Olympiapark:Klöppel-Reha

Turmglockenspiel

Nach-Klang: Bis 2007 stand und spielte das Carillon im Olympiapark.

(Foto: Rumpf)

In der jahrelangen Auseinandersetzung über die Rückkehr des seit 2007 eingelagerten Carillons in den Olympiapark setzen die Befürworter jetzt auf leisere Glockenklänge

Von Nicole Graner, Olympiapark

In diesem ganz besonderen Fall fällt es Wolfram Mattern (SPD) schwer, sich mit einem "Nein" abzufinden. Als Arno Hartung, Geschäftsführer der Olympiapark GmbH, bei der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Milbertshofen-Am Hart erklärt, dass der Aufsichtsrat beschlossen hat, den Wiederaufbau und die Inbetriebnahme des Carillons zunächst nicht weiter voranzutreiben, ist ihm nur kurz seine Enttäuschung anzumerken. Dann sofort die Klarstellung: "Ich bleibe dran", sagt Mattern. Eine Antwort, mit der auch Hartung gerechnet hat - "ja, Herr Mattern, das war mir klar, dass Sie das so sagen würden". Hartung sagt das mit einem fast verständnisvollen Lächeln.

Seit Jahren hat das Glockenspiel, das 1972 zu den Olympischen Spielen von der Königlichen Glockengießerei Eijsbouts in den Niederlanden gebaut, auf dem Coubertinplatz errichtet und 2007 wegen Renovierungsarbeiten abgebaut worden war, Lokalpolitiker, Stadt, die Olympiapark GmbH und die Anwohner beschäftigt. Der BA wollte das Glockenspiel, das von den Stadtwerken München zu großen Teilen im Olympiastadion eingelagert wird, unbedingt wieder zum Klingen bringen. Und weil die lauten Glocken den Biergartenbesucher stören könnten, als Kompromiss auf einem Ausweichstandort südwestlich vom Coubertinplatz. Das lehnten das Landesamt für Denkmalpflege und die Stadt auch nach einer aufwendigen Klangprobe kategorisch ab - nur der alte Platz sei der richtige Standort. Damit gab sich der BA, wenn auch zähneknirschend, zufrieden. Bis Dezember 2015. Da stellte Wolfram Mattern im BA überraschend einen neuen Antrag: Das Carillon - damit es überhaupt erklingt - sollte halt an der Original-Stelle wieder auferstehen. Für uns, sagt Hartung, sei, weil man sich nicht habe einigen können, das Carillon vom Tisch gewesen. Dann kam der Antrag.

Zwei Punkte hätten den Aufsichtsrat dazu bewogen, das Carillon nicht mehr in die Planungen einzubeziehen. Zum einen die Kosten-Nutzen-Rechnung; der Aufwand, so Hartung, das Glockenspiel aufzustellen, sei hoch. Der Nutzen, wenn es dann nur wenig bespielt würde, gering. Vielleicht aber, so hofft Hartung, könne das Carillon ja in einem möglichen Olympiapark-Museum ausgestellt werden. Der Olympiapark GmbH gehe es aber vorrangig um die Lautstärke des Glockenspiels. Lautstärke - das nun ist das Stichwort für Wolfram Mattern. Er hat eine Idee, die ihn nicht mehr loslässt. Der Mann, der seit Jahren mit dem BA für das Carillon gekämpft hat, repariert in seiner Freizeit mit großer Leidenschaft Uhren. Viele seiner Freunde klagten, so erzählt er, zum Beispiel über die Lautstärke der Klöppel. Um diese leiser zu machen, habe er sie dann einfach ummantelt. Der Klang sei dann erheblich leiser und nicht mehr so scharf: "Nachdem es bei den Uhren funktioniert, warum soll es nicht auch bei dem Carillon klappen . . .

?" Eine neue Sicht auf die Dinge, der sich Arno Hartung nicht verschließt: "Wenn es tatsächlich Vorschläge gibt, wie die Glocken leiser werden können, dann muss man sich neue Gedanken machen." Ein Carillon gilt als Instrument, aber ob Plastikklöppel den Klang beeinträchtigen? "Es klingt dann weicher", sagt Stefan Duschl, einer der zwei Münchner Carilloneure, "aber ich wüsste nicht, dass es schon Glockenspiele mit Plastikklöppeln gibt." Nach dem Zweiten Weltkrieg hätte man auch, erklärt Duschl, bei vielen großen Kirchturmglocken weichere Metall-Klöppel eingebaut, um die Glocken zu schonen. Bei einem Carillon würden weichere Klöppel der musikalischen Qualität seiner Meinung nach nicht schaden. Das sieht Joep van Brüssel, der stellvertretender Direktor der Königlichen Glockengießerei Eijsbouts, anders. Natürlich könne man, so sagt er, Plastikklöppel einbauen, aber dann wäre das Glockenspiel auch ein anderes Instrument, weil sich die Obertöne verändern würden. Allerdings gäbe es, so van Brüssel, eine ganz andere Lösung: "Man kann den Abstand der Klöppel zur Glockenwand verringern." Dann würden die Klöppel nicht mehr so weit schwingen und, so glaubt van Brüssel, um fast 50 Prozent leiser klingen. Ein großer Aufwand sei der Umbau nicht.

Das Thema Glockenspiel ist also auch im Jahr 2016 noch nicht vom Tisch. Vielleicht müssen einige der Glocken, die derzeit bei einer Spezialfirma für Glockenbau in Bayreuth lagern, dann tatsächlich zurück nach München gebracht werden. Für eine Klöppel-Reha.

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