Personalpolitik in der CSU:"Eine problemfreie Zone"

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Der wiedergewählte Bezirksvorsitzende und bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle. (Foto: dpa)

Für Horst Seehofer ist der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle eine "unverzichtbare Stütze". Schon drei Monate vor der Landtagswahl erhält der Kultusminister deshalb eine Job-Garantie. Doch was ist das Versprechen von CSU-Chef Seehofer überhaupt wert? Das hängt am Ende vor allem von einer Zahl ab.

Von Silke Lode und Mike Szymanski

Eigentlich gehört dieser Abend Ludwig Spaenle. Vor zwei Jahren hat der Kultusminister die Führung der Münchner CSU übernommen. Während es um seine Bildungspolitik immer wieder Streit gibt, geht es für die Verhältnisse der Münchner CSU in Spaenles Parteibezirk außerordentlich ruhig zu. Wäre da nicht die Abgeordnetenaffäre gewesen, hätte Spaenle völlig entspannt in den Hofbräukeller am Wiener Platz gehen und gelassen seine Wiederwahl als Münchner CSU-Chef abwarten können. Doch Spaenle hatte seine Frau beschäftigt, auch noch nachdem er 2008 Minister wurde.

Vor wenigen Wochen hatte die Parteibasis noch kräftig über diejenigen gemurrt, die ungeniert ihr Familieneinkommen aufgebessert haben. Das der Wahlparteitag unter diesen Umständen so für ihn ausgehen würde, dürfte Spaenle sich in seinen kühnsten Träumen nicht erhofft haben: Mit 91,4 Prozent ist er als Bezirkschef bestätigt worden, lediglich sieben Delegierte hatten gegen ihn gestimmt.

Mindestens genauso viel dürfte Spaenle das Loblied bedeuten, dass Ministerpräsident Horst Seehofer schon vor der Abstimmung auf ihn gesungen hat. "Die CSU München ist für uns eine problemfreie Zone. Es gab auch mal andere Zeiten, wie ihr wisst", sagte der Parteichef und würdigte explizit die "vorzügliche Arbeit des Bezirksvorsitzenden". Dann erklärte er Spaenle zum "wichtigen Pfeiler seines Kabinetts", der auch nach der Wahl "unverzichtbar" sei.

Eine Job-Garantie für Spaenle, und das gut drei Monate vor der Wahl. Am Tag danach weiß Spaenle immer noch nicht so recht damit umzugehen. Es ist kurz vor zehn, er ist auf dem Weg zur Fraktionssitzung. Vor dem Saal scherzt er mit Journalisten, die meinen, er sei damit quasi ein Sitzenbleiber. "Sitzenbleiben können wir auf jeden Fall. Die Frage ist nur: wo?"

Steht ein kompletter Umbau bevor?

Wie viel ist Seehofers Job-Garantie für Spaenle wirklich wert? Vieles spricht dafür, dass Seehofer - sollte er die Wahl gewinnen - sein Kabinett komplett umbaut. Sechs Mitglieder, Spaenle eingeschlossen, sind durch die Verwandtenaffäre schwer angeschlagen. Am Ende werden die Ergebnisse am Wahlabend entscheiden, wer künftig mit Seehofer am Regierungstisch sitzen wird. Seehofer folgt einer einfachen Logik: Die Wahrheit liegt in der Urne.

Spaenle steht in mehrfacher Hinsicht unter Druck. Er tritt im bayernweit wohl am heftigsten umkämpften Stimmkreis Schwabing an. Schon 2008 musste er zittern. Anlass zur Sorge dürfte Spaenle auch Seehofes Aussage geben, die Begriffe Spaenle und Bildung seien "ein Begriffspaar". Sie lassen sich nämlich auch so interpretieren: Sollte sich die Unzufriedenheit über das achtjährige Gymnasium in schlechten Wahlergebnissen niederschlagen, dürfte Spaenle kaum an seinen Schreibtisch im Kultusministerium zurückkehren.

Obwohl die Staatsregierung seit 2008 zusätzliche Milliarden ins Bildungssystem pumpte, herrscht an dieser Front immer noch keine Ruhe. Spaenle will mit seinem Konzept eines freiwilligens Flexi-Jahres das Tempo zum Abitur reduzieren. Die Freie Wähler setzen dem eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium entgegen. Sie sammeln Unterschriften für ein Volksbegehren, das eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 erzwingen soll. Es wird also in ein paar Monaten sehr gut zu beurteilen sein, wie Spaenles Schulpolitik tatsächlich bei den Leuten ankommt.

Wichtige Männer ohne Job-Garantie

Ein anderer wird in der Landespolitik in jedem Fall nach der Wahl eine wichtige Rolle spielen, auch ohne Job-Garantie von Seehofer: Finanzminister Markus Söder, der in Nürnberg bei seiner Wiederwahl 100 Prozent bekam.

Auch in München gibt es einen Mann, der auf dem besten Weg ist, zumindest auf der Beliebtheitsskala an Spaenle vorbeizuziehen: Josef Schmid, der OB-Kandidat der CSU. Ohne viele Worte zu verlieren ist er es, der im Hofbräukeller im Mittelpunkt steht. Obwohl er nur einer von vier Spaenle-Stellvertretern ist. Schon sein Wahlergebnis von 94 Prozent spricht für sich: Nur vier Gegenstimmen, und das obwohl Schmid vielen in der CSU nicht konservativ genug ist.

Seehofer erteilte Schmid am Dienstagabend einen regelrechten Ritterschlag: frisch, modern und liberal sei der OB-Kandidat, zudem einsatzfreudig, kompetent und zielstrebig. Seehofer setzt sogar noch einen drauf: "Er ist ein frecher Politiker, das schätze ich, so war ich früher auch." Immer wieder sage Josef Schmid der CSU seine Meinung, ab und zu werde er bestätigt. Bei der steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnern zum Beispiel. "Das hat er früh gefordert."

Mit diesem Kandidaten habe die CSU eine realistische Chance, die Landeshauptstadt München zurückzuerobern, meint Seehofer. Und Spaenle? Der hob Schmid mit auf den Schild und erklärte den Kampf um den OB-Sessel und das Rathaus zur Kernaufgabe, auf die sich die Münchner CSU seit Jahren systematisch vorbereite. Josef Schmid dankte er erneut dafür, dass er nach der verlorenen Wahl 2008 "die Mühsal der Ebene so konsequent gestaltet habe". In seinen Augen hat er die CSU zur "treibenden Kraft im Rathaus" gemacht.

© SZ vom 13.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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