Pfanni-Gelände am Ostbahnhof:Wie sich das Werksviertel verwandelt

Pfanni-Gelände am Ostbahnhof: Werner Eckart feierte am Dienstag Richtfest für das "Werk 3" am Ostbahnhof.

Werner Eckart feierte am Dienstag Richtfest für das "Werk 3" am Ostbahnhof.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Im "Werksviertel" am Münchner Ostbahnhof entstehen in den nächsten Jahren 1500 Wohnungen, Büros für 7000 Arbeitsplätze, fünf Hotels, 30 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche, bis zu sechs Musik-Bühnen, vielleicht auch noch eine neue Philharmonie.
  • Die wichtigsten Flächen und Gebäude, der Kern des neuen Kreativquartiers, gehören dem Pfanni-Erben Werner Eckart.
  • Umgebaut und erweitert wird das "Werk 1", in dem Eckart heute schon gemeinsam mit der Stadt München Start-up-Unternehmen günstige Büroflächen anbietet.

Von Christian Krügel

Als alle Richtfestsprüche gesprochen sind, erzählt Werner Eckart im kleinen Kreis diese Geschichte. Als er wegen irgendeines Bauplans tief in den Kisten der Großeltern gewühlt hatte, entdeckte er den Plan, den sein Opa damals von dem Gebäude gezeichnet hatte, das heute den etwas sperrigen Namen "Werk 3" trägt. Der Opa, das war Werner Eckart senior, Gründer der Pfanni-Werke am Münchner Ostbahnhof. Und der hatte schon damals ziemlich viele Ideen vom Aufbauen, und Ausbauen.

Pfanni-Gelände am Ostbahnhof: Dahinter soll ein 85 Meter hohes Hotel entstehen, davor zunächst Container für den "Eckpark".

Dahinter soll ein 85 Meter hohes Hotel entstehen, davor zunächst Container für den "Eckpark".

(Foto: Steidle Architekten)

"Ich habe Pläne gefunden, da wollte er die alte Fertigungs- und Fabrikationshalle ungefähr so erweitern, wie wir das jetzt getan haben", erzählt der Enkel. Der ist inzwischen auch schon 47 Jahre alt und selbst erfolgreicher Unternehmer. Seine Otec GmbH managt nicht nur Bars, Konzert- und Nachtleben in der heutigen Kultfabrik. Sie entwickelt auch den kompletten Neubau eines Stadtviertels auf eben diesem Gelände.

In diesem "Werksviertel" entstehen in den nächsten Jahren 1500 Wohnungen, Büros für 7000 Arbeitsplätze, fünf Hotels, 30 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche, bis zu sechs Musik-Bühnen, vielleicht auch noch eine neue Philharmonie. Mehrere Grundstückseigentümer gibt es. Aber die wichtigsten Flächen und Gebäude, der Kern des neuen Kreativquartiers, gehören Werner Eckart und der Otec: der alte Pfanni-Kartoffelsilo, die Verpackungshalle, die alte Kartoffelwaschanlage, die Flächen, auf denen noch die Schienen der Güterzüge zu sehen sind.

Eine Vision des Pfanni-Erben und der Architekten

Das Erbe der Väter treibt Eckart an, auch jetzt, da er in einem zehn Meter hohen Loft des "Werks 3" steht und Richtfest für dieses Gebäude feiert, das er den Kern des gesamten Werksviertel-Projekts nennt. Der Blick ist spektakulär: In 22 Metern Höhe schaut man auf die gesamte Stadtsilhouette Münchens bis hin zum Arabellapark. Die Angestellten einer großen Werbeagentur sollen hier tagsüber kreativ sein. Abends räumen sie das Büro, aus dem dann eine öffentliche Bar über den Lichtern der Stadt werden soll. Das steht ganz gut für die Vision Eckarts und seines architektonischen Masterminds Johannes Ernst (Büro Steidle Architekten): Im ganzen Viertel soll es einen Wechsel von Arbeit und Freizeit, von Kreativität und Anstrengung, Urbanität und Natur geben.

