Pasinger Pumpenwerk:Kulinarische Wundertüte

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Da ist für jeden was dabei: Die Einrichtung in den Räumen des Pasinger Pumpenwerks ist ebenso bunt gemischt wie die Speisekarte. (Foto: Stephan Rumpf)

Pasta, Sushi, Pizza, Salate, Drinks, Kuchen: Die Karte im Pasinger Pumpenwerk ist so bunt gemischt wie die Einrichtung. Aber die üppig belegten Pizzen, die reichen für zwei.

Von Gertrude Fein

Dieser Text ist leider veraltet, dieses Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

"Eine Wundertüte ist eine verschlossene, runde oder rechteckige Tüte. . . in der sich eine oder mehrere sogenannte Überraschungen befinden. . . Ebenfalls als Wundertüte wird gelegentlich wegen seiner tütenförmigen Form und der wunderlichen Wirkung ein Joint bezeichnet." Soweit die Online-Enzyklopädie Wikipedia.

Das Pumpenwerk in Pasing, ein alter Ziegelbau, von dem aus früher das weiche Würm-Wasser für die Dampflokomotiven zum Bahnhof gepumpt wurde, gleicht einer riesigen Wundertüte, angefangen vom Bau über den Service bis hin zu den Speisen. Die Einrichtung der Räume ist ebenso bunt gemischt wie das Angebot auf der Karte. Im Erdgeschoss gibt es eine Bar, einen etwas schummrigen Gastraum mit modernen roten Polsterbänken und Stühlen, die mit pinkfarbenem Plüsch bezogen sind. Im lichtdurchfluteten Glasanbau prangt alles in Grün. Die Küche ist offen, sodass die Gäste sehen können, wie ordentlich hier gearbeitet wird. Der große Raum im ersten Stock ist fast ganz in Weiß gehalten, an den Wänden nostalgische Film- und Autoplakate. Unter seiner Balkendecke hängt eine riesige Kugel mit Metallblumen. Eine geräumige Dachterrasse und eine wunderschöne Terrasse zu ebener Erde, über der nachts bunte Lampions schweben, bieten viel Platz an wärmeren Tagen.

Das Konzept, für jeden etwas zu bieten, und das von morgens neun Uhr bis nachts um eins, geht anscheinend auf. Der Laden brummt, trotz Anlaufschwierigkeiten, seit der Eröffnung im Frühjahr. Etliche dieser Schwierigkeiten haben sich leider gehalten. Manche Speisen kamen mit unerklärlicher Verspätung, Beilagen stimmten nicht mit den Angaben auf der Karte überein, eine Pizza wurde erst geliefert, als die leer gegessenen Teller der Mitesser bereits abgeräumt wurden. Aber das Personal schaffte es mit freundlichem Charme, dass kein größerer Ärger zurückblieb.

Warum immer dieser Baby-Quatsch?

Aus der Wundertüte des Pumpenwerks purzeln in wilder Mischung rund ein Dutzend Frühstücksvariationen, Puppensemmeln, auch "Puppi's" genannt, Pasta, Sushi, Pizza, Fischgerichte, Salate, Drinks, Kuchen und und und. Fleischgerichte erscheinen nur auf der jeweiligen Tageskarte, wie beispielsweise einmal recht gekonnt gebratenes Fasanenfilet mit Gemüse (19,50 Euro).

So unterschiedlich wie das Angebot, war auch die Qualität der Zubereitung. Auf die von Gemüse scheint man in der Küche besonderen Wert zu legen. Alles, was davon auf den Tisch kam, ob Gemüse-Antipasti (10,50) oder Beilagen, war frisch, abwechslungsreich, angenehm fest und individuell gewürzt. Auch alles, was Flossen oder Tentakel hatte, verdiente Lob. Der Zander mit Kapern und Gemüse in Zitronensoße (10,50) von der Mittagskarte überzeugte ebenso wie der Loup de Mer mit köstlichem, lauwarmem Kartoffelsalat (15,50) und die Portion "Baby-Calamari diavolo" (14,50).

Aber wieso können diese Viecher in München, wo man sich doch so viel einbildet auf seine "Italianità", nicht wie in Italien Calamaretti genannt werden? Seit Jahren ist dieser Baby-Quatsch - wie Baby-Steinbutt oder Baby-Pute - Mode. Warum nicht auch Baby-Rind oder Baby-Schwein? Weil sie uns so lieb anschauen? Im Pumpenwerk gibt es auch Baby-Spinat, nämlich auf der Pizza Spinaci. Kannte man früher nur von den Gläschen mit einem strahlenden Säugling auf dem Etikett oder vom Brei an der Tapete.

Pizzateig anscheinend aus Dinkelmehl

Wer Pizza (7,50 bis 13,50) bestellt, sollte richtig Hunger mitbringen, weil jede so groß und so üppig belegt ist, dass meist auch zwei Personen davon satt werden. Vor allem, wenn sie sich dazu noch einen der reichhaltigen Salate teilen. Der Pizzateig wird anscheinend aus Dinkelmehl geknetet, was den Boden besonders knusprig macht.

Mit den Nudelgerichten hatten wir weniger Glück. In einem abgrundtiefen Teller - auch so eine Mode - wurden ein bisschen arg al dente belassene Rigatoni bolognese serviert, darüber Unmengen einer annehmbaren Fleischsoße, die aber völlig sinnlos mit Blumenkohlröschen versetzt war (7,50). Ein übler Reinfall waren an einem Abend die Spaghetti di Mare (11,50), auch wenn sie Jugenderinnerungen weckten. Die stark zerkleinerten Meeresbewohner schwammen in viel zu viel Tomatensoße, deren Geschmack verblüffend an Dosenravioli ähnelte, die - lang, lang ist's her - bei keinem Zeltlager fehlten.

Die Weinpreise sind selbst für Münchner Verhältnisse eine Zumutung. Der fruchtige Sauvignon aus Frankreich mit 6,50 Euro für 0,2 Liter war schon zu teuer. Aber bei 3,90 Euro für 0,1 Liter Nero d'Avola oder gar 4,50 Euro der gleichen Menge Lugana könnte man fast auf die Idee kommen, der Pächter des Pumpenwerks hätte bei der Preisauszeichnung eine Wundertüte geraucht.

© SZ vom 24.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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