Pamela Anderson im Haus der Kunst:Ode an eine Zeitkapsel

Endlich: Die Fotoausstellung "Pamela Anderson - American Icon" wird im Haus der Kunst eröffnet.

Tanja Rest

Schade bloß, dass Pam nicht hier ist. Eben in der Eröffnungsrede ist ihr Name in einem Atemzug mit Marilyn Monroe, Jane Mansfield und Mona Lisa genannt worden, und jetzt hätten wir doch schrecklich gerne mitgekriegt, wie sich Pam zu einem von acht Bodyguards rüberbeugt und ihm ins Ohr raunzt: "Who the fuck is Mona Lisa?"

Gut, man kann nicht alles haben. Immerhin ist die Silikone der Neunzigerjahre drinnen im Haus der Kunst ja in Gestalt von 15 Fotos im Doppel-D-Format vorhanden, auf denen ihre beiden (wie sie jünst Larry King in einem etwas wirren Late Talk anvertraute) rundumsanierten Charakteristika eine zentrale Rolle spielen.

Von den Gästen werden sie wahlweise als "Teile", "Dinger" oder "schon saugeile Möpse" beschrieben, wie man überhaupt sagen muss, dass man es selten mit einem kunstsinnigeren Vernissagenpublikum zu tun hatte.

Zu langweilig für den Playboy

Da mögen die Redakteurinnen der Zeitschrift Glamour Veuve Clicquot ausschenken, wie sie wollen: Endlich einmal gilt die Aufmerksamkeit zumindest der männlichen Besucher ganz und gar dem Œeuvre. Die Hingabe ist so groß, dass sogar Handy-Bilder verschickt werden!

Wen an dieser Stelle Zweifel beschleichen: Der Playboy hat die Bilder des Fotografen Sante D'Orazio abgelehnt, weil sie ihm zu unspektakulär erschienen - der eindringliche Beweis, dass es sich in der Tat um museumsreife Kunst handelt.

Hausherr Chris Dercon kann das natürlich noch viel besser formulieren. "Pamela Anderson ist eine Zeitkapsel, ein Blow-up, ein vergrößerter Fetisch, ihre Nacktheit ein kriegerischer Panzer, der uns an den Verlust unserer eigenen erotischen Vergangenheit erinnert." Das muss man als Zuhörer erstmal verdauen.

Nacktes Phänomen in märchenhafter Gestalt

In der Zwischenzeit tritt Verleger Lothar Schirmer ans Mikrophon, der den Abend bisher am Fuß des Rednerpults verbracht hat, den soeben bei Schirmer erschienenen Pam-Bildband in zärtlicher Umklammerung.

Er gemahnt an die Namensverwandtschaft mit Hans Christian Andersen und schließt folgerichtig, dass man es mit einer "märchenhaften Gestalt" zu tun habe, deren "amazonenhafte Verwegenheit" sich "mit dem Charme einer Wildkatze" paare. "Wer die fünfzig überschritten hat und die nackten Phänomene der Sexualität nicht mit Humor betrachten kann", schließt Schirmer, "ist sowieso verloren."

Wir hingegen möchten gerne zugeben, dass die Pam-Fotos eines ganz gewiss nicht sind: flach.

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