Paulaner Bräuhaus:Wo Hopfen und Malz nicht verloren sind

Paulaner Bräuhaus: Gelebte Wirtshaustradition: In der gemütlichen Schwemme des Paulaner Bräuhauses kommen Menschen aller Couleur zum Genießen zusammen.

Gelebte Wirtshaustradition: In der gemütlichen Schwemme des Paulaner Bräuhauses kommen Menschen aller Couleur zum Genießen zusammen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bei lustigen Speisekarten läuten bei Genießern oft die Alarmglocken - nicht so im Paulaner Bräuhaus am Kapuzinerplatz. Der neue Wirt denkt die kulinarische Tradition klug weiter und sorgt für so manches Hochgefühl.

Von Marcelinus Sturm

Normalerweise beherzigt Marcelinus einen Grundsatz unter allen Umständen: Meide Wirtshäuser mit geschwätzigen oder lustigen Speisekarten! Meistens wird dort eher nachlässig gekocht. Und ist auf den Karten von bayerischen Gaststätten auch noch der Apostrophenstreuer großflächig im Einsatz, dann kann man gleich alle Hoffnung fahren lassen: Das Essen ist dort oft genauso krachert wie der Humor, also bestenfalls schlechte Durchschnittsware.

Insofern könnte man schon skeptisch sein, wenn man das Paulaner Bräuhaus am Kapuzinerplatz betritt. Denn das hat nach einer umfangreichen, dreieinhalb Millionen teuren Sanierung seit einem Jahr nicht nur einen neuen Wirt in Gestalt von Hermann Zimmerer, sondern auch eine lustige Speisekarte mit viel Text. Freilich hellt sich die Miene beim Durchlesen auf. Denn die Texte sind durchaus ganz pfiffig und um die Ecke gedacht, das muss man zugeben. Unter "Abstecher an den Gärtnerplatz" finden sich zum Beispiel die vegetarischen Gerichte, und "Schwammerl im Volksbad" sind natürlich Steinpilze in Rahmsoße, eine bayerische Spezialität.

Das Bier ist ein Geheimtipp

Schon richtig: Das allein ist für sich genommen noch keine Leistung. Die erweist sich letztlich in der Küche. Aber das ganze Drumherum macht natürlich schon auch etwas aus. Und das stimmt im Paulaner Bräuhaus in vielerlei Hinsicht. Vom Ambiente her hat man es hier mit einer typischen Münchner Kleinstbrauerei mit Gaststätte und Biergarten zu tun, wie es an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert unzählige gab. Tatsächlich befand sich hier von 1889 bis 1928 der Thomasbräu, der dann mit Paulaner fusionierte, und bis heute wird am Kapuzinerplatz Bier gebraut.

Gegen geringes Entgelt bietet man auch Führungen und Besichtigungen an: Braumeister Ulrich Schindler, laut Speisekarte "unverkäuflich", braut hier ein Zwicklbier, ein naturtrübes Weißbier, und je nach Saison eine weitere besondere Sorte, derzeit das "Goldene Theresienbier", passend zum Oktoberfest. Das rechtfertigt dann auch den relativ hohen Preis für die Halbe, zwischen 4,10 und 4,40 Euro. Denn das Bier ist wirklich hervorragend und ein Geheimtipp im Viertel. Es geht inzwischen sogar das Gerücht um, Paulaner wolle den Straßenverkauf beschränken, weil das den Verkauf des eigenen Industriebiers beeinträchtige.

Bier allein aber macht nicht glücklich. Zum Essen lässt man sich im Paulaner Bräuhaus entweder in der schönen Schwemme mit ihrem hohen Kreuzrippengewölbe und den großen Rundbogenfenstern im alten Münchner Bierhallenstil nieder oder im Restaurantbereich, der sich im hinteren Teil des Lokals, nach den kupfernen Sudkesseln, befindet: die "Gebrüder-Thomas-Stube". Logisch, dass man in so einer Umgebung mit den bayerischen Klassikern anfängt: Schweinsbraten, Ente, Wiener Schnitzel.

Ein rundum gelungenes Angebot

Und da erlebte Marcelinus tatsächlich eine Offenbarung. Der Krustenschweinebraten vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein (11,50 Euro) - einer Rasse, die unter Gourmets hochgeschätzt wird - ist schlichtweg ein Genuss. Die schmale Fettschicht ist von zartem Schmelz und genau das, was sie sein soll: ein Geschmacksträger. Das Fleisch ist nicht zu weich und nicht zu fest, die Kruste perfekt, weder Soße noch Kartoffel und Brenznknödel sind Convenience-Produkte, wie sonst in der Münchner Gastronomie weitverbreitet.

Ein erfreulicher Einstieg also, der sich fortsetzt: Das Viertel von der Ente (14,50 Euro) war tatsächlich saftig und zart, die Haut noch schöner gebräunt als die der alternden Botox-Beauties und Sonnenstudio-Aficionados aus dem nahen Glockenbachviertel. Das Wiener Schnitzel vom Kalb (18 Euro) - ohne Pommes frites, sondern mit Preiselbeeren und Röstkartoffeln aus der Pfanne - war ebenso gelungen wie das "Braumeister-Schnitzel" vom Schweinerücken mit frischen Kartoffelnockerln und Malzkruste (15,50 Euro).

Malz in Variationen

Überhaupt, das Malz: Küchenchef Wolfgang Böttinger arbeitet gerne damit, es fällt ja auch als Nebenprodukt in der eigenen Hausbrauerei an. Es kommt in Form von Malzknusper zum Beispiel an das gebratene Lachsforellenfilet mit rahmigen Schwarzwurzeln (18,50 Euro) und rundet den Geschmack nahezu perfekt ab, taucht aber auch bei den Desserts auf, als "Karamalz", eine Art bajuwarischer Crema catalana, eine gebrannte Malzbiercreme mit knuspriger Zuckerkruste (5,50 Euro), die keinen Vergleich zu scheuen braucht. Auch das Grießflammerie mit Waldbeerenragout (4,50 Euro) hielt, was es versprach.

Ein nahezu perfekter Ausflug in die klug weitergedachte, kulinarische Tradition der Stadt, hätte bei den Vorspeisen nicht die gebeizte Lachsforelle mit dem Bierdressing und dem Kartoffel-Meerrettich-Taler (13,50 Euro) etwas enttäuscht, da sie doch ein wenig fad daherkam. Was aber letztlich zu verzeihen ist und den Gesamteindruck nur geringfügig schmälert. So kann der kleine Tester-Trupp zum Abschluss auf die Frage der angenehm sachlich-freundlichen Servicekraft, ob's denn geschmeckt habe, mit einem überzeugten "Sehr gut!" begegnen.

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