Pasing/Obermenzing:Absage an radikale Positionen

Aus dem "Beauftragten gegen Rechtsextremismus" wird im Stadtbezirk Pasing-Obermenzing künftig der "Beauftragte für Demokratie und gegen Extremismus"

Von Jutta Czeguhn, Pasing/Obermenzing

Der Schock über die Krawalle während des Hamburger G-20-Gipfels wirkt nach. Erwartungsgemäß ziehen sich Empörungsgesten in den Bundestagswahlkampf hinein, und die Debatte über linksextreme Gewalt erreicht auch die unteren Etagen des demokratischen Systems. Die Zwei-Mann-Fraktion der FDP hat jetzt im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing (BA 21) den Antrag eingebracht: Die "Beauftragten gegen Rechtsextremismus", die vom Gremium benannt werden, sollen künftig als "Beauftragte gegen Extremismus" bezeichnet werden. So schaufensterartig der Antrag zunächst daherkam, die Diskussion, die sich im Bezirksausschuss entspann, war dann jedoch, abgesehen von einigen erwartbaren parteipolitischen Reflexen, durchaus konstruktiv.

Seit dem Jahr 2013 gibt es in allen 25 Münchner Bezirksausschüssen einen oder mehrere Beauftragte gegen Rechtsextremismus. Im BA 21 sind dies Stadträtin Constanze Söllner-Schaar (SPD) und Sven Wackermann (CSU). Laut Satzung sollen sie unter anderem demokratische Aktionen gegen Rechtsextremismus im Stadtbezirk fördern und Ansprechpartner für die Bürger sein, sie sollen Vernetzungsarbeit leisten zwischen der Stadtverwaltung, den Bezirksausschüssen sowie Vereinen und Initiativen.

"Wir wollen mit unserem Antrag nichts verwässern", erläuterte FDP-Mann Klement Bezdeka. Aber es gebe Extremismus nun mal auch von linker Seite und unter religiösen Gruppierungen. Es gelte, Extremismus zu bekämpfen, egal aus welcher Richtung er aufscheine. Allerdings zitierte Bezdeka auch den Sicherheitsreport 2016 des Polizeipräsidiums München. Dieser weise aus, dass die Zahl politisch motivierter Straftaten aus dem linken Spektrum im Vergleich zu 2015 um sieben Fälle auf insgesamt 527 Delikte angestiegen sei. Die Zahl der als rechtsmotiviert eingestuften Delikte sei von 433 auf 437 angewachsen.

BA-Vorsitzender Romanus Scholz (Grüne) sah in dem Antrag eine unzulässige Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus. Als Beispiel nannte er die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und die Umtriebe der Reichsbürger. Scholz lehnte die Umbenennung der Beauftragten grundsätzlich ab. "Ich muss mich schon wundern, als ob es Extremismus erster und zweiter Klasse gäbe", reagierte Winfried Kaum (CSU) und gab zu bedenken, dass es auch Antisemitismus von linker und islamistischer Seite gebe. Darauf habe auch jüngst die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hingewiesen.

Angela Scheibe-Jaeger aus der SPD-Fraktion brachte eine Art Kompromissvorschlag ins Spiel, der im Gremium allgemein Befürworter fand. Man könnte, so Scheibe-Jaeger, künftig von Beauftragten "für Demokratie und gegen Extremismus"sprechen. Eine Lösung, mit der Amtsinhaberin Constanze Söllner-Schaar leben kann. Sie erinnerte das Gremium daran, dass ja auch die 2008 eingerichtete Fachstelle der Landeshauptstadt mittlerweile eine Namensänderung erfahren hat; von der "Fachstelle gegen Rechtsextremismus" zur Fachstelle "für Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit". Söllner-Schaars Anregung, die Vorsitzende der Fachstelle Miriam Heigl in den Bezirksausschuss einzuladen und ihre Haltung zum Thema nach den Vorkommnissen in Hamburg abzufragen, fand keine Unterstützung. Auch eine Vertagung des Themas wurde abgelehnt, weil sich abzeichnete, dass man sich im Grunde in der Sache einig war.

Das Abstimmungsergebnis fiel denn auch eindeutig aus. Bei nur zwei Gegenstimmen aus der Fraktion der Grünen - neben Romanus Scholz auch Florian Buchner - votierte das Gremium für die Umbenennung seiner Beauftragten. Und nicht nur das: Künftig sollen laut ihrem Beschluss die Bezeichnung "Beauftragte für Demokratie und gegen Extremismus" in ganz München gelten. Was allerdings an anderer Stelle zu entscheiden sein wird.

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