Olympiapark:Präzise und reißfest

Lesezeit: 2 min

Kaum sind die "Rolling Stones" gegangen, wird im Olympiastadion zentimetergenau neuer Rasen verlegt. Bis Freitag sollen 321 Rollen festgewalzt sein, schon in zwei Wochen wird auf dem Grün Rugby gespielt - wenn die Soden ordentlich angewachsen sind

Von Nicole Graner, Olympiapark

Drei Dinge braucht man: einen guten Rasen, ein gutes Team. "Und den Herrgott", sagt Michael Amberger. Der Herrgott hat sie bis auf kleine Aussetzer bislang auch nicht im Stich gelassen. Denn wenn es stark regnet, wird der Untergrund zu nass. "Batzig", wie der 55-Jährige von den Stadtwerken München sagt, der für die Areal-Betreuung zuständig ist. Das darf nicht sein, sonst geht der Rollrasen im schlimmsten Fall sogar kaputt. Doch im Moment läuft alles nach Plan: 16 Leute verlegen im Olympiastadion insgesamt 9200 Quadratmeter Rasen. Wieder einmal. Immer wieder einmal wurde der Rasen im Olympiastadion herausgenommen und später wieder ein neuer verlegt. 1996 zum Beispiel. Da war Michael Amberger auch schon dabei, als zum ersten Mal der Rasen im Stadion ausgewechselt wurde. "Da war klar, dass die Sechziger im Stadion spielen würden. Also musste das alte Grün raus", sagt Amberger. Obwohl, wie er sich erinnert, der Papst auf ihm gestanden habe, der Rasen sozusagen ein "heiliger" war. Jetzt wird er nach dem Rolling-Stones-Konzert ausgewechselt. Für das große Rugby-Event in knapp zwei Wochen.

Verlegen, walzen, harken: Die Rasensoden werden so genau wie möglich aneinandergelegt, um die Nahtstellen so gering wie möglich zu halten. (Foto: Florian Peljak)

Eine Art Gabelstapler mit einer langen Spitze spießt riesige Rollen auf, die wie überdimensionales Maki-Sushi aussehen, und transportiert sie zur Verlegemaschine. Dort wird der je 1,8 Tonnen schwere, gepresste Rollrasen eingelegt. Die Maschine legt den Rasen neben die Kante der bereits verlegten Grassoden. Überlappende Streifen werden abgeschnitten, mit Harken zurechtgezogen und festgewalzt, damit die Nahtstellen so gering wie möglich ausfallen. Alles geschieht unglaublich schnell und präzise. Karl Schmidt lenkt die Maschine. So genau, dass nicht viel angepasst werden muss. Er kennt das Stadion in- und auswendig. Schließlich hat Schmidt das Ganze schon ein paarmal gemacht. Auch 1996. Wie Michael Amberger.

Es wird geglättet und bei Bedarf gewässert (Foto: Florian Peljak)

321 Rollen mit einer Breite von 2,20 Metern und einer Dicke von 3,5 Zentimetern werden am Freitag verlegt worden sein. 321 Rollen, die von 21 Sattelzügen ins Stadion geliefert worden sind. Alles ist außerdem eine Frage der Logistik und der Zeit. Schon in einer Woche trainieren die Rugby-Nationalmannschaften auf dem neuen Grün. Auch darf der Rasen nicht lange gelagert werden. Sonst wird das gepresste Grün schnell gelb oder trocknet aus. Schnell verlegen ist also angesagt. Aber im Stadion klappt alles wie am Schnürchen. Amberger ist zufrieden. Mehr als ein Drittel der Fläche ist schon verlegt. Die noch übrig bleibende Erdfläche ist aufgelockert, gedüngt und mit unzähligen Löchern versehen. Damit das Wasser abfließen kann.

Für das internationale Rugby-Spektakel Ende September sollte der Rasen exakt eine Länge von 2,8 Zentimetern haben. (Foto: Florian Peljak)

Poa pratensis. Dieser Name garantiert die Reißfestigkeit des Rasens. "Die Wiesenrispe wurzelt horizontal", sagt Amberger. "Das ist besonders wichtig für einen Rasen, der viel aushalten muss." Und ein bisschen Lolium perenne - Weidelgras. Lange vor der Verlegung hat sich Amberger bei einer Firma in der Nähe von Schrobenhausen den Rollrasen genau ausgesucht. "Diese Firma ist die einzige weit und breit, die 2,20 Meter breite Rollen anbietet", sagt der Mann von den Stadtwerken.

Zwei stille Hoffnungen hat Michael Amberger. Dass dieser Rasen nun mal ein bisschen länger in jenem Stadion bleibt, das er als das Schönste "weltweit" empfindet. "Die Stones dürfen ja wiederkommen, aber dieser gigantische Aufbau!", sagt der 55-Jährige. Dass das Stadion genutzt wird, "sich was rührt", ist ihm allerdings noch viel wichtiger. Doch zunächst hofft er, dass der Herrgott weiter ein Einsehen hat und zum Beispiel auch die Krähen vertreibt. Denn die zupfen zu gerne im neu verlegten Rasen herum. "Und das ist Mist", sagt Amberger kurz und bündig.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: