Polizeibericht München:Zahl der Drogenopfer steigt wieder

Drogentote

Viele Drogensüchtige konsumieren Heroin zusammen mit dem Schmerzpflaster Fentanyl.

(Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Im Jahr 2013 sind in München 47 Menschen an illegalen Rauschmitteln gestorben. Das sind etwa 20 Prozent mehr als 2012. Sorge bereitet der Polizei der Trend zum Schmerzpflaster Fentanyl.

Von Bernd Kastner

Die Zahl der Drogentoten in Stadt und Landkreis München ist erstmals seit sechs Jahren wieder gestiegen. 47 Menschen starben im vergangenen Jahr am Konsum illegaler Drogen, das sind etwa 20 Prozent mehr als 2012, als 39 Abhängige starben. Die Polizei und auch die Drogenberatung Condrobs werten den Anstieg aber als Teil einer üblichen Wellenbewegung. Insgesamt, betont Hubert Halemba, Vize-Chef des Drogendezernats im Polizeipräsidium, sei die Entwicklung seit 2000, als 89 Menschen zu Tode kamen, positiv.

Zunehmend Sorge bereitet der Polizei der seit Jahren anhaltende Trend in der Szene zu Fentanyl. Den in Schmerzpflastern enthaltene Stoff kochen sich viele Drogenabhängige aus und spritzen ihn in die Venen. Weil viele Drogenkranke es zusammen mit Heroin konsumierten, sei Fentanyl so gefährlich, erklärt Halemba. Und weil die Dosierung des Stoffes so schwierig sei. "Es reichen kleinste Schnipsel", sagt Halemba.

Um den Missbrauch der Schmerzpflaster zu bekämpfen, wolle die Polizei künftig Ärzte und Apotheker noch stärker sensibilisieren. Sie müssten genau darauf achten, wem sie wie viele der Pflaster verschreiben oder verkaufen. Oft kämen die Süchtigen über sogenanntes Ärzte-Hopping an die Pflaster: Sie ließen sich von verschiedenen Medizinern das starke Schmerzmittel, das allein durch Kontakt mit der Haut wirkt, verschreiben. Zudem wolle die Polizei die Konsumenten direkt über die speziellen Risiken dieses Stoffes aufklären.

Auch der Missbrauch eines anderen, an sich hilfreichen Stoffes beschäftigt die Polizei ständig: Die Ersatzdroge Methadon dürfte laut Halemba an zweiter Stelle der Mittel stehen, die zu Todesfällen führen. An erster Stelle der todbringenden Drogen rangiere in München nach wie vor das Heroin. Eine besondere Risikogruppe bildeten entlassene Strafgefangene, berichtet Halemba. Das Gefängnis sei zwar nicht frei von Drogen, weil dort an Suchtmittel aber schwieriger zu kommen sei und sie vor allem viel teurer seien als außerhalb, reduziere sich der Konsum in der Justizvollzugsanstalt bei vielen. Wenn Drogenkranke dann in Freiheit schnell wieder zu ihrer früheren Dosierung zurückkehrten, könne das schnell lebensgefährlich werden.

Immerhin, von der Modedroge Crystal Meth, die vor allem Nordbayern überschwemmt, sei München bislang noch weitgehend verschont, berichtet Karin Wiggenhauser von Condrobs. Dennoch müsse man auch an der Isar den Markt für diese aufputschenden und schnell abhängig machenden Mittel genau beobachten. Sorgen bereitet ihr, dass die Zahl der Substitutionspraxen, in denen Ärzte Methadon verschreiben, ebenso zurückgehe wie die von Entgiftungsplätzen in Krankenhäusern. Helfen würde auch, wenn es in Bayern Konsumräume gäbe: Dort könnten Abhängige unter Aufsicht ihre Drogen konsumieren - und bekämen so auch Kontakt zu Hilfsorganisationen. Zu den gesundheitlichen Folgen langjährigen Drogenkonsums kämen auch die sozialen, und die seien nicht zu unterschätzen

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