Pflegeheime:"Pflege-TÜV hilft schwarzen Schafen"

Hilft nicht gegen schlimme Mängel: Das Bewertungssystem für Heime stößt bei Münchner Fachleuten auf scharfe Kritik.

Sven Loerzer

Das neue Bewertungssystem für Pflegeheime, nach dem Schulnoten von "sehr gut" bis "mangelhaft" Aussagen über die Qualität einer Einrichtung erlauben sollen, stößt bei Münchner Fachleuten auch weiterhin auf scharfe Kritik. Die Qualitätsprüfungen nach dem neuen Katalog, der aus 82 Einzelbewertungen besteht, sollen im Mai starten, erste Ergebnisse sollen vom Spätsommer an veröffentlicht werden.

Pflegeheime: Betreuung im Münchenstift-Haus St. Maria.Münchenstift-Chef Gerd Peter spricht dem Heimtest die Aussagekraft ab.

Betreuung im Münchenstift-Haus St. Maria.Münchenstift-Chef Gerd Peter spricht dem Heimtest die Aussagekraft ab.

(Foto: Foto: Rumpf)

Doch dem Test sprechen nicht nur die Münchner Heimaufsicht und Münchenstift-Chef Gerd Peter, sondern auch die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) die Aussagekraft ab. "Dieser Pflege-TÜV verfehlt völlig seinen Zweck, hilft schwarzen Schafen, über schlimme Mängel in Heimen hinwegzutäuschen und trägt zur Verbraucherverwirrung statt zur Klarheit bei", kritisiert Haderthauer. Die Bewertungskriterien machten "aus einer laienverständlichen Prüfung eine Laienprüfung". Im Interesse der Betroffenen müsse vielmehr die Ergebnisqualität der Pflege, die der Bewohner erfahre, im Mittelpunkt stehen.

"Gut gemeint, nicht gelungen"

Gerd Peter, Geschäftsführer des städtischen Heimträgers Münchenstift, hat seine Kritik an dem Bewertungssystem noch verschärft. Bei einem Expertentag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) sagte Peter, "es mag sein, dass der Gesetzgeber es gut gemeint hat, aber gut gemeint ist nicht immer gelungen". Gute Lobbyarbeit der Träger habe stattdessen dafür gesorgt, "dass sich nichts ändert, ja sogar erreicht, dass die Geprüften über Prüfverfahren und Prüfkriterien mit abstimmen konnten".

Das Ergebnis davon sei, dass Heime auch weiterhin nicht offenlegen müssen, "was sie einnehmen, wofür sie es ausgeben und was übrig bleibt, sondern sie brauchen auch vor einem Notensystem des MDK keine Angst zu haben". Denn der Prüfkatalog sei so gestaltet, dass sich die schlechten Einrichtungen "künftig ihre Note schon hinbiegen können". Offenbar bestehe gar kein Interesse daran, Heimen, die ihr Geschäft auf Kosten der alten Menschen betreiben, das Handwerk zu legen, sagte Peter bei dem Expertentag in Würzburg. Stattdessen fühle sich die Szene wohl, "wenn alles schön unter der Decke bleibt". Mit dem nun bundesweit eingeführten Benotungssystem werde der MDK gezwungen, "sich mit in dieses Bett zu legen".

Dabei habe der MDK Bayern einen aussagekräftigen Pflegequalitätstest entwickelt, der gut und übersichtlich sei. "Aber weil ihn außer ein paar versprengte Einrichtungen und der Münchenstift GmbH keiner will, kommt, wie so oft im Leben, das Beste nicht zum Zug", bedauert Peter.

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