Oktoberfest:Bei den Wiesnplakaten könnte man mehr wagen

Der Kunsthistoriker Thomas Weidner analysiert die Wiesnplakate seit 1952 und kommt zu einem nüchternen Schluss.

Von Franz Kotteder

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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"Schon das erste Plakat stand für eine gewisse Kontinuität. Sein Gestalter Eugen Maria Cordier hatte zwischen 1933 und 1945 viele Plakate für Ausstellungen der Nazis entworfen."

Der Kunsthistoriker Thomas Weidner kennt sich zwangsläufig gut aus mit der Geschichte des Wiesnplakats. Der 54-Jährige ist nicht nur stellvertretender Direktor des Stadtmuseums, sondern auch Leiter der Grafiksammlung des Hauses. "Es gibt keine Veranstaltung", sagt er, "die so lange und so kontinuierlich beworben wird, obwohl diese Werbung eigentlich längst überflüssig ist."

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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"In den Sechzigerjahren ist eine Infantilisierung zu beobachten. Das Münchner Kindl sah da aus wie aus einem Kinderbuch von James Krüss."

Weidner nennt die Zeit zwischen 1952 und 1970 auch die "Steckerlfisch-Phase", weil praktisch immer ein Steckerlfisch abgebildet war - ein Motiv, das danach völlig aus der Mode gekommen ist.

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Die Steckerlfisch-Phase wurde aber schon in den Sechzigern überlappt durch "die Lolek-und-Bolek-Phase" (Weidner), benannt nach einer polnischen Trickfilmserie für Kinder aus dieser Zeit. Grafisch seien die Entwürfe "gar nicht so schlecht", eine gewisse Infantilisierung des Münchner Kindls sei trotzdem festzuhalten.

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Ein Solitär im nun schon 66 Jahre andauernden Wiesnplakatekosmos ist das von 1972. "Das sieht aus wie eine Collage aus dem Kunstunterricht, wo man mit Bildern aus Illustrierten gearbeitet hat", sagt Weidner über den Entwurf von Franz Wischnewski. "Dieses Motiv sticht aus allen anderen heraus. 1972 war ja eine Wende im Selbstverständnis der Münchner. Das hier ist mein absolutes Lieblingsplakat."

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Die Covers von Langspielplatten seien auch "in der Helmut-Kohl-Ära, in der Zeit der weißen Tennissocken" stilbildend gewesen. Weidner sieht zum Beispiel im 1982er-Plakat von Helmut Gratzfeld das Cover des Albums "Abacab" der britischen Band Genesis nachwirken.

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Die Plattencover-Phase war 1994 zu Ende, es folgte "eine neue, sozialdemokratische Phase", bei der vor allem polnische Grafiker zum Zuge kamen - die "Danziger Schule", wie Weidner sagt. Dieser Entwurf beispielsweise stammt von Bozéna Jankowska.

München: Präsentation Oktoberfest-Plakat 2018 mit Bürgermeister Josef Schmid. Gewinner: Designer Dirk Lippmann aus Osnabrück: Himmlisches Oktoberfest.

Quelle: Stefanie Preuin

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In diesem Jahr kürte die Jury den Entwurf von Dirk Lippmann zum Gewinner. "Einhellig", wie Wiesn-Bürgermeister Josef Schmid (CSU) bei der Präsentation im Stadtmuseum sagte. Weidner fordert mit Blick auf die Wiesnplakate der letzten Jahre mehr Mut: "Ein Selbstläufer wie die Wiesn könnte es sich erlauben, mehr zu wagen, weil im Zweifelsfall derjenige, der rausgehen will, seine fünf Mass Bier auch so trinkt."

© SZ.de/fjk//huy
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