Piratenpartei München:Piraten im Glashaus

Lesezeit: 1 min

33 Stunden haben Mitglieder der Piratenpartei in einer Art gläserner Wohnung auf dem Marienplatz gelebt - als Protest gegen ständige Überwachung.

Michael Tibudd

Es ist das erste Anliegen eines jedes Wahlkämpfers, der in einem Stadtzentrum auf sich und seine politischen Ziele aufmerksam machen will: Die Leute sollen beim Anblick von Parteifarben, Schirmen und Fähnchen nicht gleich wegrennen, sondern stehen bleiben. Sich interessieren für den Kandidaten, zu erfahren suchen, was er will, wie er ist, wofür er steht. Idealerweise interessieren sich dafür außerdem nicht nur diejenigen, die diesen Kandidaten ohnehin wählen.

Aus Protest campten Mitglieder der Piratenpartei auf dem Marienplatz. (Foto: Foto: Rumpf)

Diese Gefahr ist eher gering bei einer Partei, die es erst seit 2006 gibt und die seither selten die ganz große Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Und so dürfen sich die Wahlkämpfer der Piratenpartei über jeden einzelnen ganz authentisch freuen, den ihre Aktion an diesem Wochenende auf dem Marienplatz neugierig gemacht hat.

Lesen, Rasieren, Kochen - alles geschieht öffentlich

"Lass dich überwachen", heißt die Aktion, und die Piratenpartei hat dazu so etwas wie eine kleine Durchschnittswohnung aufgebaut im Stadtzentrum: Couch, Tisch, Fernseher, Regal mit ein paar Büchern und etwas Dekoration, außerdem eine Kochnische. Dazu mehrere echte Bewohner, die in dieser Durchschnittswohnung 33 Stunden lang ein Durchschnittsleben führen: Lesen, sich unterhalten, Fernsehen, Kochen oder auch die tägliche Rasur. Das unter steter Überwachung aller, die zwischen Samstagmorgen und Sonntagabend am Marienplatz vorbeikommen.

"Wir wollen mit der Aktion zeigen, wie weit Menschen tagtäglich überwacht werden", sagt Jakob Pfeiffer von der Piratenpartei. Videokontrolle auf öffentlichen Plätzen, Vorratsdatenspeicherung durch den Staat, aber auch das Datensammeln privater Firmen über Rabattkarten oder der sorglose Umgang der Menschen mit Informationen über sich im Internet - all diese Dinge verärgern die Piraten.

Der Einsatz, der offiziell als "Dauermahnwache" gilt, soll entsprechend auf eines der Ziele hinweisen, für das die Piratenpartei kämpft und wofür sie sich am 27. September in den Bundestag wählen lassen will: "Der Bürger muss seine informationelle Selbstbestimmung behalten", sagt Jakob Pfeiffer.

© SZ vom 24.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: