Probe der BR-Symphoniker:Ein klassisches Vergnügen

Die BR-Symphoniker und die Süddeutsche Zeitung haben ausschließlich Studenten zu einer Probe mit Simon Rattle eingeladen. Für viele ist das ein Erlebnis - zu ungewöhnlich früher Stunde.

Probe der BR-Symphoniker: Sir Simon Rattle bei der öffentlichen Generalprobe am Donnerstagmorgen im Herkulessaal.

Sir Simon Rattle bei der öffentlichen Generalprobe am Donnerstagmorgen im Herkulessaal. 

(Foto: Stephan Rumpf)

Es beginnt mit einem Glückwunsch. "Sich Karten gratis zu besorgen, ist die eine Sache. Aber dann auch früh aufstehen und herkommen, das ist etwas ganz Anderes", sagt Stephan Gehmacher, Manager des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. "Deshalb Gratulation an Sie alle."

Beglückwünscht fühlen dürfen sich gut 1000 Menschen, die sich am Morgen dieses Feiertages auf den Weg in den Herkulessaal gemacht haben. Anlass ist die Generalprobe für das abendliche Konzert mit dem Dirigenten Simon Rattle, zu der das Orchester und die Süddeutsche Zeitung ausschließlich Studenten eingeladen haben.

Die Einladung machte über verschiedenste Kanäle schnell die Runde und erreichte viele, die eher nichts mit klassischer Musik am Hut haben, nun aber neugierig waren. Für ein solches, sehr heterogenes Publikum ist Simon Rattle der ideale Dirigent. Mit einem Strahlen betritt er die Bühne, ruft "Guten Morgen" und legt gleich los.

Zunächst probt das Orchester zwei Sinfonien, eine von Haydn und eine von Schumann. Rattle scheint recht zufrieden mit dem, was er zu hören bekommt. Nur ab und zu unterbricht er und macht eine Anmerkung. "Es sollte ekstatischer klingen", sagt er einmal, dann singt er ein wenig, die Musiker scheinen zu verstehen. Am Anfang des vierten Schumann-Satzes lobt Rattle: "Ja, das ist gut, den Anfang im Geist von Mendelssohn zu spielen, nicht so", kurze Denkpause, "nicht so... Schwarzenegger". Der gebürtige Liverpooler, das wird wieder deutlich, kann wie kaum ein anderer die klassische Musik für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich machen.

Schon in der Pause sind die Studenten begeistert. Dass sie das nicht nur sagen, zeigt sich nach der Pause. Da ist der Saal nämlich genauso voll wie davor - obwohl jetzt die weniger eingängige Kost kommt: Sibelius und Ligeti. Nun kommt auch die Sopranistin Barbara Hannigan auf die Bühne. Vor dem abschließenden Stück, Ligetis "Mysteries of the Macabre", entschuldigt die Kanadierin sich, dass sie ein paar Töne nur "mit 55 bis 65 Prozent" singen werde. "100 Prozent muss ich mir für heute Abend aufheben. Aber Ihr werdet trotzdem ein bisschen Spaß haben. Dieses Stück hat mein Leben verändert."

Was dann passiert, sieht man nicht so oft auf Konzertbühnen. Die Streicher streichen nicht auf den Saiten herum, sondern zischen Laute und sprechen im Chor. Pianist und Schlagzeuger zerreißen Papier. Hannigan tanzt dazu wie vom Teufel geritten über die Bühne, sie singt ein wirres Kauderwelsch, und einmal stößt sie Rattle sogar vom Pult. So wird auch Neue Musik für den Laien zum Erlebnis: Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt.

Der SZ-Adventskalender, das Hilfswerk der Süddeutschen Zeitung, unterstützt seit einigen Jahren Musikunterricht für Kinder aus ärmeren Familien: Das Projekt "Musik für alle Kinder" soll auch denen Zugang zur Musik ermöglichen, deren Eltern sich Instrumente nicht leisten können. Die Initiative für dieses Projekt ging von den BR-Symphonikern aus. Deshalb spielen sie mit Chefdirigent Mariss Jansons am Freitag, 9.November, um 20 Uhr im Herkulessaal ein Benefizkonzert, dessen Erlös voll "Musik für alle Kinder" zugute kommt. Auf dem Programm stehen Beethovens zweite und sechste Sinfonie sowie ein Auftragswerk der japanischen Komponistin Misato Mochizuki. Karten gibt es über BR-Ticket und SZ-Ticket.

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