Sinnbild gutmütiger Stimmungs-Schwankungen. Beide geben einen perfekt aufeinander abgestimmten Pas de Deux.

Dann gibt es den zu jeder Jahreszeit halbnackt als waschechter Bayer in kümmerlicher Tracht posierenden Preußen, den die Touristen als Münchner-Original missverstehen und fotografieren. Da gibt es den, der mit Werbung viel Geld verdiente und sich heute als Jesus vom Monopteros weißgewandet mit einem frommen Spruch von Stand zu Stand schnorrt. Und da ist Salvatore, der sicher nicht so heißt, aber angeblich mal bei der Mafia war; jedes Theater braucht halt seinen Schurken (auch wenn es gar keiner ist).

Vor allem an sonnigen Samstagen kommen die mit den riesigen Sonnenbrillen und möglichst kleinen Hündchen, die den Platz als Laufsteg verstehen und sich und ihre Landhaus-Mode präsentieren. Sind Fußballspiele in der Stadt, weiß man auf meiner Bank immer, wer spielt: Die Fan-Gesänge aus dem nahegelegenen Biergarten sind bierbedingt manchmal etwas undeutlich, aber wir sind ja auch nicht in der Staatsoper.

Einen Tag im Jahr gibt es allerdings, an dem meine Bank keinen Platz im Freien findet - am Faschingsdienstag. Ansonsten ist sie immer da. Meine Bank steht auf dem Viktualienmarkt. Aber das wissen Sie schon. Direkt am Baum bei 'Müllers frisch gepresste Säfte'. Meinem täglichen Lieblingsplatz."

(SZ vom 24. Juni 2008)

Foto: Robert Haas

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Der Lieblingsort von Reinhard Wittmann: "Es riecht nach Wald"

Reinhard Wittmann, Chef des Literaturhauses schwärmt von der Stille im fast vergessenen Finanzgarten:

"Es ist ein Glück, an einem der schönsten Plätze Münchens zu arbeiten. Schon der Weg von der S-Bahn zum Salvatorplatz führt an wunderbaren Orten vorbei. Der Blick aus unserem Foyer im dritten Stock über die Dächer der Innenstadt beschert magische Momente.

Doch es gibt einen anderen, ganz persönlichen Ort, der mich nicht täglich umgibt und der gerade deshalb zum Luftholen und Ausruhen einlädt. Ich gehe dann vom Salvatorplatz zum Odeonsplatz, durch den Hofgarten hindurch, kreuze Fahrradfahrer und Flaneure, Boulespieler und Touristen. Mein Ziel ist der Finanzgarten. Plötzlich wird es ruhig, nur wenige verirren sich hierher.

Keine geharkten Rabatten, keine abgezirkelten Rasenflecken, das Gras darf wachsen, die Bäume auch, es sind Buchen, Kastanien und ein paar Linden, es riecht nach Wald. Der kleine, hügelige Park scheint fast vergessen zu sein, und so ungestaltet er sich gegen seinen Nachbarn, den Hofgarten, ausnimmt, so zauberhaft ist er.

An manchen Stellen kann man die alte Festungsmauer erahnen, die Grotte des ehemaligen Gartenpavillons ist dem Dichter Heinrich Heine gewidmet, nur einige Meter davon entfernt steht der russische Dichter Fjodor Tjutschew in Bronze gegossen. Auf einer der wenigen Bänke sitzend hört man das Rauschen der Bäume und der Autos gleichermaßen.

Und plötzlich erinnert man sich an die Zeilen Heines: 'Auf grüner Linde sitzt und singt, die süße Philomele. Wie mir das Lied zur Seele dringt, so dehnt sich wieder die Seele.'"

Foto: Catherina Hess

(SZ vom 20.6.2008)

Monika Drasch

Quelle: SZ

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Lieblingsort von Monika Drasch: Fraunhoferstraße

Monika Drasch, Geigerin, Sängerin, erst beim Bairisch-Diatonischen Jodelwahnsinn, dann bei Hubert von Goisern, nun mit eigenen Projekten unterwegs.

