Pasing:Die im Dunkeln sieht man nicht

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Stockdunkle Nacht: Viele Straßen und Wege sind den Pasinger Schülerinnen bei Nacht unheimlich. (Foto: Robert Haas)

Drei Schülerinnen des Bertolt-Brecht-Gymnasiums finden während eines Praxisseminars Wege und Straßen, die nachts Angst machen. Vertreter der Stadt wollen zukünftig für mehr Licht sorgen

Von Hannah Knuth

Pasing - Mit jedem Schritt wird es dunkler auf dem Hellihofweg, dem schmalen Weg entlang der Pasinger Fabrik, der von der Nordseite des U- und S-Bahnhofes zur Theodor-Storm-Straße führt. Mit jedem Schritt entfernt sich der Lärm am Bahnhofeingang, werden die Abstände der Straßenlampen größer, die Büsche zur linken Seite dichter. Es ist der schnellste Weg, um vom Bahnhofsausgang in die Theodor-Storm-Straße zu gelangen - doch keiner, den man nach Sonnenuntergang gemütlich entlang spazieren möchte.

So sehen das zumindest Pia Friesen, Anika Ferko und Anna Schumacher. Die 17-jährigen Schülerinnen des Bertolt-Brecht-Mädchengymnasiums haben in einem Praxisseminar das Projekt "Stadtteilspaziergang Pasing" in Angriff genommen: Welchen Ort im Viertel empfinden junge Frauen bei Dunkelheit als unangenehm, welche Straßenecke wirkt abschreckend, welche Wegeinmündung unheimlich? Um das herauszufinden, haben Pia, Anika und Anna ihre Mitschülerinnen und junge Anwohnerinnen befragt. Eine konkrete Straße oder Kreuzung konnte ihnen niemand so richtig nennen, doch alle waren sich einig: Auf den Straßen rund um den Bahnhof fühlt man sich bei Dunkelheit unwohl.

In den vergangenen Wochen haben die Zwölftklässlerinnen in der Bahnhofsgegend eine Route mit Problemzonen herausgearbeitet, die sie nun an einem regnerischen Abend Vertretern des Baureferates vorstellen wollen. Auch Polizeikommissar Helge Hebestreit ist dabei und erklärt, dass die Bahnhofsgegend sicherlich kein Brennpunkt sei: "2014 gab es hier keine Gewaltdelikte", doch an dem persönlichen Befinden junger Frauen ändere das natürlich wenig. "Und darum geht es uns", erklärt Anika: "Wie kann man dem unbehaglichen Gefühl junger Mädchen an bestimmten Orten vorbeugen?"

Einer dieser Orte ist die Einmündung des Hellihofweges in die Theodor-Storm-Straße. Die jungen Frauen erklären, dass sie an dieser Stelle den Abstand zwischen der Einmündung und der ersten Straßenlaterne als zu groß empfinden, auf den ersten 15 Metern herrscht stockdunkle Nacht. Für Ralf Noziczka, im Baureferat zuständig für Straßenbeleuchtung und Verkehrsleittechnik, ist das allerdings kein Problem. Er verweist auf die zwei Laternen, die nur ein paar Meter entfernt auf Höhe der Theodor-Storm-Straße stehen und den Wegabschnitt aus seiner Sicht genügend ausleuchten. Man wolle zudem an bestimmten Stellen nicht zu viel Licht installieren - schließlich sollten Spaziergänger nachts nicht das Gefühl haben, in den Parkanlagen tatsächlich sicher zu sein.

Nur ein paar Meter weiter, an der Ecke Theodor-Storm-Straße/Bergengruenweg, bemängeln die Schülerinnen das gleiche Problem, wieder ist ihnen der Abstand zwischen der Einmündung und der ersten Laterne zu groß. Diesmal stimmen Ralf Noziczka und Kollege Volker Kreß den jungen Damen zu. "Wir freuen uns, dass die Schülerinnen Engagement zeigen", sagt Volker Kreß. Zwar begehe man viele Strecken regelmäßig, doch nicht unbedingt aus der Perspektive junger Frauen. Das sieht auch Polizeikommissar Helge Hebestreit so: "Wir können alle nur davon profitieren, wenn die Bewohner nicht weg, sondern hinschauen."

Dass die Mädchen hinschauen, haben sie unter anderem Ingrid Standl, Mitglied im Bezirksausschuss (BA) 21, zu verdanken: Seit mehreren Jahren arbeiten der BA und die Bertolt-Brecht-Schule in Praxisprojekten zusammen. Unter Standls Leitung haben Pia, Anika und Anna das Konzept für den Spaziergang entwickelt, fünf gemeinsame Treffen gab es im Pasinger Rathaus.

Die Route der Mädchen führt an diesem Abend unter der Bahnhofsunterführung entlang der Würm bis zum Manzinger Weg. Dort ist fast jede Lampe von Bäumen verdeckt. "Das sind wirklich wichtige Hinweise", sagt Gudrun Kloos vom Gartenbau und notiert sich die Stelle. Für Pia, Anika und Anna ein kleiner, erster Erfolg. Aber die Forderung bleibt: "Wir wollen Veränderungen sehen, eines Tages hier langgehen und uns dann sicherer fühlen."

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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