Pädagogik:Fördern und stützen

Der Neubau des Dominik-Brunner-Hauses steht kurz vor der Vollendung. Ein Gespräch mit Leiterin Renate Schemann über die pädagogischen Ziele

Interview von Hubert Grundner

Das Dominik-Brunner-Haus der Johanniter an der Görzer Straße in Ramersdorf steht kurz vor der Fertigstellung. Innenausbau und Möblierung erfolgen in den nächsten Tagen und Wochen. Über das Haus, vor allem aber über die pädagogischen Ziele der Einrichtung sprach die SZ mit deren Leiterin, Renate Schemann. Die 46-jährige verheiratete Mutter eines Kindes ist Sonderpädagogin, sie studierte in den Nebenfächern Psychologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität.

SZ: Die vielleicht wichtigste Frage zuerst: Steht der Eröffnungstermin?

Schemann: Ja, wir eröffnen die Kinderaufnahme am 5. September. Am 13. September ist dann der erste Schultag, und am 16. September wollen wir uns offiziell vorstellen. Es läuft alles. Die eigentliche Eröffnungsfeier wird im Frühjahr stattfinden, dann ist auch der Gartenbereich hoffentlich schon ansehnlich.

Was wurde beim Bau des Hauses besonders berücksichtigt?

Wunderbar war, dass ich von Anfang an bei den Planungen mit eingebunden war. Welche und wie viele Räume brauchen wir, wie groß sollen sie sein und wo gelegen, wo kommt die Krippe hin und wo der Kindergarten - bei diesen Fragen konnte ich mitwirken. Es ist wohl eher selten, dass man Gelegenheit hat, das zusammen mit den Architekten zu entwickeln.

Gibt es ein Beispiel für einen Raum, den Sie unbedingt haben wollten?

Ja, ein ursprünglich vorgesehener Mehrzweckraum im Untergeschoss ist auf meinen Wunsch zur Turnhalle umfunktioniert worden. Oder der Elternsprechraum unter dem Dach - da wurde die ganze Technik nach unseren Wünschen so installiert, dass wir damit auch arbeiten und beispielsweise einen Medienkurs anbieten können.

Pädagogik: Der Neubau des Dominik-Brunner-Hauses steht kurz vor der Vollendung

Der Neubau des Dominik-Brunner-Hauses steht kurz vor der Vollendung

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie viel Nutzfläche steht zur Verfügung?

So 700 Quadratmeter ungefähr.

Das Haus konnte ja nur mit finanzieller Hilfe der Dominik-Brunner-Stiftung realisiert werden. Wie kam diese Kooperation überhaupt zustande?

Es begann damit, dass jemand vom Johanniterorden einen ersten Kontakt zum Vorstand der Stiftung herstellte und auf unsere Arbeit und das schon seit 2009 hier bestehende Johanniter-Kinder- und Jugendhaus hinwies. Daraufhin wurden weitere Kontakte geknüpft, vor dreieinhalb Jahren gab es dann ein erstes großes Treffen.

Hat die Stiftung Einfluss auf das pädagogische Konzept genommen?

Nein, nein. Wir haben lange miteinander geredet. Danach war klar, dass wir einen Kooperationsvertrag machen - und da war mir sehr wichtig, dass sich die Dominik-Brunner-Stiftung aus dem pädagogischen Konzept heraushält, womit sie auch einverstanden war und das auch so praktiziert. Das steht übrigens auch eigens im Vertrag.

Gleichzeitig bestand im Falle des Kinder- und Jugendhauses bereits eine Kooperation mit der Stadt. Gibt es die noch?

Die Stadt hat uns das Haus bisher mietfrei zur Verfügung gestellt. An deren Stelle ist jetzt die Dominik-Brunner-Stiftung getreten, das heißt, sie hat das Grundstück von der Stadt im Erbbaurecht bekommen.

Ändert sich mit der Inbetriebnahme des Neubaus etwas grundsätzlich an Ihrer bisherigen Arbeit?