"Jetzt, wo ich nur noch sehr selten in München bin, ist es spannend zu sehen, was sich alles verändert. Gleich an der Reichenbachbrücke ist ein großer Buchladen. Da würde ich mich gerne aufhalten lassen, wenn ich Zeit hätte. Aber jetzt fahre ich ja meistens mein Kindl spazieren, anstatt vorne im Fraunhofer die Instrumente auszupacken.

Der Weg führt vorbei an der Schneiderei plusultra, ein liebenswerter Laden, in dem ich mir gelegentlich was hab' machen lassen. Die Fraunhofer Schoppenstube, diese verruchte Kneipe, wo wir öfter mal in den frühen Morgenstunden gelandet sind. Das Café Florentinermann und das Kleinschmidtz, da gab's jede Menge "Geschäftsfrühstücke" zu Jodelwahnsinn-Zeiten. Das Fraunhofer weckt unzählige Erinnerungen, lange Abende mit Sigi Zimmerschied, zu Zeiten, in denen ich mich noch recht fremd fühlte in München.

Danach erste Erfolge mit dem Jodelwahnsinn. Und nun für mich eine wunderbare Experimentierbühne. Nicht zuletzt: Der Ort meines Schafkopfstammtisches, unter anderem mit Luise Kinseher. Der hat mein Leben nachhaltig verändert, weswegen ich jetzt nur noch selten nach München komme - aus den besten Gründen, die man sich denken kann."

Foto: oh

(SZ vom 17.6.2008)

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Lieblingsort von Luca Toni: Unterm Friedensengel

Mag sein, dass sich Luca Toni vor seinen EM-Spielen an jenen Ort erinnert, der ihm in einem Jahr München ans Herz gewachsen ist: Die Parkanlagen an der Isar unterm Friedensengel.

"Mein Lieblingsort ist der Weg an der Isar unterhalb des Friedensengels. Den habe ich in meinem ersten Jahr hier liebgewonnen. Da kann ich ganz in Ruhe die Enten beobachten und auch die Münchner, die spazieren gehen. Viele sind mit ihren Hunden unterwegs. Es ist einfach ein Stück Land mitten in der Stadt."

(SZ vom 17.6. 2008)

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Lieblingsort von Peter Gauweiler: Der kleine Park in der Mitte des Promenadeplatzes

Peter Gauweiler ist ehemaliger Kreisverwaltungsreferent und bayerischer Umweltminister, aktuell CSU-Bundestagsabgeordneter und Rechtsanwalt. Seinen Lieblingsort in München hat er täglich vor Augen - erliegt direkt vor seiner Kanzlei: der kleine Park in der Mitte des Promenadeplatzes.

"Seit etwa zehn Jahren haben wir unsere Kanzlei am Promenadeplatz. Direkt vor unseren Fenstern liegt einer der zauberhaftesten Plätze in München - die kleine Grünanlage in der Mitte des Platzes kennt kaum ein Münchner. Das heißt: Kennen wird sie jeder, die meisten aber gehen achtlos vorbei. Dabei ist's da wirklich außergewöhnlich nett. Das Denkmal von Kurfürst Max Emanuel und das von Graf Montgelas, die Statuen der Komponisten Orlando di Lasso und Christoph Willibald Gluck, Lorenz Westenrieder, dazu wunderbar altmodische Bänke - wann immer ich kann setze ich mich da für eine Viertelstunde hin, trotze dem Rauchverbot und lese eine Zeitung dazu.

Das Gunetzrhainerhaus, das Palais Montgelas - Münchens Geschichte springt einen direkt an in diesem kleinen Park. Früher, bis ins 18. Jahrhundert, wurde hier Salz gehandelt. Dann diente er als Paradeplatz; seinen heutigen Namen trägt er seit dem 19. Jahrhundert. Die Grünanlage gibt's seit 1804. Das Schöne: Man ist mitten in der Stadt und doch im Grünen. Eine richtige kleine Insel der Ruhe ist das, auch wenn ab und zu die Tram vorbeifährt. Zu schauen gibt's eigentlich immer genug: Wer geht im Bayerischen Hof ein und aus? Wer schaut sich die Auslagen an? Wer besucht die Galerie vorne an der Ecke? Und man bleibt dabei selber meistens unentdeckt, eben weil keiner auf die begrünte Platzmitte achtet.

