Platzbedarf wächst:Vorbild Berlin

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Kostenlose Kitaplätze in der Hauptstadt stoßen auch auf Kritik

Von Verena Mayer, Berlin

Die Bundeshauptstadt gilt als Paradies der Kinderbetreuung, und das nicht ganz zu Unrecht. Es gibt mehr Plätze in Kindertagesstätten, als benötigt werden, 4400 waren es in diesem Frühjahr. Und diese Plätze sind schon seit sechs Jahren kostenlos für alle Kinder, die älter als drei Jahre sind. Damit aber nicht genug: Von 2018 an wird die Kita für alle gratis sein, egal, wo sie ist und wie alt die Kinder oder Babys sind. Die Familien müssen dann nur noch den Beitrag für das Mittagessen bezahlen, 23 Euro im Monat. Berlin ist damit das erste Bundesland, in dem die Kita für alle kostenfrei ist. Inzwischen wird auch in Brandenburg überlegt, mit einem ähnlichen Modell nachzuziehen.

Doch das neue Kita-Gesetz, das 2016 von einer großen Koalition beschlossen wurde, hat viele Kritiker. Träger und Elterngremien weisen darauf hin, dass man das Geld lieber dafür verwenden sollte, die Qualität der Einrichtungen zu verbessern anstatt den Eltern Krippengebühren zu erlassen, die ohnehin schon recht moderat waren. Der Preis für einen Kitaplatz ist derzeit in der Hauptstadt sozial gestaffelt und beträgt selbst im Fall, dass man Millionär ist und sein Kind neun Stunden am Tag betreuen lassen will, maximal 466 Euro im Monat. Die meisten Berliner zahlen weniger als 50 Euro im Monat für einen Kitaplatz. Allerdings dürfen alle Kitas, die von privaten Trägern organisiert werden, weiterhin Zusatzbeiträge verlangen, die an bestimmte Leistungen gebunden sind, also etwa zweisprachiges Angebot, besonderes Essen, sportliche Aktivitäten oder Ausflüge. Solche Zuzahlungen zwischen 30 und 100 Euro im Monat sind in den meisten Kitas üblich.

Dazu kommt, dass es in Berlin - wie fast überall - an Betreuungspersonal mangelt. Bis 2020 werden 4800 neue Erzieherinnen und Erzieher gebraucht. Hier wären die 59 Millionen Euro an Krippengebühren, die dem Land Berlin demnächst entgehen werden, nach Ansicht von Opposition und Trägern ebenfalls gut angelegt. Zumal die Berliner Kostenlos-Kita zur Folge hat, dass der Bedarf an Plätzen erst recht angefacht worden ist.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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