Oktoberfest 2013:Stammgäste ohne Tisch

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Reservierungen hin oder her: An der guten Stimmung in den Wiesnzelten (wie hier im Hackerzelt) wird sich auch heuer kaum etwas ändern. (Foto: Claus Schunk)

Die Oktoberfestwirte müssen Hunderten Stammgästen absagen. Weil Wiesnchef Dieter Reiter 2013 weniger Reservierungen in den Zelten genehmigt, werden vor allem Firmen weniger Plätze auf der Wiesn bekommen. Aber auch Privatleute sind betroffen.

Von Astrid Becker

Viele Münchner werden in Kürze Post von den Wiesnwirten bekommen, und der Inhalt dürfte sie wenig erfreuen. Darin wird ihnen mitgeteilt, dass sie in diesem Jahr keinen Tisch mehr auf dem Oktoberfest bekommen. Der Grund: Der Stadtrat hatte sich auf Empfehlung von Wirtschaftsreferent und OB-Kandidat Dieter Reiter (SPD) allen Einwänden der Wirtelobby zum Trotz für mehr reservierungsfreie Plätze auf der Wiesn ausgesprochen.

Diesen Beschluss müssen die Wirte nun umsetzen- und vielen Gästen Absagen erteilen. Seit vielen Jahren türmen sich bereits im Januar die Reservierungsanfragen für die kommende Wiesn bei den Wirten. Bevorzugt behandelt wurden grundsätzlich Stammgäste. Darunter verstehen die Wirte Privatleute ebenso wie Firmen, die sich regelmäßig in ihren Gaststätten blicken ließen oder seit vielen Jahren immer am gleichen Tag bei der gleichen Bedienung im Festzelt sitzen.

Neu vergeben wurden Plätze in der Regel nur, wenn einer dieser Stammgäste auf seinen Tisch verzichtete oder unangenehm auffiel. Das, so sagen Wiesnwirte wie Toni Roiderer und Ludwig Hagn, sei nun ganz vorbei. "Wenn beispielsweise einer aus Wanne-Eickel neu einen Tisch bei mir will, weil er auch einmal auf die Wiesn will, kann ich ihm mit der Neuregelung jetzt erst recht keinen mehr geben. Selbst wenn jemand, der immer zwei Tische hatte, nun einen dritten will, hat er keine Chance mehr", sagt Hagn. 700 Briefe habe er bereits verfasst - an Menschen und Firmen, die regelmäßig und mehr als einmal pro Wiesn in seinem Zelt zu Gast waren.

Wie er dürften auch die anderen Wirte verfahren und vor allem Firmen, die mehrfach und großflächig reserviert haben, Absagen erteilen oder ihnen weniger Tische zusagen als bisher. Besonders pikant: Mit diesen Abstrichen müssen wohl auch die Verwaltung der Stadt sowie ihre Beteiligungsgesellschaften rechnen, die regelmäßig zu Gast auf dem Oktoberfest waren.

Ärger mit enttäuschten Gästen sei aber in jedem Fall programmiert, meint Roiderer. Um ihn so gering wie möglich zu halten, haben sich die Wirte geeinigt, schon jetzt entsprechende Briefe nach einer Vorlage ihres gemeinsamen Anwalts Richard Seifert zu verschicken. Deren negativer Inhalt sollte so positiv wie möglich formuliert sein, so die Intention. Zu deutsch: Diese Briefe sollen verdeutlichen, dass die Wirte nur befolgen, was ihnen die Stadt vorschreibt.

Im Einzelnen ist dies folgendes: Unter der Woche müssen 25 Prozent der gesamten Plätze in einem Bierzelt frei gehalten werden, am Wochenende 50 Prozent vor 15 Uhr, danach 35 Prozent. Ausnahmen gibt es nur im kleineren Weinzelt und in der Käfer-Schänke. So hatte es Reiter vorgegeben, um mehr Münchnern einen spontanen Wiesnbesuch zu ermöglichen. Zudem sollte der zunehmenden baulichen Verkleinerung der Mittelschiffe zugunsten der Boxen, die bislang komplett reserviert werden durften, ein Riegel vorgeschoben werden. "Bei den Reservierungen muss etwas passieren. Die bisherige Situation ist einfach unerträglich", begründete der Wiesnchef seinen Vorstoß.

Oppositionspolitiker und Wiesnwirte hatten Bedenken gegen diese Pläne geäußert: mal lauter, meist hinter vorgehaltener Hand. Die neue Regelung werde nicht den Münchnern zugute kommen, so das Argument. Denn dafür müssten sie sich morgens um sechs Uhr vor den Zelten anstellen. Ludwig Hagn: "Es war doch schon immer so: Wer einen freien Tisch ergattert hat, gibt ihn nicht mehr her."

© SZ vom 19.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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