Leider habe ich selten die Zeit, einfach nur so aus der Kanzlei da runter zu gehen. Aber oft lasse ich meinen Fahrer morgens an der Maxburg anhalten und gehe das letzte Stückerl zu Fuß. So komme ich auch viel besser in den Tag hinein. Und gelegentlich, wenn das Wetter passt, bleibe ich nach dem Mittagessen noch ein paar Minuten sitzen. Da hat man dann oft die besseren Ideen als im Büro am Schreibtisch. Auf jeden Fall kann ich danach wieder mit neuer Kraft an die Arbeit gehen.

Es gibt viele wunderbare Plätze in München, mit großer Tradition, großartiger Architektur, wunderbaren Geschäften. Aber dieses Kleinod mitten in der Stadt, noch dazu direkt vor meinem Büro - das ist für mich ein magischer Ort in der Stadt.

(Protokoll: Stephan Handel SZ vom 16.06.2008)

Foto: Heddergott

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Quelle: SZ

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Lieblingsort von Bernhard Purin: Der Alte Südfriedhof

Bernhard Purin ist Direktor des Jüdischen Museums am Jakobsplatz. Sein magischer Ort ist der Alte Südfriedhof - allerdings nicht wegen der dort begrabenen Berühmtheiten.

"Die Obst- und Gemüsehändler im Glockenbachviertel haben keinen Bärlauch in ihrem Sortiment. "Bärlauch", belehrte mich die Gemüsehändlerin in der Müllerstraße kurz nach meiner Ankunft in der Stadt, "verkauft sich hier nicht, den holt sich doch jeder selber auf dem Alten Südfriedhof."

Tatsächlich kann im April und Mai tagtäglich, vor allem am frühen Abend, das gleiche Bild beobachtet werden: Mit Plastiktüten ausgerüstete Menschen schlendern über den Südfriedhof und sammeln Bärlauch. In dieser Zeit liegt über dem Friedhof ein intensiver Geruch nach Knoblauch, den der Abendwind manchmal bis hinüber in die Pestalozzi- und Holzstraße trägt.

Die größten Vorkommen finden sich auf der Glockenbachseite, direkt an der Mauer, ungefähr auf Höhe des Grabes von Wilhelm von Kaulbach. Aber der Alte Südfriedhof hat noch mehr zu bieten, jungen Löwenzahn zum Beispiel, der besonders reichlich gegenüber dem Grabstein von Elias Mauromichalis zu finden ist, dem Adjutanten König Ottos von Griechenland, den die Münchner Cholera von 1836 dahinraffte.

Auch ein Stück weiter gegen Süden, beim Denkmal für sieben jener Künstler, die als Eskimos verkleidet bei einem Künstlerfasching 1881 in Kil's Kolosseum tragisch verbrannten, wächst Löwenzahn prächtig.

Später im Jahr kann man auch Walderdbeeren finden. Sie wachsen nicht ganz so reichlich wie Bärlauch und Löwenzahn, verstecken sich hinter den Gräbern von Kammfabrikanten, Premierlieutenants-, Charkutiers- und Schönfärbermeisterswitwen.

Allerdings ist der Alte Südfriedhof als Naturschutzgebiet gewidmet, das Pflücken von Pflanzen eigentlich verboten. Bei Bärlauch und Löwenzahn, die beide massenhaft wachsen, drücken die Friedhofsgärtner aber meist ein Auge zu. Und so ist auf dem Alten Südfriedhof beides möglich: Eine Zeitreise ins München des 19. Jahrhunderts und eine Heimkehr von dieser Reise mit einem 'gefundenen Fressen'."

(SZ vom 14.6.2008)

Foto: Heddergott

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