P1:Wir sollten gedemütigt werden

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Das P1 ist einer der exklusivsten Clubs Deutschlands. Berühmt-berüchtigt ist die Auslese am Eingang. Wir wollten am Türsteher vorbei. Mitten rein in die Münchner Schickeria. Unbedingt.

Lars Langenau

"Clubs sind Wesen wie Du und ich. Sie werden geliebt, gehasst, benutzt, verlassen. (...) Kurz, man kommt durch die Tür, und man weiß, man ist angekommen." Aus dem Intro der Website des P1.

Wer will da lachen? Die Tür des P1 ist hart. (Foto: Foto: Ruth Schneeberger)

Es hat nicht geklappt. Wir sind nicht reingekommen. Unsere Eitelkeit war zutiefst verletzt. Die Tränen liefen an unseren Wangen herunter.

Eine Antwort auf die durchaus seriöse und berechtigte Frage "Warum nicht?" bekamen wir nicht. Wir stellten uns die Frage ehrlich. Schließlich hatten wir ein ordentliches Hemd an, trugen sogar eine lange Hose, obwohl es warm war. Und hatten auch keine Jesuslatschen an, wie noch am Nachmittag. Wir waren frisch geduscht, stellten unser klappriges Fahrrad nicht in Sichtweite der Türsteher ab und waren für Nachtschwärmer relativ früh dran. Doch irgendwie beschlich uns frühzeitig die dunkle Ahnung, dass wir hier nicht reinkommen würden - und genau deshalb für diesen Job ausgewählt wurden. Man wollte uns demütigen.

Wir bettelten, wir flehten, wir drohten. Es half nicht. Wir sagten mit einem süffisanten Lächeln ins grelle Scheinwerferlicht am Eingang, dass wir sicher schon über 18 Jahre alt seien. Wir erzählten, dass wir einen Clubtest für sueddeutsche.de machen würden, und ernteten nur das müde Lächeln des Türstehers ("Haha, ein spontaner Clubtest. Sehr guter Einfall."). Wir drohten - und erfuhren nur Achselzucken.

Wir verlangten nach dem Geschäftsführer - und mussten unsere Visitenkarte rausrücken. Schließlich griffen wir zum Handy - und holten den Society-Reporter der SZ aus dem Bett. Dann drückten wir dem Geschäftsführer unser Mobiltelefon in die Hand. Und plötzlich öffneten sich die Tore aus muskelbepackter Körpermasse.

Doch drin

Wir haben es dann also doch noch geschafft. Mit ziemlich viel Bohei. Ins sagenumwobene P1. Man muss eben doch "die richtigen Leute kennen, die die richtigen Clubs kennen", wie ein Kumpel ob des fast verzweifelten Einlasserpressungsversuchs mehr ironisch als anerkennend meinte.

Doch was macht man hier vor 24 Uhr? Doof in der Ecke rumstehen? Sich diebisch freuen, es nun doch in die "Mutter aller Clubs" (O-Ton der Website Münchenflirt) geschafft zu haben? Beglückt sein, echte "Entscheider" zu kennen, die einem die Tür zur Münchner Schickeria öffnen können?

Wir redeten erst mal mit dem Geschäftsführer Klaus Gunschmann, der uns sagte, dass viel dummes Zeug über das P1 geschrieben wird und sich das durch diesen Artikel nun vielleicht ändern werde. Schließlich sei man ein "ganz normaler Club". Außerdem hätte man uns zunächst nicht ("unmöglich") reingelassen, weil "drei Männer auf einmal würde uns den Club kaputt machen".

Nun, wir sind keine Schlägertypen - und sehen auch nicht so aus. Aber meine Kumpels heuchelten Verständnis, schließlich waren sie vor allem wegen der vielen aufregenden Frauen da, von denen es im P1 nur so wimmeln soll. Selbstverständlich habe man nichts gegen Männer um die 40, aber so geballt sollten sie dann auch wieder nicht auftreten. Es sei eben das richtige Marketing und Auswahlverfahren an der Tür, das über Erfolg und Misserfolg von Clubs entscheide.

Der inzwischen sehr joviale, also sehr münchnerische Geschäftsführer versicherte uns, dass heute Abend noch Jon Bon Jovi, die Schauspielerin Bai Ling und (sowieso) Olli Kahn und seine Freundin da sein werden.