Dafür nutzt Ernst im "Werk 3" die Maße der alten Fabrikationsgebäude: kein Raum ist niedriger als 4,50 Meter, kein Fenster schmaler als 5,60 Meter, Büros gehen über mehrere Etagen mit Deckendurchbrüchen, umlaufenden Galerien. "Kommunikation und Kreativität braucht Platz und keine Grenzen", sagt Ernst - und der findet sich auf 22 000 Quadratmetern reichlich. 80 Prozent davon seien schon vermietet, sagt Eckart, zu Preisen von 18 Euro pro Quadratmeter aufwärts. Der Mix der Mieter entspreche der Wunschmischung aus Kunst, Kultur und Kommerz: außer der großen Werbeagentur wird sich hier zum Beispiel einer der größten Anbieter von Künstlermaterial niederlassen, ebenso Gastrounternehmen und einige Künstler, die hier Ateliers beziehen wollen.

Im Januar 2016 soll "Werk3" fertig sein und die Initialzündung für den Rest des Viertels geben. Und Rückgriffe auf die Pfanni-Geschichte: die alten Verladerampen bleiben, auf die Schienen auf dem Platz daneben werden verschiebbare Sitzmöbel gebaut. Aus dem alten Kartoffelsilo wird ein ungewöhnliches Hotelprojekt: Die heutige Kletterhalle bleibt, ein Hostel für junges Publikum entsteht daneben und darüber soll bis in 85 Meter Höhe ein Vier-Sterne-Hotel empor wachsen. Ungewöhnliches wagt Eckart auf dem Dach von "Werk 3": Auf 2500 Quadratmetern soll eine Wiesenlandschaft entstehen, auf der eine Schafherde weidet.

Junge Start-ups und etablierte Firmen

Pfanni-Gelände am Ostbahnhof: Hier sollen laut Eckart junge Einzelhändler Gelegenheit bekommen, sich in Pop-Up-Stores auszuprobieren.

Hier sollen laut Eckart junge Einzelhändler Gelegenheit bekommen, sich in Pop-Up-Stores auszuprobieren.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Umgebaut und erweitert wird das "Werk 1", in dem Eckart heute schon gemeinsam mit der Stadt München Start-up-Unternehmen günstige Büroflächen anbietet. Für Bürgermeister Josef Schmid ein Paradebeispiel, wie es im Werksviertel gelinge müsse, junge Unternehmer in München zu halten, wie er beim Richtfest sagte.

Nun unternimmt Werner Eckart all das gewiss nicht aus karitativen Zwecken, allein beim Bau von "Werk 3" muss er 65 Millionen Euro an Investitionen wieder reinholen. Entwickeln, bauen, verkaufen will er aber auch nicht nur: Alles bleibt in Händen der Otec. "Wir wollen einen breiten Mix an Mietern, und deren Interessen kann man am besten ausgleichen, wenn es nur einen Besitzer gibt", sagt Eckart. Natürlich hofft er dabei auf langjährige zufriedene Mieter - und entsprechende Rendite.

Deswegen auch seine Bemühungen viel Kultur ins Viertel zu bringen: "Wir wollen 24 Stunden jeden Tag Leben im Viertel haben, und dazu gehört Musik und Kultur". Und auch ein Konzertsaal? Seit Februar gibt es die konkrete Idee, neben Werk 3 und Hotelgebäude die neue Philharmonie unterzubringen. Die Idee gefällt Eckart, keine Frage. Und gewiss werde es auch eine Lösung mit dem Freistaat geben, wie man das Projekt realisieren könne, ohne die Otec-Philosophie von nur einem Besitzer aufzugeben, glaubt er. Aber eine Gefahr sieht er auch: "Das Projekt Konzertsaal darf nicht die Idee des Werksviertels überlagern. Die bedeutet mehr."

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