Peter Doherty in München:Er will doch nur spielen

Bei seinem Konzert im Münchner Backstage zeigt sich Skandalrocker Peter Doherty bestens gelaunt und in Topform. Und das nach dem Eklat am Vortag.

Beate Wild

Da hatten seine Münchner Fans aber Glück. Peter Doherty erschien zu seinem Konzert am Sonntagabend im Backstage einigermaßen pünktlich, relativ nüchtern und in allerbester Laune. Das war nicht unbedingt zu erwarten nach dem Eklat am Abend zuvor, als Doherty bei einem Spontanauftritt beim on3-Festival das Deutschlandlied anstimmte. Aber Peter Doherty wäre nicht Peter Doherty, würde er nicht in regelmäßigen Abständen für Skandale sorgen, oder zumindest für das, was die Boulevardpresse dafür hält.

Peter Doherty in München: Bei seinem Auftritt im Backstage bestens gelaunt und in Topform: Peter Doherty.

Bei seinem Auftritt im Backstage bestens gelaunt und in Topform: Peter Doherty.

(Foto: Foto: ddp)

Dass sich bei dem britischen Musiker die Geister scheiden, war in München wieder einmal gut zu beobachten. Doherty, der schon seit Freitag in der Stadt war, fing schon am Tag vor dem eigentlichen Konzert an mit dem Musizieren - und das gefiel nicht jedem.

Samstagabend, 21.30 Uhr, Atomic Café. The Phenomenal Handclap Band aus New York gibt ein Konzert. Doch bevor es dazu kommt, erscheint plötzlich Peter Doherty auf der Bühne, als Vorband sozusagen. Das Publikum ist begeistert, dem Sänger fliegen die Herzen nur so zu. Alle sind überwältigt von dem Überraschungsgig, der drei Stunden zuvor in München per Mundpropaganda, Twitter und Facebook die Runde machte. Peter - sichtlich angetrunken - spielt eine halbe Stunde. Als er von der Bühne geht, wird er bejubelt.

Gleicher Abend, zwei Stunden später, Funkhaus des Bayerischen Rundfunks. Kettcar aus Hamburg geben beim on3-Festival ein Konzert. Doch bevor es dazu kommt, erscheint plötzlich Peter Doherty auf der Bühne, als Vorband sozusagen. Aber anders als im Atomic Café zuvor, ist das Publikum entsetzt, es buht den Sänger aus, pfeift und schreit lautstark nach Kettcar.

Doherty ist irritiert und genervt und stimmt schließlich als Provokation das Lied "Deutschland, Deutschland, über alles" an, die erste Strophe des Deutschlandlieds, das unter Hitler zur Nationalhymne gemacht wurde. Der Auftritt endet im Desaster. Die Moderatoren komplimentieren Doherty fünf Lieder später von der Bühne. Der Konzertabschnitt mit dem Deutschland-Lied ist da schon live über Radio verbreitet worden.

Das offizielle Konzert am Sonntag gestaltet sich dann wesentlich friedlicher. Immerhin stehen hier auch Dohertys eigene Fans vor der Bühne. Er wird begeistert empfangen und gibt sich nach dem Eklat am Vortag überraschend aufgeräumt.

Der 30-Jährige ist auf Tour mit seinem ersten Soloalbum "Grace/Wastelands." Er ist nun ohne seine Band Babyshambles unterwegs, steht auf der Bühne alleine mit seiner Gitarre und ist an diesem Abend im Backstage einfach wunderbar. Peter Doherty ist ein hervorragender Musiker, der sein Publikum auch ohne inszenierter Show und jeden anderen Firlefanz großartig unterhält. Im Grunde braucht Doherty gar keine Band, alleine ist er viel besser.

Neben den Songs seines Soloalbums wie "Last of the English Roses" stimmt er selbstverständlich auch seine alten Hits an. Der Babyshambles-Gassenhauer "Fuck Forever" fehlt ebenso wenig wie die Libertines-Hymne "Music when the lights go out".

Zwischendurch gibt der Brite den Entertainer. Während er sich immer wieder Rotwein aus einer Flasche nachschüttet, plaudert er entspannt mit dem Publikum ("Habt ihr Zigaretten für mich, meine sind alle"), ist zu Witzen aufgelegt (beim vierten Song scherzt er "This is the last song for tonight") und erzählt Privates ("Morgen besucht mich meine Mutter beim Konzert in Köln"). Und das Publikum liebt ihn dafür.

In den vergangenen Tagen, die Doherty in München verbrachte, kursierten im Übrigen die wüstesten Gerüchte über ihn. Er habe erst vor ein paar Tagen wieder einen Herzstillstand gehabt, hieß es da. Andere behaupteten, er sei am Freitagabend nach einer Session im Backstage-Raum des Atomic Cafés wieder einmal in Begleitung einer Brünetten nach Hause gegangen. Und es wird sogar gemunkelt, Doherty sei so begeistert von München, dass er sich überlege, in die Stadt zu ziehen. Sollte das wirklich so kommen, würde er die Stadt wohl gehörig aufmischen.

Nach einer Stunde verabschiedet sich Doherty von seinem Publikum. Seine Stimme mache schlapp, entschuldigt er sich. Ein bisschen enttäuscht sind die Münchner schon, als es nicht einmal eine Zugabe gibt. Doch alle gehen in dem Bewusstsein nach Hause, etwas Besonderes erlebt zu haben.

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