Nun standen wir vor mehreren Problemen: 1. Wir wissen nicht, wie Bon Jovi aussieht. 2. Den Namen Bai Ling mussten wir erst googlen und hatten uns My Lai vermerkt, das jedoch das Symbol eines schlimmen amerikanischen Kriegsverbrechens in Vietnam ist. 3. Wir haben keine Ahnung, ob wir die Freundin vom Torwart-Titan mit Verena, Verona oder so ähnlich ansprechen sollten, falls wir ein paar dumme Fragen an sie stellen dürften. Und wir hatten die Warnung im Ohr, dass es "erst so gegen 1.30 Uhr richtig losgeht" und in der Bude dann bis um 4.30 Uhr kracht. Und wir waren schon gegen 23 Uhr ziemlich müde.

Stolze Preise

Also stellten wir uns doof in die Ecke im großen Außenbereich der Disco, bestellten was zum Trinken und wollten gaffen. Doch dann glaubten wir an einen Hörfehler, als wir mehr als 30 Euro für ein Bierchen, ein klitzekleines Gläschen Cola-Gummibärchengesöff und eine handelsübliche Cola-Rum bezahlen sollten.

Für den freien Eintritt wurden wir mit saftigen Preisen bestraft - und hatten es leider versäumt, mit der Redaktion Spesen für den Abend auszuhandeln. Die anderen Gäste störten sich nicht daran: Der Wodka wurde in Pullen bestellt - das war auch die einzige Chance, an einen der Sitzplätze zu kommen.

Als besonders eifrige Trinker fielen die ansonsten ziemlich sittenstrengen Araber auf, von denen zwei ihre Ferraris mit Nummernschildern aus Dubai direkt vor dem Eingang geparkt hatten. Uns wurde erklärt, dass die via Privat-Boeing aus dem Wüstenstaat in den Freistaat geflogen wurden. Was kostet dagegen schon eine Flasche Wodka?

Paris Hilton und Nicole Richie

Dann entbrannte auch noch ein Streit über die Frage: "Sind die Frauen hier nun hübsch - oder nur rausgeputzt?" Um es vorwegzunehmen: Wir fanden keinen abschließenden Konsens. Die meisten sahen so aus wie Paris Hilton und Nicole Richie: alle sehr dünn, mit ziemlich kurzen Röcken, alle mit Handtäschchen unterwegs. Die Täschchen, so erklärte mir mein Kumpel, müssten sein, denn Hosentaschen, in denen sie ihre Haustürschlüssel verstauen könnten, gibt es in dieser Welt nicht.

Draußen mischte sich das Publikum mit sonnengegerbten Familienvätern weit über 50 nebst jüngeren Ehefrauen und gerade der Pubertät entwachsenen Töchtern, die wie Klone ihrer Mütter wirkten. Und ein paar Anzugträger, die noch von einem vorherigen Fest eines großen britischen Telekommunikationsunternehmens übrig geblieben waren. Übrigens hat man auch große Chancen, wenn man in Dirndl oder Lederhosen kommt.

Und ansonsten? Die coole Inneneinrichtung mit viel Schwarz wurde nach der Komplettrenovierung vor ein paar Jahren verbaut: Flachbildschirme für Porsche-Werbung, schwarze Ledersofas, Sitzecken, die gleich die Hierarchie klarmachen (Olli darf bestimmt oben sitzen - wir mussten unten rumstehen), und dezent changierende Leuchtdioden wie im Wellnessbereich eines Tophotels. Und 'ne kleine Pizzabäckerei.

Und tatsächlich: Um 1.30 Uhr war es bumsvoll. Ein paar der angeheiterten Damen tanzten auf den Tischen und auf diversen Sitzecken in den Eingeweiden des Gewölbes. Manchmal hat der Redakteur es schwer. Jedenfalls hielten wir zum Wohle von sueddeutsche.de bis fast 3 Uhr aus. Doch wir sahen weder Bon Jovi noch Bai Ling oder My Lai noch Kahn noch Freundin.

Dann gingen wir. Jeder für sich alleine - ohne scharfe Braut im Arm, ohne Flasche Schampus in der anderen Hand und ohne ein rotes Näschen. Ohne den Atem der Prominenz in direkter Nähe gespürt zu haben.

Aber irgendwie sind wir uns sicher: Die kam wohl erst ein akademisches Viertelstündchen nach unserem Abschied.

Und wir dachten uns ganz still und heimlich: "Clubs sind Wesen wie du und ich. Sie werden geliebt, gehasst, benutzt, verlassen."

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http://www.p1-club.de

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