Der Hortbereich vergrößert sich von bisher drei auf dann sechs Gruppen. Das ermöglicht uns, künftig dann vier Grundschulgruppen anzubieten, also für jede Klassenstufe eine, sowie zwei Jugendgruppen. Im Grunde geht es um eine Erweiterung mit dem bestehenden Konzept, mit dem wir sehr gut gefahren sind. Auch die Räume werden wieder nach diesem Konzept konzipiert - gleiche Möbel, gleiche Anordnung, weil wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht haben. Wirklich neu sind Kinderkrippe und Kindergarten mit jeweils einer Gruppe.

Pädagogik: Sie freut sich auf die Eröffnung: Renate Schemann hat ihr Büro schon bezogen.

Sie freut sich auf die Eröffnung: Renate Schemann hat ihr Büro schon bezogen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie viele Kinder und Jugendliche werden dann hier demnächst betreut?

Wenn wir erweitert haben, sind es um die 100 bis 110; bislang waren es 36.

Welchen Personenkreis, welche Kinder wollen Sie ansprechen?

Unser Hortkonzept zielt auf sozial benachteiligte Kinder, die nicht in großen Hortgruppen untergebracht werden sollten, weil sie dort untergehen würden, beziehungsweise keinen Hortplatz bekommen haben - vielleicht weil ihre Eltern mit der Anmeldung überfordert waren. Diese Kinder haben oft in verschiedenen Bereichen einen Förderbedarf. Das kann ganz pragmatisch Sprachförderung sein. Es kann aber auch ein sozialer oder emotionaler Förderbedarf bestehen, also wenn Kinder beispielsweise sehr scheu sind oder im Gegenteil rabaukenhaft oder sie eine klarere Struktur im Tagesablauf benötigen. Das sind die Kinder, die wir wollen. Der wichtigste Hintergrund ist immer die soziale Benachteiligung. Ein weiterer Faktor ist dann oft ein Flüchtlings- und Migrationshintergrund.

Wie finden die Kinder, beziehungsweise ihre Eltern üblicherweise zu Ihnen?

Das hat sich sehr geändert. Natürlich werden noch immer viele Kinder von Bezirkssozialarbeitern, Lehrern, Ärzten, Logopäden und Nachbarn vermittelt. Inzwischen kommen aber sehr viele Eltern zu uns, weil es sich herumgesprochen hat: Wenn mein Kind bei den Johannitern unterkommt, kann es sich schulisch und als Persönlichkeit gut entwickeln. Für den Neubau sind wir jedenfalls bis auf zwei Plätze schon komplett belegt.

Und wie sah die Suche nach Personal aus?

Das ist im Bereich Kinderkrippe und Kindergarten unsere große Sorge, wir finden kaum Erzieher, drei fehlen uns noch. Das ist ein echtes Drama. Für den Hortbereich sieht es dagegen gut aus.

Welche Kosten kommen auf Eltern zu?

Im Hortbereich zehn bis 20 Euro monatlich, ein eher symbolischer Beitrag. Aber auch in Kinderkrippe und -garten werden Eltern finanziell unterstützt: Je nach Einkommen reichen ihre Beiträge von null bis 80 Euro, wobei die meisten Eltern sehr wenig bezahlen müssen. Wir arbeiten in der gesamten Einrichtung nach der Münchner Förderformel.

Das Kinder- und Jugendhaus ist schon mehrmals für seine Arbeit ausgezeichnet worden. Planen die Johanniter nach diesem Vorbild weitere Einrichtungen?

Eventuell, es gab schon Gespräche. Eigentlich sollte sich die Stadt mehrere solcher Häuser leisten, weil wir genügend Menschen haben, die diese Art der Förderung und Unterstützung brauchen. Und der Erfolg zeigt: In 80 Prozent gehen unsere Kinder auf Orientierungsschule, Realschule, Gymnasium - was man vorher nicht für möglich hielt. Und diese Kinder sollen ja später unsere Renten, unsere Gesellschaft tragen. Gibt es also etwas Sinnvolleres, als so etwas aufzubauen?

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