Planegg:Irre Würmtal-Eigenheiten

Tag der offenen Tür in der Planegger "Brainwash-Klinik": Musica Sacra begeistert mit einer kabarettistischen Revue zur Faschingszeit

Von Annette Jäger, Planegg

Wer meint, im Würmtal schon alles zu kennen, der irrt. Angeraten sei ein Besuch in der Planegger Brainwash-Klinik. Professor Dr. Herbert Wahnsinn lud am Sonntagabend zu einem Tag der offenen Tür und gab Einblicke in die Planegger Neurose, deren Symptome sich mit "höher, schneller, rücksichtloser" knapp beschreiben lassen. Der Besucher konnte live teilhaben an zwei Gruppentherapie-Stunden. Zur Schau gestellt war das Ganze auf der Bühne des Planegger Kupferhauses, getarnt als Faschingskonzert des Musikvereins Musica Sacra Planegg-Krailling.

Die kabarettistische Musikrevue zur Faschingszeit ist inzwischen legendär. Seit 30 Jahren gelingt es Ludwig Götz, musikalischer Leiter der Musica Sacra, ein geniales Ensemble aus Profimusikern, leidenschaftlichen Laiensängern und -musikanten auf die Bühne zu bringen, die sich ohne Rücksicht auf Eitelkeiten in der Klamauk-Rolle suhlen. Den Klinikdirektor gab Profimoderator Herbert Hanko, der im weißen Kittel seine Patienten vorführte: die Sänger des Männerchors Wilde Gurgl, die in Wollsocken und Jogginghosen mit Yoga, Klangschalen und Ballspielen auf Therapieerfolge hinarbeiten.

Dazu gesellten sich einige Therapiebedürftige als Solisten: die Pianisten Gerold Huber - im Ringel-Schlafanzug - und Florian Wagner gaben satirische Salonlieder zum Besten. Sänger Heinz Zacherl torkelte über die Bühne und sang brillante Trinklieder. Tubaspieler Martin Hirsch, Dirigent der Erdinger Stadtkapelle, entlockte seinem Rieseninstrument virtuose Klänge und Sängerin Rebecca Lorenz besang bitterböse die Rabenmütter im Publikum, die ihre Kinder alleine zu Hause ließen. Garniert war das Ganze mit satirischen Spitzen zu Würmtal-Eigenheiten. So verwandelte sich Ludwig Götz in Uli Hoeneß, der als solcher das Dilemma der Gemeinde Planegg sofort enttarnte: Das Restaurant "Mi casa su casa" sei immer noch zu (womit er auf den jahrelangen Rechtsstreit der Gemeinde mit den Pächtern anspielte), aber die zehnte Apotheke eröffnet. Im Hintergrund stimmte der Männerchor dazu ein dezentes "Am Arsch leckst mi" an.

Auch Polit-Prominenz ließ sich natürlich blicken. So schlüpfte Staatsoper-Violinistin Katharina Lindenbaum-Schwarz in die Rolle der Angela Merkel, um künftig als Musiktherapeutin in der Klinik anzuheuern. Als Kostprobe stimmte sie ein "Rondo Capriccioso für neun Irre und eine Bundeskanzlerin" an.

Die von den Bürgermeistern propagierte Idee, das "privilegierte und geistreiche" Würmtal als Marke zu etablieren, war natürlich ein gefundenes Fressen, das sogar Trump und Putin (gespielt vom Planegger Pfarrer Bernhard Liess) auf den Plan holte: Warum nicht "Würmtal first" als neuen Markennamen etablieren? Der gut situierte Gräfelfinger - Oligarchogräflovsk - wäre sicher dabei. Erhellender konnte ein Tag der offenen Tür kaum sein. Das Publikum wurde Zeuge der Lust am blanken Irrsinn. Wenn dieser immer so viel Spaß macht, dann bitte mehr davon.

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