Parteitag:Zum Wohle des Bezirks

Ministerpräsident Seehofer fordert Ruhe in der Münchner CSU

Von Heiner Effern

Der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle pflegt ein Image als markiger Polterer, Zwischentöne kommen in diesem Profil eher nicht vor. Schon gar nicht, wenn es um die Bewertung des Bezirksparteitags am Montagabend im Hofbräukeller geht. Als Zeichen der Geschlossenheit, der Stärke, wertet er diesen, mit einem eindeutigen Mandat für ein "Weiter so". Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer kann auch die leisen Töne, am Montagabend aber war seine Botschaft laut und deutlich: Er wünscht sich Ruhe in München vor den anstehenden Wahlen, keine Ränkespiele um Posten, auf keinen Fall ein "Weiter so".

Am Ende seiner Rede appellierte Seehofer: "Steht zusammen! Haltet zusammen!" In Richtung von Bezirkschef Spaenle und dessen Stellvertreter Georg Eisenreich formulierte er eine außergewöhnliche Bitte. Sie sollten ihren Münchner Parteikollegen, den Landtagsabgeordneten und Vize-Generalsekretär Markus Blume, nicht als "Gefahr" sehen, sondern als "Chance".

Nun kam Seehofer sicher nicht als Bittsteller, hinter dem freundlichen Satz steckt eine Drohung: Hände weg von Blume, dem er eine große Karriere zutraut. Hintergrund sind einfache mathematische Berechnungen. Der Bezirk wird nach der Landtagswahl 2018 auch nicht mehr als zwei Posten im Kabinett erhalten. Die beanspruchen Kultusminister Spaenle und sein Staatssekretär und Münchner Partei-Vize Georg Eisenreich für sich. Da stört Blume womöglich, und nun lässt der Ministerpräsident auch noch deutliche Sympathien für die Münchner Abgeordnete Mechthilde Wittmann erkennen. Die Arithmetik: Vier Münchner, zwei Plätze. Zwei gewinnen, zwei verlieren.

Es könnte also helfen, wenn Wittmann für die nächste Landtagswahl keinen Stimmkreis mehr erhält. Dieser Plan soll kursieren, ein deutliches Zeichen dafür waren die Vorstandswahlen in Wittmanns Heimatkreis. Schon im Vorfeld stand eine Mehrheit gegen sie, Wittmann verzichtete auf eine Kandidatur als Vorsitzende. Was Blume betrifft, interpretiert die Münchner Spitze Seehofers Ausspruch positiv. Der könne auch bedeuten, dass die Kabinettsplätze von Spaenle und Eisenreich sicher seien. Blume sei keine Gefahr, weil er nach der Bundestagswahl Andreas Scheuer als Generalsekretär beerben werde, da dieser als Minister nach Berlin wechseln werde. Schon gibt es nur noch zwei Kandidaten für zwei Posten.

Natürlich rechnet offiziell in der Münchner CSU-Spitze niemand so. Trotzdem pflegt man auch dort höhere Mathematik: Wie gut die Stimmung im Verband sei, zeigten die Ergebnisse der Wahlen zum Bezirksvorstand am Montag. Chef Spaenle (89,8 Prozent) und Vize Eisenreich (82,96) schnitten gut ab, noch besser Bürgermeister Josef Schmid (92,9), ebenfalls Stellvertreter. Kein Hauch von Kritik an den starken drei, die in München den Ton angeben und, wie Kritiker ihnen unterstellen, die Posten vergeben? Blickt man auf die Ja-Stimmen, fällt zumindest einer ab. Eisenreich erhielt nur 60 positive Voten von 89 Delegierten, das entspricht 67,42 Prozent. Die Lücke zum tatsächlichen Ergebnis erklärt er mit einen Zufall. Gerade bei ihm hätten elf Delegierte versäumt, ihren Zettel abzugeben. Einer aus der Parteispitze führt die mangelnde Zustimmung für Eisenreich aber auch darauf zurück, dass dieser manchem auf die Zehen steigen musste, zum Wohle des Bezirks. Und Seehofers Einschreiten sieht man entspannt: Das sei dessen Ärger geschuldet, dass die Münchner sich so früh für dessen Rivalen Markus Söder als nächsten Ministerpräsidenten ausgesprochen hätten. Und Personalien, sagt Bezirkschef Spaenle, kläre man in München selbst.

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