Promi-Wiesn:Bewachte Boxen

Sie kommen, um sich zu inszenieren und um die Hackordnung zu verteidigen. Schauspieler, Sänger, Sportler und Spitzenpolitiker nutzen die Bierzelte jedes Jahr als große Bühne.

Von Christian Mayer

Sie muss etwas Belebendes haben, die Wiesn. Etwas, das für Schauspieler, Sänger, Spitzensportler, sogar Celebrities aus dem Ausland ­so prickelnd wirkt wie ein Bad im Hotel-Whirlpool nach einem harten Drehtag.

Vielleicht liegt es daran, dass das Oktoberfest für Inszenierungen aller Art bestens geeignet ist: Jedes der 14 Zelte dient als Bühne für ein Volkstheater der derberen Art, zumal immer mehr Kamerateams das Geschehen live in die Wohnzimmer senden.

Die Attraktivität für Prominente liegt auch darin, dass sie hier ein idealtypisches Publikum vorfinden. Eines, das zu jeder Uhrzeit berauscht und sensationslüstern ist sowie willig, einem bekannten Gesicht spontan zuzujubeln. Und sei es nur einem DJ namens Ötzi, wenn der seinen Wiesn-Gröler "Anton aus Tirol" anstimmt.

Natürlich geht es auf der Wiesn keinesfalls demokratisch zu, sondern höchst selektiv. Die wirklich Wichtigen und all jene, die sich dazu zählen, halten sich in ihren Stamm-Zelten auf. Es herrscht eine Hackordnung an den zu Stoßzeiten streng bewachten Eingängen und wer nicht seine eigene Fernsehshow hat, sollte sich rechtzeitig um einen Eintrag auf der Gästeliste bemühen oder sich eines der roten Vip-Armbänder schicken lassen.

Anlaufstelle für Stars und Societytöchter

Die höchste Promi-Dichte ist noch immer in Käfers Wiesn-Schenke zu beobachten. Das Fachblatt Bunte lobt: Die Schenke sei "Anlaufstelle internationaler Stars, einheimischer Promis und besonders vieler Societysöhne und -töchter".

Zu jenen, die hier verkehren, zählen die Constantin-Filmleute um Produzent Bernd Eichinger, Verleger Florian Langenscheidt, Schauspieler Fritz Wepper oder Uwe Ochsenknecht, Schönheitschirurg Werner "Nasen" Mang oder Partyveranstalter Philip Greffenius, der alljährlich zum "Almauftrieb" hirschhorn-geknöpfte Gäste wie Kunstsammler Mick Flick, Produzent Oliver Berger oder Escada-Erbe Sven Ley einlädt. Außerdem gibt es einen Rennfahrerabend mit Formel-1-Größen wie David Coulthard, der 2003 im Hacker-Zelt die Kapelle dirigierte, was jeder anständige Promi mal gemacht haben muss.

"Das Medienzelt schlechthin"

Seit einigen Jahren hat die Käfer-Schenke einen Konkurrenten, der dank seiner guten Kontakte immer häufiger in den einschlägigen Kolumnen auftaucht. Das Hippodrom des Gastronomen Sepp Krätz hat sich zum Laufsteg für Playmates, Glamour-Dirndl oder Bayern-Spieler in Lederhosen entwickelt. Auch der fränkisch-kosmopolitische Ex-Bayer Lothar Matthäus lässt sich hier gelegentlich mit der jeweils frischen Gefährtin eine frische Maß zapfen.

In den reservierten Boxen feiert auch Wiesnfan Boris Becker gerne mit den Klitschko-Brüdern, Oliver Kahn (dieses Jahr wohl ohne Verena), Franz Beckenbauer oder Rudi Carrell - streng bewacht vom Sicherheitsdienst.

Lässiger geht es beim bunten Abend von PR-Frau Birgit Wolff zu, wenn Veronica Ferres, Heiner Lauterbach, Regine Sixt, Ottfried Fischer, Götz Otto oder Hera Lind am Biertisch Station machen. "Wir sind das Medienzelt schlechthin", sagt Krätz selbstbewusst.

Heftiger diskutiert als im Parlament

Die Politiker haben das Potenzial der Wiesn längst erkannt das Oktoberfest ist ja ein 16 Tage währender Stammtisch, an dem heftiger diskutiert wird als in jedem Parlament.

Am heftigsten am Eröffnungssamstag im Schottenhamel, wenn Oberbürgermeister Christian Ude pünktlich um 12 Uhr den Anstich zelebriert und Ministerpräsident Edmund Stoiber zuprostet, während Bundespolitiker wie Otto Schily, Renate Schmidt oder Peter Gauweiler an den Tischen die zweite Geige spielen.

Aber auch die anderen Zelte haben ihre glorreichen Momente: Im Armbrustschützenzelt treffen sich traditionsbewusste Münchner zum jährlichen Wettkampf Uschi Glas, Fritz Wepper, Lisa Fitz, Erni Singerl oder Max Strauß ließen sich hier schon beim Zielschießen ablichten.

Sehr münchnerisch geht es auch in der Ochsenbraterei zu, in der die Schlagerbranche vertreten durch Roberto Blanco, Gitte, Patrick Lindner oder Ralph Siegel­ tagt.

Und wer es als Normalsterblicher schafft, durchs Gewühl am Eingang in die Schützen-Festhalle vorzudringen, sieht nicht nur Mode- und Medienleute, sondern erlebt gelegentlich ein blaues Wiesn-Wunder:

So wie im September 2002, als "Terminator" Arnold Schwarzenegger höchstselbst eine Maß und eine Brezn zu sich nahm, bejubelt vom Volk, das sich nicht satt sehen konnte an Arnie.

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