"Oper für Alle":Wenn Jonas Kaufmann die Nase auf die Straße steckt

Jonas Kaufmann bei der Spendengala 'Die Goldene Deutschland' in München, 2015

Der deutsche Tenor Jonas Kaufmann fühlt sich in der Bayerischen Staatsoper angekommen.

(Foto: Robert Haas)

Der Startenor gewöhnt sich langsam an den Trubel um seine Person - nur nicht an Restaurantbesucher, die heimlich fotografieren.

Fotos mit Fans am Flughafen, Autogrammwünsche in Restaurants: Opernsänger Jonas Kaufmann hat sich mittlerweile an den Starrummel um seine Person gewöhnt. "Wenn ich in München in der Nähe der Oper nur die Nase auf die Straße stecke, kann ich gleich den Stift zücken", sagt er im SZ-Interview. Ob ihn das stört? "Meistens nicht", antwortet Kaufmann. Schließlich sei die große Aufmerksamkeit ein Beleg dafür, "dass die lange totgeglaubte, klassische Musik doch in gewissen Bereichen so beliebt ist, dass sie die Leute animiert, über ihren Schatten zu springen".

Und trotzdem sei der Rummel um seine Person für ihn auch eine Gratwanderung. Manchmal wundere er sich schon über seine Anhänger, "wenn jede Hemmschwelle fällt". Überhaupt nicht mag der Startenor etwa, wenn Fans in einem Restaurant heimlich Fotos vom Nachbartisch aus machen. Das Gefühl, dass zu jeder Sekunde eine Kamera auf ihn gerichtet sei, könne gerade bei vermeintlich privaten Momenten stören. "Da gehe ich dann doch manchmal hin und sage, jetzt haben Sie, glaube ich, genug Fotos gemacht."

An diesem Sonntag steht Jonas Kaufmann mal wieder im Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn auch weniger als geplant. Die Bayerische Staatsoper gibt Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" - und ursprünglich war geplant, den Auftritt bei der "Oper für alle" nach draußen zu übertragen. Das aber wurde kurzfristig abgesagt. "Die Staatsoper und alle ihre Mitarbeiter, Sänger und Musiker trauern um die Opfer von letztem Freitag", heißt es in einer Mitteilung.

Man habe sich zwar dazu entschlossen, die Vorstellungen wie geplant zu spielen, "um mit unserer Kunst Trost zu spenden. Es scheint uns aber nicht der richtige Zeitpunkt für eine sommerliche Großveranstaltung vor den Toren des Hauses zu sein, wenn in unmittelbarer Umgebung getrauert wird", so Staatsintendant Nikolaus Bachler. Dass die Übertragung ausfalle, sei auf der einen Seite schade, sagt Kaufmann. "Auf der anderen Seite finde ich es schwer, in unmittelbarer Nähe zum Trauerakt einen unbeschwerten Sommerabend zu feiern."

Für ihn mache es keinen Unterschied, ob er vor 2000 oder 20 000 Menschen singe, sagt Kaufmann. Dass eine Vorstellung auf den Max-Jospeh-Platz übertragen werde, "wird mir meist erst dann wieder bewusst, wenn mich Thomas Gottschalk interviewt". Er glaube nicht, "dass jemand einen Ton, eine Phrase, eine bestimmte Bewegung anders macht, nur weil er weiß, da schauen mehr Leute zu als sonst." Wenn er bei Auftritten etwas anders gestalte, dann nur aus einem spontanen Impuls heraus. "Idealerweise sollte man ja an jede Aufführung so herangehen, als würde man das Stück zum ersten Mal machen", sagt Kaufmann. Wobei der 47-Jährige zugibt, dass das Meiste durch die Noten bereits vorgegeben sei. Musikalisch sei es "zu 99,3 Prozent schon das Gleiche", sagt Kaufmann. Aber der verbleibende Rest - die 0,7 Prozent - könnten "sehr wohl den Unterschied ausmachen".

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