Oktoberfest:Vier Millionen Euro teure Anlage soll Wiesn beschallen

U-Bahnhof Theresienwiese während des Oktoberfests in München, 2014

Gut besucht oder besorgniserregend voll? So sah es am mittleren Wiesnsamstag vor zwei Jahren am abgesperrten U-Bahnhof Theresienwiese aus.

(Foto: Schellnegger)
  • Die Tonanlage soll jeden Winkel der Theresienwiese erreichen und im Notfall helfen, das Gelände schnell zu evakuieren.
  • Sie soll nicht gekauft, sondern nur gemietet werden. Dafür würden in den kommenden fünf Jahren mehr als vier Millionen Euro anfallen.
  • Der Stadtrat verhandelt am Mittwoch über die Vorlage von Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Von Franz Kotteder

Sicherheit gibt's nicht zum Nulltarif, und ganz besonders nicht auf dem Oktoberfest. Der Münchner Stadtrat erfährt das am kommenden Mittwoch in seiner Vollversammlung. Dort geht es zwar nur um einen Teilbereich des neuen Sicherheitskonzepts für die Wiesn, aber der hat es in sich. Mehr als vier Millionen Euro will nämlich der Zweite Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid (CSU) von seinen Stadtratskollegen genehmigt bekommen: für eine neue Beschallungsanlage, die im Fall des Falles dabei helfen soll, die Wiesn schnell zu räumen. Mit einer solchen Summe könnte man vermutlich auch zehn Stadiontourneen von internationalen Rockgrößen mit Ton versorgen. Aber die Wiesn erreicht ja auch immerhin gut sechs Millionen Besucher.

Der hohe Preis überrascht auch, wenn man bedenkt, dass die Stadt angeblich auch noch Geld dadurch spart, dass sie die Anlage nicht neu kauft, sondern alle Jahre wieder lediglich anmieten will. Ein Ankauf wäre schon deshalb teurer, weil man dann auch für die Wartung entsprechendes Personal bräuchte: "Eine eigene investive Beschaffung der Anlagen durch die Stadt ist teuer sowie wegen der langen Lagerzeit unwirtschaftlich und technisch ungünstig", heißt es in der Stadtratsvorlage, "eigenes Personal zur Errichtung und zum Betrieb ist bei der Stadt nicht im notwendigen Umfang verfügbar."

Denn die Anlage ist anspruchsvoll konzipiert: Es geht nicht einfach nur darum, an den Eingängen Durchsagen zu machen, wenn die Lage auf dem Festgelände kritisch wird. Wiesn-Chef Schmid wünscht sich ein sehr viel komplexeres Einsatzmittel. Bei den jüngsten Sicherheitsbesprechungen mit der Polizei und dem Kreisverwaltungsreferat - das seit 2011 jedes Jahr wieder das Oktoberfest und sein Sicherheitskonzept als Veranstaltung genehmigen muss - war man sich einig, dass so eine Anlage nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig ist.

Ein paar Lautsprecher mehr reichen also nicht. Man braucht eine komplizierte Technik, durch die jeder Punkt auf dem Oktoberfest mit individuellen Durchsagen erreicht werden kann. Die einzelnen Straßen auf dem Festplatz und die Eingänge müssen trotz des erheblichen Lärms zuverlässig beschallt werden. Und auch in den Bierzelten und Schaustellerbetrieben vom Karussell bis zur Geisterbahn sollen die Durchsagen gehört werden.

Deshalb haben die Verantwortlichen im Notfall sogar die Möglichkeit, drinnen wie draußen dazwischenzufunken und die Musik abzuschalten: "Bei den Lautsprecheranlagen der Bierzelte und Schaustellerbetriebe soll mittels Umschalteinheiten die eigene Musik oder Ansage stumm geschaltet und die Evakuierungsdurchsage zugeschaltet werden."

Wie nötig das sein könnte, dämmerte den Verantwortlichen spätestens nach dem Amoklauf im Olympiaeinkaufszentrum im vergangenen Sommer. Schon ein harmloses Knallgeräusch könne "leicht mit einem bedrohlichen Szenario verwechselt" werden und zu einer Massenpanik führen. Schmid in seinem Papier: "In diesem Fall wie auch im Fall einer tatsächlich bestehenden Gefahr verbreitet sich die Information mittels moderner Kommunikationsmedien annähernd ohne Zeitverzögerung auf dem gesamten Festplatz."

Um den geordnet evakuieren zu können, brauche es eben so eine ausgefeilte Anlage. Erste Testläufe dafür hat es übrigens schon im vergangenen Herbst gegeben: "Am Freitag vor Beginn der Wiesn 2016 erfolgte ein Probebetrieb an zwei Fahrgeschäften, der zufriedenstellende Ergebnisse brachte", heißt es in der Vorlage.

Weil die Anlage schon dieses Jahr in Betrieb gehen soll und dafür eine Menge Rohre und Kabel neu verlegt werden müssen, kommt der Beschluss nun relativ kurzfristig am Mittwoch in die Vollversammlung des Stadtrats. Noch für das laufende Haushaltsjahr rechnet Schmid mit Kosten von rund 750 000 Euro für Planung und Aufbau der nötigen Infrastruktur auf der Theresienwiese, weitere knapp 700 000 Euro sind vorgesehen für die Gerätemiete sowie den Auf- und Abbau der Anlage (und eine entsprechende Risikoreserve bei den Kosten).

Die Anmietung der Anlage muss europaweit ausgeschrieben werden; Josef Schmid strebt einen Fünfjahresvertrag an, was die Miete senken könnte. Das bedeutet freilich auch, dass die knapp 700 000 Euro künftig jedes Jahr anfallen werden, bei den kommenden fünf Oktoberfesten. Bis 2021 werden sich die Ausgaben also auf rund 4,25 Millionen Euro summieren.

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