Pro und Contra zur Olympiabewerbung:Gebt uns die Spiele - bloß nicht!

Die IOC-Gesandten touren durch Bayern, um eine Frage zu beantworten: Ist München reif für die Winterspiele 2018? Eine Frage, an der sich die Geister scheiden.

Peter Fahrenholz und Johannes Aumüller

Pro

IOC Evaluation Commission Visit For Munich 2018 - Day 2

Für Münchens Oberbürgermeister Christian Ude steht fest: Die Spiele müssen nach München.

(Foto: Getty Images)

Von Peter Fahrenholz

Natürlich gäbe es gute Gründe, um gegen Olympia zu sein. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist keine vertrauenerweckende Institution, die Entscheidungsstrukturen sind intransparent, die Knebelverträge, die das IOC den Kandidaten aufzwingt, eine Frechheit. Und die olympische Bewegung hat sich weit von ihren Wurzeln entfernt. Mit dem alten "Dabeisein ist alles", hat das nichts mehr zu tun, es regiert der Kommerz.

Wer so argumentiert, muss allerdings auch andere Großveranstaltungen ablehnen, Fußballweltmeisterschaften zum Beispiel, oder die Tour de France.

Die meisten Kritiker der Münchner Olympiabewerbung legen aber gar nicht diesen strengen, fast schon fundamentalistischen Maßstab an. Sie beklagen die hohen Kosten, bemängeln die angeblich fehlende ökologische Komponente und nehmen Anstoß an der Gutsherren-Manier der Olympia-Planer, die allzulange über die Bedenken in Garmisch hinweggegangen sind.

Sie ignorieren dabei aber völlig die unübersehbaren Stärken des Münchner Konzeptes. Wenn man Veranstaltungen wie Olympische Spiele überhaupt noch verantworten kann, dann geht das nur auf dem Weg, den auch München beschreitet: Die Kombination einer Stadt mit einer nahegelegenen Wintersportregion. Denn nur so lassen sich Retortenspiele verhindern, mit teuren Anlagen, die hinterher niemand mehr braucht.

In München und Garmisch sind fast alle Anlagen schon vorhanden. Garmisch hat eben erst eine Ski-WM ausgerichtet, mit den gleichen Wettbewerben, die auch bei Olympia stattfinden würden. Warum der Ort überfordert sein soll, wenn statt des WM-Logos die fünf olympischen Ringe zu sehen sind, können die Kritiker nicht überzeugend begründen.

Das Gleiche gilt für die Kosten. Natürlich kostet Olympia Geld. Aber die Spiele bringen für die Veranstalterorte in der Regel eine erhebliche Schubwirkung, vom Imagegewinn, der sich touristisch vermarkten lässt, ganz zu schweigen.

München jedenfalls hat von den Sommerspielen 1972 enorm profitiert. Das würde - in bescheidenerem Rahmen, denn Winterspiele sind viel kleiner - auch jetzt wieder so sein. Erst recht gilt das für Garmisch. Die verschlafene Gemeinde in den Alpen ist längst von anderen Wintersportorten abgehängt worden und braucht dringend einen frischen Impuls.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Johannes Aumüller Winterspiele in München für keine gute Idee hält.

Contra

Contra

Demonstration gegen Muenchner Olympia-Bewerbung

Für die Olympiagegner ist klar: Die Spiele wären eine Katastrophe.

(Foto: dapd)

Von Johannes Aumüller

Die Einwohner müssen Gott weiß wohin umsiedeln, die Natur spielt nur eine untergeordnete Rolle, und die öffentlichen Ausgaben explodieren. Sotschi bereitet sich auf die Olympischen Spiele 2014 vor, und wer das verfolgt, kann nur mit dem Kopf schütteln: Wie ist es möglich, dass Wladimir Putin eine Schnee-Veranstaltung in eine Stadt am Meer lotst und man dort nun rabiat und rücksichtslos eine ganze Region umkrempelt?

Natürlich ist München nicht Sotschi, und die Zahl der gefällten Bäume und investierten Gelder wäre hierzulande wohl nicht so hoch wie in Russland. Doch auch für die deutsche Bewerbung für 2018 gilt: Wer "ja" zu Olympia sagt, der muss auch "ja" zu anderen Dingen sagen.

Der muss sagen: Ja, ich lasse mich auf Deals mit einer zwielichtigen Organisation ein. Ja, ich nehme massive Eingriffe in die Natur in Kauf. Ja, ich unterstütze große und unnötige Bauprojekte. Und ja, ich befürwortete, dass der Staat Milliarden von Steuerzahler-Euro ausgibt.

Da hilft als Gegenargument auch nicht das Gerede von "kompakten Spielen", denn im Vergleich mit dem koreanischen Rivalen Pyeongchang ist das Münchner Konzept alles andere als kompakt. Spötter können sogar sagen, dass selbst von der Subtropen-Stadt Sotschi der Weg zu den Ski-Wettkampfstätten kürzer ist als der von München nach Garmisch oder an den Königssee.

Doch über das Verpulvern von Finanzmitteln, die das Land an anderer Stelle dringender bräuchte, und das Zubetonieren grüner Flächen hinaus geht es auch noch um ein übergeordnetes Thema - um das Verhältnis zwischen dem Volk und seiner politischen Führung. Der bisherige Umgang mit den Garmischer Grundstückbesitzern und den weiteren vielen Olympia-Gegnern vor Ort war erstens unsäglich und legt zweitens die Vermutung nahe, dass er sich im Falle eines Zuschlags nicht signifikant ändern würde.

Wenn die Bagger dann kommen, wenn die ersten Bäume und Grünflächen verschwinden, dann entsteht schnell eine Stimmung wie bei Stuttgart 21. Nur, dass für den Fall einer Eskalation nicht Heiner Geißler auftaucht, um zu schlichten, sondern die IOC-Spitze, um zu sagen: Liebe Leute, was ihr denkt, ist uns egal. Bitte weiterbauen.

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