Polizei:Mordfall in München nach 30 Jahren aufgeklärt

Auerfeldstraße 20, Raubmord an einem 80-jährigen Rentner im Jahr 1986 geklärt; Tatverdächtiger in Haft

Der Rentner lag mit eingeschlagenem Schädel im Bett, Blut des Täters fand sich auch im Treppenhaus: der Tatort an der Auerfeldstraße.

(Foto: Florian Peljak)
  • Ein heute 56 Jahre alter Mann soll im Januar 1986 einen Rentner in München erschlagen haben.
  • Der mutmaßliche Täter lernte das Opfer am Nachmittag vor der Tat kennen.
  • Eine internationale Fingerabdruck-Datei hat die Polizei auf die Spur des Verdächtigen gebracht.

Von Martin Bernstein

Der Mörder blieb über Nacht. Und er blieb ein halbes Leben lang unentdeckt. Eine Schlägerei in Slowenien und die Hartnäckigkeit der Münchner Kripo sind ihm nach 30 Jahren nun aber zum Verhängnis geworden. Die Mordkommission hat einen inzwischen 56 Jahre alten Mann aus Serbien dingfest machen können, der dringend tatverdächtig ist, am 17. Januar 1986 einen 80 Jahre alten Rentner in dessen Zimmer an der Auerfeldstraße 20 in der Au erschlagen und dessen Geldbeutel geraubt zu haben.

Der 80-Jährige war geschieden und lebte als Untermieter zusammen mit zwei weiteren, 58 und 39 Jahre alten Männern in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Au. Seine erheblich jüngeren männlichen Sexualpartner sprach er in öffentlichen Toiletten an und nahm sie mit nach Hause. So auch seinen späteren Mörder. Den damals 25 Jahre alten Serben hatte der Rentner am Nachmittag vor der Tat gegen 13 Uhr am Rosenheimer Platz kennengelernt. Gemeinsam gingen sie in die Auerfeldstraße. Noch um 21.45 Uhr telefonierte der Vermieter mit dem Rentner.

"Der Besuch ist noch da und bleibt über Nacht", soll der 80-Jährige seinem Vermieter gesagt haben. Als dieser am nächsten Morgen nach der Arbeit heimkam und seinen Mitbewohner fragte, ob er mit ihm Kaffee trinken wolle, bot sich ihm ein schreckliches Bild: Der Rentner lag mit eingeschlagenem Schädel im Bett. Möbel waren umgestürzt, Schubladen durchwühlt, Kleidungsstücke lagen herum. Offenbar hatte ein Kampf stattgefunden. Blut entdeckten die Mitbewohner nicht nur im Mordzimmer, sondern auch im Treppenhaus. Der Täter war bei der Auseinandersetzung offenbar selbst an der Hand verletzt worden.

Es war eine der entscheidenden Spuren, die den vier Altfall-Ermittlern der Münchner Kriminalpolizei 30 Jahre später weiterhalfen. Der Täter hatte nicht nur seine DNA, sondern auch Fingerabdrücke hinterlassen - einen davon offenbar auch auf der Tatwaffe, einem Gegenstand aus der Wohnung. Man habe "eine relativ gute Spurenlage" gehabt, sagt Markus Kraus, der Chef der Mordkommission. Seit vier Jahren untersuchen Kriminalpolizisten gezielt die seit 1960 ungelösten Altfälle. 250 versuchte oder ausgeführte Tötungsdelikte harren ihrer Aufklärung. Viele davon werden mangels Spuren oder noch lebender Zeugen für immer ungesühnt bleiben. Nicht so der Mordfall aus der Auerfeldstraße.

Eine große Rolle spielte dabei der 2005 im sogenannten Prüm-Vertrag vereinbarte internationale Austausch polizeilicher Erkenntnisse. Mit Hilfe des Landeskriminalamts wurden die Fingerabdrücke des Täters im Automatisierten Fingeridentifizierungssystem (Afis) sowie in entsprechenden Datenbanken der östlichen Nachbarländer abgeglichen. Dass die Spur auf den Balkan führen könnte, hatten die Ermittler schon 1986 vermutet, sie hatten am Tatort eine jugoslawische Zeitung in kyrillischer Schrift gefunden.

Tatsächlich ergab die Suche im Computer einen Treffer. In Slowenien war ein identischer Fingerabdruck registriert. Er gehört einem Serben, der vor geraumer Zeit in eine Schlägerei verwickelt worden war. Dabei soll ein Mann ums Leben gekommen sein. Der so identifizierte Serbe hatte sich tatsächlich Ende 1985, Anfang 1986 kurze Zeit in München aufgehalten. Und er war in der Stricherszene aktiv gewesen. Im Oktober verdichteten sich dann die Hinweise, dass der Gesuchte in Österreich sein könnte. Gegen ihn wurde ein europäischer Haftbefehl wegen Mordes erlassen.

Zufällig wurde der Serbe zur gleichen Zeit tatsächlich in Wien festgenommen - er hatte gegen ein Einreiseverbot nach Österreich verstoßen. Die Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden bei Polizei, Justiz und Ausländeramt habe "hervorragend" funktioniert, betont Kraus. Zwei Münchner Kriminalpolizisten reisten nach Wien und vernahmen den inzwischen 56-Jährigen zum Mordvorwurf.

Der Verdächtige gestand die Gewalttat an dem 80-Jährigen und stimmte seiner Auslieferung nach Deutschland zu. Inzwischen steht zweifelsfrei fest, dass es sich um den Gesuchten handelt. Seine DNA und Fingerabdrücke stammen mit den Spuren überein, die der Mörder des Rentners in der Wohnung hinterlassen hatte. Nach 30 Jahren führten sie zum Täter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: