Pasing:Anregungen für Pasings Herz

Der Marienplatz im westlichen Stadtbezirk gilt immer noch als Problemzone. Studenten der Hochschule München haben Ideen für eine Belebung des Areals entwickelt - zum Beispiel Speed-Dating oder ein "Geistertreffpunkt" zu Halloween

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Wer unbelastet von Vorurteilen und sonstigen Zwängen losdenken darf, kommt oft auf bezwingend simple Lösungen: Für den Pasinger Marienplatz beispielsweise, der auch nach seiner Umgestaltung noch als eine Art Problemzone empfunden wird. Die Menschen im Viertel hatten sich mehr erwartet als "Münchens teuerstes Pflaster", als die Diät-Version einer Verkehrsberuhigung und - seit kurzem - eine Batterie roter Pflanzentröge. Doch es gibt Hoffnung.

16 Studierende der Hochschule München, Fakultät Tourismus, haben in diesem Sommersemester eine Fallstudie erarbeitet. "Pasing-Mitte: Erlebe den neuen Marienplatz", lautete die Vorgabe ihres Professors Günther Suchy, selbst Pasinger. Im studentischen Raumlabor sind einige hübsche Nutzungskonzepte entstanden, mit denen Pasings Mitte das ganze Jahr über bespielt werden könnte.

Völlig ohne Vorgaben konnten die Studenten freilich nicht arbeiten. So gab es einige Parameter, die sie in ihren Konzepten beachten sollten. Die Stichworte lauteten hier vor allem "nachhaltig" und "generationenübergreifend". Die Pasinger Bürger sollten sich bei künftigen Veranstaltungen auf dem Platz "in Freiheit begegnen" können, was etwas pathetisch klingt. Gemeint ist laut Günther Suchy, die Bürger sollten sich dort frei bewegen können, "ohne damit rechnen zu müssen, als Konsument oder Kunde missbraucht zu werden". Bei der Ausarbeitung ihrer Ideen hatten die Hochschüler zudem Input von ausgesprochen ortskundiger Seite: So gab es Workshops zusammen mit Kindern der Grundschule an der Bäckerstraße und vom Verein Kultur- und Spielraum in der Pasinger Fabrik.

In konzentrischen Kreisen im Kreuzfugenmuster fügt sich das schöne Pflaster aus Fürstensteiner Granit und Basaltsteine um die Säule mit der Pasinger Schutzpatronin. Genau diese Platzstruktur, so die Anregung der Studenten, könnte im Januar Schablone sein für ein Kerzenmeer, Motto "Pasing leuchtet - Die lange Nacht der Kerzen". Die Geschäfte um den Platz wären geöffnet, die Leute könnten sich in "entspannter, mystischer Atmosphäre begegnen".

Februar und März gehen ins Land, auf dem Marienplatz treffen sich am Ostersamstag und Ostersonntag die Pasinger Kinder zum Ostereier-Bemalen und -Suchen. Im April oder Mai gibt es Frühlingserwachen auf dem Platz: Ein Blumenmarkt mit Verkaufsständen, aber auch Mitmachaktionen wie Kränzebinden schwebt den Studenten vor. Im Juni und Juli heißt es dann "Herzblatt. Pasing verliebt Dich!" Dafür schlagen die Studenten ein Konzept vor, das schon ziemlich ausgereift erscheint: Es soll ein "Speed-Dating" auf dem Marienplatz geben, Frauen und Männer sitzen sich an gedeckten Tischen gegenüber. "Um unangenehmes Schweigen zu verhindern, befindet sich in der Mitte des Tisches eine kleine Box mit anregenden Fragen", heißt es im Herzblatt-Konzept. Die Jüngeren daten am Samstagabend, die "Silver-Agers" Sonntagnachmittag. Da Liebe durch den Magen geht, werden die Pasinger Paare nach dem "Food-Swap-Prinzip" verköstigt. Übersetzt bedeutet das schlicht: Jeder bringt etwas zum Essen mit, teilt und tauscht es mit anderen.

August, Urlaubszeit, wer nicht verreist, trifft zum Fest der Kulturen am Marienplatz, es gilt das Motto "Pasing ist bunt". Ziel ist es laut Idee der Hochschüler, eine "Plattform für gelebte Integration zu schaffen, auf der man feiern, schlemmen und sich kennen lernen kann". Im September wir der Marienplatz Ausgangspunkt für eine Kulturmeile durch das Zentrum: Den verschiedenen Pasinger Künstlern soll auf diesem Boulevard ein Forum gegeben werden. Sofas zum "chillen" stehen dann unter der Mariensäule; Höhepunkt soll ein Poetry-Slam-Open-Air sein.

Oktober, der Herbst zieht ein, und damit ein Kastanien- und Kartoffelfest. Bereits tage vor dem eigentlichen Termin wird an der Mariensäule ein großer Sammelkorb stehen, in den die Pasinger ihre Kastanien werfen können. Auch Halloween wird am Marienplatz nicht unbeachtet bleiben. In der Nacht vor Allerheiligen soll dort ein "Geistertreffpunkt" sein. Gemeinsam werden Kürbisköpfe geschnitzt und das gruseligste Kostüm prämiert. November bringt den Sankt-Martins-Zug an den Marienplatz, und im Dezember schaut dort der Nikolaus an einem kleinen Weihnachtsmarkt vorbei.

Für seine Studenten, berichtet Günther Suchy, sei die Herausforderung gewesen, "ein umsetzbares Bündel an Events zu finden, das sowohl traditionelle als auch innovative Elemente beinhaltet. Eine mögliche, breite Akzeptanz durch die Bürger war unser Fokus". Er zieht ein positives Fazit. In wie weit die Ideen nun in Pasing auf fruchtbaren Boden fallen werden, kann auch der Professor von der Hochschule München nicht sagen. Aber er ist überzeugt: "Das Thema geht auf jeden Fall weiter. In welcher Form ich und die Hochschule München hier weiter machen können, ist noch ungewiss. Gespräche wurden zugesagt. Es bleibt spannend."

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