Peinlicher Fernsehbeitrag vor Gericht:Eltern im Swingerclub erwischt

Per Zufall hat eine 15-Jährige ihre Eltern in einer RTL-2-Sendung im Swingerclub entdeckt. Die Produktionsfirma hatte das Pixeln vergessen. Vor Gericht wird die Klage auf Schmerzensgeld jedoch abgewiesen - schließlich hätten die beiden freiwillig in dem Film mitgewirkt.

Ekkehard Müller-Jentsch

Da möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken!" Der Vorsitzende der 9. Landgerichtskammer hat selbst eine Tochter im Teenageralter, und er kann sich natürlich vorstellen, was in dieser Familie abgegangen ist: Eine 15-Jährige stöbert im Internet, klickt eine RTL-2-Reportage über einen Swingerclub an - und sieht dort plötzlich ihre Eltern. "Das ist einfach nur peinlich."

FKK Club in Pasing, 2011

Peinlich: Eltern lassen sich im Swingerclub filmen, die Tochter entdeckt die beiden in einer Fernseh-Doku.

(Foto: Robert Haas)

Doch Hoffnung auf ein Schmerzensgeld, das die beiden am Mittwoch vor dem Zivilgericht von dem TV-Sender einklagen wollten, konnte der Richter dem bloßgestellten Paar nicht machen - immerhin aber auf ein kleines Statisten-Honorar. Keine Frage, auch dem Sender und der ebenfalls beklagten Produktionsfirma war die Panne peinlich. Denn der für diese Reportage zuständige Jungredakteur hatte den Akteuren hoch und heilig versprochen, dass jeder "gepixelt" wird, der unerkannt bleiben möchte.

Die Produktionsfirma musste kleinlaut einräumen, dass dies einfach vergessen worden war. Und der Sender hatte angenommen, dass alle deutlich erkennbaren Akteure dazu ihr Einverständnis gegeben hatten.

So wurde der Beitrag in der Sendung "Exklusiv - die Reportage" gezeigt und zudem etwa zwei Wochen lang ins Internet gestellt. "Schmerzensgeld werden wir trotzdem nicht geben", kündigte der Vorsitzende Richter an. Bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts sei das nur ausnahmsweise fällig. Und hier hätten doch alle Beteiligten grundsätzlich zugestimmt, dass gefilmt wird. Er stellte den Eltern aber eine Art Lizenzgebühr für ihre Mitwirkung in Aussicht.

Immerhin gehe der Reiz derartiger Beiträge davon aus, dass Zuschauer sagen können: "So sehen solche Leute also aus." Deshalb stehe einem erkennbaren Statisten eher Geld zu, als jemandem, dessen Gesicht durch grobe Pixel unkenntlich gemacht wurde. "200 Euro pro Person", schlug der Richter vor. Der Anwalt der Eltern wollte höhere Maßstäbe angelegt sehen: Hier sei doch nicht beim Kaffeetrinken, sondern in einem sehr sensiblen Bereich gefilmt worden.

Doch das Gericht machte klar, dass dann die Tochter vor Gericht erscheinen müsse. Nämlich um zu bezeugen, wie sie ihre Eltern völlig unvorbereitet in dieser peinlichen Situation entdeckt habe, und dass seither der Familienfrieden massiv gestört sei. Das sollte man einer 15-Jährigen doch besser ersparen, meinte der Vorsitzende.

Er regte deshalb eine gütliche Einigung an: Die Produktionsfirma und der Sender zahlen als Statisten-Honorar und für die vorgerichtlichen Anwaltskosten insgesamt 3000 Euro. Beide Seiten willigten ein. Das sei doch auch für RTL 2 keine schlechte Lösung, sinnierte der Vorsitzende. Immerhin lebe man davon, dass in solchen "Dokus" echte Menschen zu sehen seien. "Müsste man derartiges in Russland drehen, wäre das für die Zuschauer kaum von Interesse."

In einer früheren Version des Artikels haben wir irrtümlicherweise von RTL und der Sendung "Explosiv" geschrieben. Dies ist jedoch falsch und wir bitten, dies zu entschuldigen. Richtig ist, dass der Beitrag bei RTL 2 "Exklusiv-die Reportage" ausgestrahlt wurde.

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