Pasing:Ein Zeichen der Solidarität

Nach dem Brandanschlag auf dem Gelände der Moschee demonstrieren mehr als 100 Menschen gegen Ausgrenzung

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Dienstagabend kurz vor Sonnenuntergang an der Planegger Straße. Gut hundert Menschen fassen sich an den Händen, blicken nach Osten und stehen für einen Augenblick wie eine Schutzmauer vor der Hacı-Bayram-Moschee. Es ist ein Bild von großer Symbolkraft. Dann lösen sie sich wieder voneinander und diskutieren noch eine Weile in Grüppchen auf der Straße. So entspannt und harmonisch diese Szene anmutet, so beunruhigend ist der Anlass. Am 24. Juni, kurz nach 4 Uhr morgens, war an einem Gartenhaus in nur eineinhalb Metern Abstand zum Hauptgebäude des türkisch-islamischen Kulturzentrums ein Brandsatz entzündet worden. Imam Abdullah Hackali, der zu dieser frühen Stunde schon in der Moschee war, ist es zu verdanken, dass das Feuer nicht auf das Gotteshaus übergriff. Er konnte den Brand löschen. Ein Schock für die Mitglieder der Gemeinde, die jetzt zu einer Solidaritätskundgebung eingeladen hatte. Mit anschließendem Fastenbrechen, denn es ist Ramadan.

"Können wir uns hier noch sicher fühlen?" - Diese besorgte Frage aus der Gruppe der Teilnehmer ging an Klaus Böhmert, den Leiter der Münchner Kripo, der gekommen war, um über den Stand der Ermittlungen Auskunft zu geben. "Wir sind uns sicher, dass die Polizei die Täter dieser feigen Tat baldmöglichst finden wird. Die Polizei genießt unser vollstes Vertrauen", hatte Volkan Türlü, der Sprecher der Gemeinde, zu Beginn der Veranstaltung betont.

Pasing Moschee

"Wir sind hier, wir sind viele und wir passen aufeinander auf!" - mehr als hundert Muslime und Nichtmuslime bilden eine Menschenkette vor der Pasinger Moschee.

(Foto: Florian Peljak)

Die Erwartungen an die Beamten sind hoch, auch deshalb, weil die Moschee im September 2001 schon einmal Ziel eines Anschlags war, die Täter jedoch nie gefasst wurden. Damals hatte, ebenfalls frühmorgens, ein Fußgänger einen Molotow-Cocktail mit brennender Lunte vor dem Kulturzentrum entdeckt. "Wir haben noch keine heiße Spur", räumte Kriminaldirektor Böhmert im aktuellen Fall ein. Eine fünfköpfige Ermittlergruppe arbeite jedoch "unter Hochdruck" und sei in engem Kontakt mit den Kollegen vom Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz. 2000 Euro seien zur Ergreifung der Täter ausgesetzt, über deren Motiv man ebenfalls noch kein klares Bild habe. Für Münchens Moscheen, auch für die Pasinger, habe man spezielle Schutzmaßnahmen ergriffen, es werde verstärkt Streife gefahren. "Haben Sie Vertrauen in die Polizei!", appellierte er.

Vermied es der Kriminaldirektor, das Wort "Anschlag" in den Mund zu nehmen und den fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat als erwiesen zu betrachten, bestand für die vielen Redner an diesem Abend kein Zweifel, dass sich die Brandschatzer in einem rechtsextremistischen Umfeld bewegen. "Unsere Gemeinden sind besorgt und verunsichert, dass wir als Muslime immer mehr Ausgrenzung und Anfeindungen erfahren", sagte Aykan Inan, der der Islamischen Religionsgemeinschaft DITIB in Südbayern vorsteht. Es sei kein Zufall, dass die Pasinger Moschee, die für ihre Dialog-Arbeit bekannt und mit Minarett und Kuppel eine der auffälligsten in München sei, Ziel einer "offen islamfeindlichen Tat" geworden sei.

Pasinger moschee

Ein Brandsatz aus kleinen Holzstücken löste am Gartenhaus der Moschee ein Feuer aus.

(Foto: oh)

Nükhet Kivran vom Münchner Ausländerbeirat sprach ebenfalls deutliche Worte. Man habe bei den Morden des NSU stets auf einen rassistischen Hintergrund hingewiesen, lange bevor die Behörden in dieser Richtung ermittelten. "Wir verurteilen diesen Anschlag und fordern von der Polizei und vom Innenministerium eine lückenlose Aufklärung", sagte sie unter Applaus. Anders als Klaus Böhmert nimmt sie an, dass es auch nach Auszug der Bewohner aus dem sogenannten "Brauen Haus" in Obermenzing im Stadtbezirk eine rechtsextreme Szene gibt. Kivran lobte in diesem Zusammenhang die Arbeit der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (Aida), des Vereins "München ist bunt" und der Fachstelle für Demokratie der Stadt, die ebenfalls Vertreter zur Menschenkette vor der Pasing Moschee geschickt hatte.

"Ich bin froh, dass niemand verletzt wurde", sagte Rainer Oechslen, Islambeauftragter der evangelischen Kirche in Bayern. Nur mit gegenseitigem Respekt und Wissen übereinander lasse sich religiöser Hass überwinden. Gerade darum habe man sich im Pasinger Moschee-Zentrum seit der Eröffnung 1999 bemüht, betonte SPD-Stadträtin und Bezirksausschuss-Mitglied Constanze Söllner-Schaar. "Unsere Moschee ist im Stadtgebiet fest verwurzelt", sagte sie. Solidaritätsnoten kamen von Romanus Scholz, dem Bezirksausschuss-Vorsitzenden (Grüne), von Stadträtin Julia Schönfeld-Knor (SPD) sowie den Landtagsabgeordneten Florian Ritter (SPD) und Katharina Schulze (Grüne), die ins Mikro rief: "Wir sind hier, wir sind viele und wir passen aufeinander auf!"

Um genau 21.25 Uhr, nach Sonnenuntergang, war es für die Teilnehmer, Muslime wie Nichtmuslime, dann Zeit, sich zum Essen an einen Tisch zu setzen. "Gott mag es bunt", sagte Volkan Türlü.

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