Pilotenausbildung:Karriere im Tornado

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Das Verfahren zur Pilotenausbildung ist auch bei der Bundeswehr hart. Von 12 000 Bewerbern werden jedes Jahr 6000 in einem zweitägigen Testverfahren ausgewählt. Letztlich werden nur etwa 50 pro Jahr für den Studiengang zugelassen.

interview Von L. Grießenbeck v. Grießenbach, M. Baghdadi, L.Gallin, d.huber

Wie wichtig sind Piloten heutzutage noch? Kann ihre Arbeit nicht bald von einer Drohne übernommen werden? Eine aktuelle Frage, denn erst kürzlich hat der Deutsche Bundestag dem Auslandseinsatz gegen die Terrormiliz IS zugestimmt und sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Syrien entsendet. Das P-Seminar des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums hat dazu Matthias Heinitz, Professor an der Universität der Bundeswehr, zum neuen Studiengang "Aeronautical Engineering" befragt.

Schüler: Wie kommt man zu einem Studienplatz bei der Bundeswehr und welche Voraussetzungen sollte man erfüllen?

Matthias Heinitz: Die Bewerber durchlaufen ein zweitägiges Assessment Center in Köln, also ein Test- und Auswahlverfahren. Getestet wird die Eignung zum Offiziersberuf, die Kommunikationsfähigkeit, die Einstellung zur Bundeswehr, der Umgang mit Menschen, kognitive Eigenschaften wie Mathematik, Logik, sprachliche Fähigkeiten sowie ein Sporttest. Am Ende des zweiten Tages gibt es ein Beratungsgespräch, und man bekommt einen Vorschlag für einen bestimmten Studiengang. Es werden aber selbstverständlich auch die Wünsche der Bewerber berücksichtigt.

Standardmodell für die meisten Piloten der Bundeswehr ist das zweisitzige Kampfflugzeug Eurofighter, erklärt Professor Matthias Heinitz. (Foto: Claus Schunk)

Und was sind die Besonderheiten bei einer Ausbildung zum Piloten?

Hier durchlaufen die Bewerber innerhalb des Assessment Centers noch zwei weitere Testphasen. Sie werden gesundheitlich gecheckt und üben dann tatsächlich in einem Flugsimulator mit Übungsmissionen. Flugpsychologen beobachten das Verhalten der Bewerber, beispielsweise bauen sie gezielt Störungen in den Flugbetrieb ein, um die Reaktionen der Bewerber unter Stress zu testen.

Wie geht es weiter, wenn man angenommen wurde?

Die angenommenen Bewerber kommen zuerst an die Offizierschule und durchlaufen die Grundausbildung und erste Offizierlehrgänge. Danach absolvieren sie eine Segelflugausbildung, um die dritte Dimension, die des Fliegens, zu erleben und Grundkenntnisse, wie das Navigieren, zu erlernen. Anschließend treten sie zum Studium an und lernen zunächst Flugtheorie und Englisch. Die Studenten werden während ihres Studiums immer wieder in Praktika geschickt und können zwischendurch auch Segelfliegen. Im folgenden Studienabschnitt geht es um grundlegende ingenieurwissenschaftliche Fächer, wie Mathematik, Mechanik, Informatik und wissenschaftliches Rechnen. Und zuletzt steht der fliegerische Bereich an: Aerodynamik und Flugantriebstechnik. Wenn sie nach zwei Jahren den großen akademischen Block erfolgreich beendet haben, beginnt die fliegerische Ausbildung. Mit Studium dauert die Ausbildung dann viereinhalb Jahre. Man könnte natürlich auch das Studium weglassen und sofort mit der Flugausbildung beginnen. Wer jedoch nach der fliegerischen Karriere eine anspruchsvolle berufliche Aufgabe anstrebt, beispielsweise in der Ausbildung, Logistik oder Flugsicherheit, sollte ein Studium machen.

(Foto: N/A)

Welche Rolle spielen Drohnen bei der Pilotenausbildung?

Noch keine wesentliche. Die Bundeswehr überlegt, ob sie künftig verstärkt Drohnen einsetzt. Man geht sehr stark davon aus, dass künftig Teile der Luftfahrt und damit auch der militärischen Luftfahrt unbemannt erfolgen werden. Drohnen werden also eine Rolle spielen. Sie haben in den letzten drei bis vier Jahren eine unglaubliche Verbreitung an den verschiedensten Stellen gefunden. Zum Beispiel die Idee von Amazon, mit Drohnen die Weihnachtspäckchen über den Häusern abzuwerfen. Aber bei der Pilotenausbildung spielen sie im Moment noch keine Rolle. Was ich allerdings sagen kann, ist, dass diejenigen, die die Drohnen programmieren und steuern, ausgebildete Piloten sein müssen. Sie treten mit ihrer Drohne in den Luftraum ein und müssen damit alle Regularien und Einflüsse berücksichtigen, die dort herrschen. Luftrecht, Wetter und so weiter.

Sind Sie für den Einsatz von Drohnen oder dagegen?

Es hängt davon ab, unter welchen Bedingungen sie eingesetzt werden. Man weiß, dass die Amerikaner, die Drohnen einsetzen, leider sogenannte - man sagt das immer so distanziert - Kollateralschäden anrichten. Das heißt, sie nehmen auch den Tod ziviler Menschen in Kauf. Die gibt es natürlich auch beim Einsatz konventioneller Waffensysteme. Für mich ist immer das Wichtigste: Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Jeden Einsatz der Bundeswehr beschließt der Deutsche Bundestag, nicht die Kanzlerin und nicht die Verteidigungsministerin. Daraus liest sich für mich die Akzeptanz in der Gesellschaft. Es gibt nicht nur Kampfdrohnen, sondern auch Aufklärungsdrohnen, die helfen, das Leben von Piloten zu schützen. Ich will nicht pauschal "Ja" und "Nein" zu Drohnen sagen. Aber sie werden kommen, weil sie technische Möglichkeiten, einschließlich des Schutzes von Menschenleben offerieren, die man sonst nicht hätte.

Denken Sie in der Bundeswehr über Auslandseinsätze und deren Folgen nach?

Ja, das war auch ein Grund, weshalb die Universität den Studiengang Psychologie eingeführt hat. Generell denken wir bei der Einführung eines neuen Studiengangs über drei Dinge nach: Erstens: Passt der Studiengang zum Beruf des Soldaten und zur Bundeswehr? Zweitens: Passt der Studiengang zu unserer Universität? Und drittens: Ist er für junge Menschen attraktiv? Diese drei Aspekte treffen auf den Studiengang Psychologie sehr stark zu, da man dann in der Praxis auf Menschen treffen kann, die aufgrund von Auslandseinsätzen bereits mit enormen Stresssituationen konfrontiert wurden und die professionelle psychologische Unterstützung benötigen. Aus diesen Gründen erfreut sich dieser Studiengang durchaus großer Beliebtheit.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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