Pasing:Appetit auf junges Theater

Preisgekrönt: Beim Schultheaterfestival in der Pasinger Fabrik beweisen die jungen Darsteller wahre Schauspielkunst

Von Björn Struss, Pasing

Sie sei hungrig, sagt Hildegard Hadas. Die "Häppchenparade" ist gerade zu Ende gegangen, aber satt ist die bekennende Theatergängerin noch nicht. Vielmehr ist da dieser Appetit auf mehr, auf mehr junges Theater. Denn die 16 jeweils dreiminütigen Kostproben der Theaterstücke, mit der das Münchner Schultheaterfestival in seine 34. Auflage geht, beweisen, wie unterschiedlich eine Bühne genutzt werden kann.

Da ist das Stück "Fadenspiele" des Vis-cardi-Gymnasiums aus Fürstenfeldbruck. Alice, im schwarzem Kleid in türkisfarbenes Licht getaucht, nimmt mit ausdehnenden, grazilen Bewegungen die Bühne für sich ein. Die Stimme jedoch: schüchtern, verletzlich. Das Schauspiel gestaltet sich auf der Häppchenparade als "One-Woman-Show", im kompletten Stück kommen dann aber doch noch zwei weitere Rollen und einige Statisten hinzu. Entworfen und umgesetzt wurde "Fadenspiele" aber lediglich von einer einzigen Abiturientin: Katharina Holzhey. Sie ließ sich durch einen Traum zu der Arbeit inspirieren und verwirklicht sich nun jenen, ihr Werk einem breiten Publikum zu präsentieren.

Einen ganz anderen Geschmack hinterlässt hingegen der Appetitmacher von "Jennerweins Erbe". Gleich sechs Schülerinnen der Aton-Schule in Schwabing erobern die Bühne und sorgen in höchst unterschiedlichen Rollen für kurzweilige Unterhaltung. Zwei Teenager googeln unbedarft nach einem Mordfall der Vergangenheit, als ihnen plötzlich die Beteiligten wahrhaftig erscheinen. Ein Dreigestirn kecker Schulmädchen und die hexenartige, schwarze Trut erwecken die Vergangenheit zum Leben. Die böse Trut wird von der vierzehnjährigen Nicoletta verkörpert. Sie verrät: "Diese Szene haben wir extra für die Häppchenparade eingeprobt."

Ohne viele Proben kommt inzwischen wohl die Inszenierung "spuren.suchen:menschen" aus. Bereits mehrfach wurde die bewegende Inszenierung, die die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderung während der NS-Zeit zum Thema macht, mit Applaus von Publikum und Kritikern bedacht. Höhepunkt war jüngst die Auszeichnung mit dem "Münchner Bürgerpreis für Demokratie - gegen Vergessen", der am 29. Mai verliehen wird. Die dreiminütige Einstimmung bei der Festival-Eröffnung ist ein psychotisches Gewirr wispernder Stimmen. Worte wie "geisteskrank" sind zu hören. Die Schüler des Ernst-Mach-Gymnasiums Haar wollen nachdenklich machen und hinterlassen einige Fragezeichen beim Publikum. Doch womöglich zu viele. Am Dienstag wurde die Vorführung mangels ausreichender Zuschauerzahl kurzfristig abgesagt. Auch Auszeichnungen sind anscheinend kein Garant für Interesse.

Bislang noch ohne Preis, aber nicht minder sehenswert ist Paula Tittel von der Schwabinger Rudolf-Steiner-Schule in "Wenn Augen sich schließen". Darin verarbeitet sie den Tod ihrer Großmutter in einem intensivem Ein-Personen-Schauspiel. "Der Regisseur hat mir geholfen, meine Emotionen zu nutzen, ohne dass ich daran kaputt gehe", sagt Paula. Zwei Entfremdungen helfen ihr dabei: Sie schlüpft in die Rolle von Hannah und verliert ihren Vater, nicht die Großmutter. Schauspielerin will die Achtzehnjährige übrigens nicht werden. "Viel zu unsicher", meint die Tochter zweier Filmdarsteller.

Auch Hildegard Hadas ist auf Paula aufmerksam geworden und hat sich die Vorstellung als eine von Vieren in ihrem Programmheft markiert. "Das war sehr ausdrucksreich", zeigt sich Hildegard Hadas angetan. Bei ihr und ihrem Mann hat die Häppchenparade ganz offenbar die Wirkung nicht verfehlt: viel Appetit auf junges Theater.

Das 34. Schultheaterfestival in der Pasinger Fabrik geht an diesem Donnerstag, 6. April, mit acht Inszenierungen zu Ende. "Jennerweins Erbe" wird um 9.30 Uhr gezeigt, "Wenn Augen sich schließen" um 19.15 Uhr. Erwachsene zahlen fünf Euro Eintritt, Schüler drei Euro.

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