Oktoberfest:Wirbel um Sicherheitsvorkehrungen auf der Wiesn

Oktoberfest 2015 - Kehraus

Die Stadt plant künftig "temporäre bauliche Sperren", wenn auf der Wiesn zu viel los ist.

(Foto: dpa)
  • Trotz schärferer Sicherheitsvorkehrungen rät die Stadt zu Gelassenheit. An eine Absperrung des gesamten Areals sei nicht gedacht, sagte Bürgermeister Josef Schmid (CSU).
  • Bei André Borrmann von der Technischen Universität München lassen die Zaunpläne ziemliches Unbehagen aufkommen.

Von Dominik Hutter, Franz Kotteder und Susi Wimmer

Nach dem Bekanntwerden der Pläne für das Sicherheitskonzept des diesjährigen Oktoberfests bemühen sich die Verantwortlichen in der Stadt, den Ball flach zu halten. "Niemand muss befürchten, dass unsere Wiesn wegen der höheren Wachsamkeit ihren Volksfestcharakter verliert", sagte Wirtschaftsreferent und Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Zwar verstärke man, wie berichtet, die Ordnungsdienste und führe künftig Taschenkontrollen durch. Auch würden bei Überfüllung die Zugänge zum Festgelände "vorübergehend durch temporäre bauliche Sperren geschlossen". An eine Absperrung des gesamten Areals durch einen zwei Meter hohen Zaun sei aber nicht gedacht. Das hatte freilich auch niemand behauptet. Die zwei Meter hohen Zäune sollen im Notfall an den Eingängen aufgestellt werden, was faktisch einer Vollsperrung gleichkommt.

In einer Beschlussvorlage für den Wirtschaftsausschuss des Stadtrats ist zu lesen, dass die Anschaffung von zehn Secu-Fence-Boxen empfohlen wird, Kosten: 50 000 Euro. In diesen Blechboxen steckt ein aufgerollter Zaun. Ist die Wiesn voll, soll an den Zugängen ein Stahlseil gespannt und der Zaun wie ein Vorhang ausgerollt werden. Eine Vorstellung, die bei André Borrmann von der Technischen Universität München ziemliches Unbehagen aufkommen lässt.

Der Professor erforscht Personenströme - wie sie zu Open-Air-Veranstaltungen gelangen und wie man schnell evakuieren kann. "Wenn man so etwas plant auf dem Oktoberfest, braucht man ein ganz sorgfältiges Sicherheitskonzept und man muss die Szenerie vorher durchspielen", sagt Borrmann.

Denn würde an den Zugängen plötzlich ein Zaun ausgerollt, könnte dies bedrohlich wirken: Menschen auf der Wiesn wollten womöglich schnell raus, sagt Borrmann. Und die, die draußen stehen, "die wollen noch so schnell wie möglich rein". Zumal wenn die Beteiligten nicht mehr nüchtern sind, könne durch den Zaun eine gefährliche Situation entstehen: "Das Szenario erinnert an die Love-Parade in Duisburg."

"Es wird alles laufen wie bisher"

Der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Niedersachsen hält es für begründet, das Sicherheitskonzept angesichts der Terrorlage zu verschärfen. "Allerdings müssten die Zugangskontrollen tatsächlich so genau sein, dass ein Attentäter mit Sprengstoff nicht durchkommt", sagt er. Alles andere, also oberflächliche Stichpunktkontrollen, brächten nichts.

Pfeiffer sagt, für ihn stelle sich die Frage: Bringt das Konzept tatsächlich einen Zusatz an Sicherheit? Oder liegt eher ein finanzieller Gewinn für die Sicherheitsbranche darin? Die Münchner Polizei will sich noch nicht zu möglichen Änderungen im Sicherheitskonzept äußern. Es gebe noch keine konkreten Planungen, am Polizeieinsatz etwas zu ändern, sagt Sprecher Werner Kraus. "Abgesehen davon müssen wir ohnehin kurzfristig auf die aktuelle Terrorlage reagieren."

Nicht gedacht sei daran, die Öffnung der Zelte wieder von neun Uhr auf zehn Uhr zu verlegen, um Kollisionen von Lieferverkehr und Besucherandrang zu vermeiden, sagt Schmid. Tatsächlich heißt es in der nichtöffentlichen Stadtratsvorlage: "Aus diesen Gründen wird vom Veranstalter sowie von den Sicherheitsbehörden die Notwendigkeit gesehen, die Öffnungszeiten aller Betriebe wieder auf zehn Uhr zurückzuverlegen." Später heißt es dann jedoch, "wenn eine weitere Zutrittsregulierung stattfindet", könnten die Öffnungszeiten "versuchsweise beibehalten werden".

Wiesn-Stadtrat Georg Schlagbauer hält die ganze Aufregung für ein Missverständnis. Seiner Meinung nach ändert sich dieses Jahr nahezu nichts. "Es wird alles laufen wie bisher" - abgesehen davon, dass es anders als 2015 keine zusätzlichen Plätze in den Zelten geben soll.

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