Polizei:Tagesmutter wegen versuchten Totschlags festgenommen

  • Eine Münchner Tagesmutter sitzt wegen versuchten Totschlags eines Säuglings in Untersuchungshaft.
  • Die 53 Jahre alte Frau habe den Ermittlungen zufolge im September den damals knapp zehn Monate alten Jungen so geschüttelt, dass er eine schwere Hirnblutung erlitt.
  • Das Kind hat wahrscheinlich irreparable Gesundheitsschäden erlitten und wird seit der Tat intensivmedizinisch betreut.

Von Thomas Schmidtund Jakob Wetzel

Die Polizei hat eine Tagesmutter wegen Verdachts auf versuchten Totschlag festgenommen. Die 53-jährige Frau aus Oberföhring soll vor mehreren Monaten ein knapp zehn Monate altes Baby in ihrer Obhut so heftig geschüttelt haben, dass es seitdem im Krankenhaus behandelt werden muss. Nach Angaben der Polizei werden bei dem Kleinkind wohl schwere, irreparable Schäden zurückbleiben.

Die Beschuldigte wurde bereits am Mittwoch in ihrer Wohnung festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Bis zu ihrer Verhaftung betreute sie noch wochenlang weitere Kinder. Wie die Polizei jetzt berichtet, rief die Tagesmutter am 19. September 2016 einen Notarzt. Damals gab sie an, der Säugling sei ohnmächtig gewesen, als sie ihn wecken wollte. Das Kind wurde bewusstlos ins Krankenhaus gebracht, wo Ärzte eine schwere Hirnblutung feststellten.

Zunächst war unklar, was mit dem Kleinkind passiert war. Die Mediziner konnten ein sogenanntes Schütteltrauma als Ursache für die Verletzung zumindest nicht ausschließen. Deswegen verständigte die Klinik eine Woche später das zuständige Sozialbürgerhaus der Stadt. Die Behörde wiederum erstattete bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Unbekannt wegen schwerer Körperverletzung. Es dauerte jedoch noch Wochen, bis am 17. November schließlich ein rechtsmedizinisches Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Ob das Kind überleben würde, konnten die Ärzte zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

Knapp zwei Monate später, am 13. Januar, lag das Ergebnis der Rechtsmedizin dann vor. Es bestätigte den Verdacht: Das Kleinkind wurde offenbar so stark geschüttelt, dass es dabei lebensgefährlich verletzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die 53-Jährige mit dem Baby allein bei sich zu Hause. Am Mittwoch nahmen Beamte der Kriminalpolizei die Frau in ihrer Wohnung fest. Seitdem verweigert sie die Aussage.

Als die Vorwürfe das Sozialreferat Ende September erreichten, wurde der Tagesmutter die Pflegeerlaubnis entzogen. Aber nur für etwa einen Monat. Für ein dauerhaftes Berufsverbot gibt es hohe juristische Hürden. Laut Hedwig Thomalla vom Sozialreferat durfte die 53-Jährige vom 25. Oktober an weiter Kinder betreuen, unter zwei Bedingungen: Die Eltern mussten zustimmen. Und eine zweite Tagesmutter musste zu jedem Zeitpunkt anwesend sein. Angaben zu den Eltern des Säuglings machen Polizei und Staatsanwaltschaft keine.

Über die Festgenommene ist bekannt, dass sie seit 1994 als Tagesmutter tätig ist. Sie hatte eine Pflegeerlaubnis des Jugendamts und, so heißt es von der Behörde, bei der "Tagespflege-Skala" ein gutes Ergebnis erzielt. Tagesmütter sind selbständig tätig, werden aber häufig vom Stadtjugendamt an Eltern vermittelt. Die Behörde überprüft auch ihre Eignung: Um die sogenannte Kindertagespflegeerlaubnis zu erhalten, müssen Bewerberinnen mindestens 115 Unterrichtsstunden einer entsprechenden Ausbildung nachweisen, dann können sie eine Prüfung ablegen. Jede Tagesmutter wird daraufhin regelmäßig von Mitarbeitern des Jugendamts besucht. Gebe es den Verdacht, dass das Kindeswohl gefährdet sei, werde stets der Entzug der Pflegeerlaubnis geprüft, heißt es aus dem Sozialreferat. Derzeit arbeiten in München nach Angaben der Stadt 320 Tagesmütter.

Auch die nun verhaftete Tagesmutter war halbjährlich durch Hausbesuche überprüft worden. Auffällig wurde sie nach jetzigem Stand der Ermittlungen bisher nur einmal: Laut Polizei stand 2006 ein nicht näher genannter "Tatvorwurf" im Zusammenhang mit ihrer Pflegetätigkeit im Raum. Gegen die Zahlung einer Geldbuße wurden die Ermittlungen eingestellt.

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