Oktoberfest:Kontrolleure am Biertisch

Oktoberfest 2012 - Bierzelt

Dieter Reiter will durch stichprobenartige Kontrollen an den Biertischen auf der Wiesn feststellen, wie und wo der Platz reserviert wurde.

(Foto: dpa)

Erst hat Wiesnchef Reiter die Zahl der reservierten Plätze in den Zelten reduziert, nun will er den Schwarzmarkthandel mit Oktoberfest-Reservierungen eindämmen - und die Gäste im Zelt stichprobenartig überprüfen. Den Wirten droht er mit harten Sanktionen.

Von Peter Fahrenholz

Das Thema Wiesn-Reservierungen sorgt weiterhin für politischen Zündstoff. Nachdem Wirtschaftsreferent Dieter Reiter, der OB-Kandidat der SPD, gegen den Widerstand der Wiesn-Wirte die Zahl der reservierten Plätze in den Zelten reduziert hat, will er jetzt gegen eine Unsitte vorgehen, die offenbar weiter zunimmt: Den anonymen Handel mit Wiesn-Reservierungen, die über das Internet zu astronomischen Preisen angeboten werden. Reiter will durch stichprobenartige Kontrollen an den Tischen feststellen, wie und wo der Platz reserviert wurde.

Anders als beim Streit um die Zahl der reservierten Plätze verläuft die Frontlinie diesmal nicht zwischen den Wirten und der Stadt. Denn auch die Wirte können kein Interesse an einem schwunghaften Schwarzmarkthandel mit Wiesn-Reservierungen haben. "Wir können es nur zusammen lösen", sagt Reiter. Das bestätigt auch Wirte-Sprecher Toni Roiderer. "Uns liegt das Problem im Magen, wir brauchen Frieden auf der Wiesn."

Völlig ungetrübt ist die Einigkeit im Kampf gegen den Schwarzhandel allerdings nicht. Denn nach Reiters Einschätzung gibt es nur zwei Möglichkeiten, wie Wiesn-Reservierungen an Internet-Agenturen geraten können: Entweder geben Unternehmen, die ein größeres Kontinent ergattert haben, ihre Plätze gewinnbringend weiter. Oder die Wirte selber verkaufen ihre Plätze auf diese Weise. Reiter schränkt diese Variante jedoch mit den Worten ein: "Was ich ehrlicherweise nicht glaube."

Roiderer weist jeden Verdacht in diese Richtung weit von sich. "Wir sind zu 100 Prozent sauber", beteuert der Wirte-Sprecher. Ein Wirt, der so handeln würde, "der schießt sich doch selber ins Knie". Er lege "die Hand dafür ins Feuer, dass die Wirte die Plätze nicht verkaufen".

Reiter lässt indessen keinen Zweifel daran, dass ein Wirt mit harten Sanktionen rechnen muss, falls er doch in den Schwarzhandel verwickelt sein sollte. "Das wäre ein hartes Vergehen", sagt Reiter, "da würde ich schon ernsthaft darüber nachdenken, ob so jemand noch einen Platz auf der Wiesn haben kann." Sollte sich herausstellen, dass Unternehmen reservierte Plätze weiterverkauft haben, erwartet Reiter von den Wirten ein hartes Durchgreifen. Sie müssten dafür sorgen, dass solche Firmen in Zukunft keine Reservierungen für die Wiesn mehr bekämen.

Immer ein gewisser Schwund

Vehement wehrt sich Reiter gegen die Lesart, der Schwarzmarkthandel sei wegen der von der Stadt verfügten Reduzierung der reservierten Plätze erst so richtig in Schwung gekommen. Der Vorwurf aus dem Lager der Wirte "hat mich geärgert", sagt Reiter, der überhaupt keinen Zusammenhang sieht. "Das würde ja bedeuten, wenn wir 100 Prozent Reservierungen haben, hätten wir überhaupt keinen Schwarzhandel mehr." Nach Reiters Einschätzung wäre dann aber genau das Gegenteil der Fall: der Schwarzhandel würde "regelrecht explodieren", weil es überhaupt keine Möglichkeit mehr gäbe, legal an freie Plätze zu kommen.

Auch ein anderer Vorwurf trübt das Verhältnis zwischen den Wirten und dem für sie zuständigen Referenten weiterhin. Die Wirte, so Roiderer, hätten "Bedenken", dass durch die Beschränkung der Reservierungen "ganz viele Münchner ausgesperrt werden". Der Wirte-Sprecher kann diese Interpretation auf den ersten Blick durch zahlreiche Protestbriefe stützen, in denen sich langjährige Wiesn-Stammgäste darüber beschweren, dass ihr Reservierungswunsch für die nächste Wiesn abschlägig beschieden worden sei.

Reiter sieht aber eher in den Wirten selber die Urheber des Unmuts und schreibt das den Protestierern inzwischen auch entsprechend offen zurück. Denn anstatt bei Firmen, die eine größere Anzahl von Tischen reservieren, einen oder zwei davon zu streichen, träfe die Absage häufig Leute, die nur einen Tisch haben möchten. "Wenn jemandem ein einzelner Tisch weggenommen wird, kann ich das nicht verstehen", sagt Reiter.

Ohnehin stecken hinter dem Streit um die Reservierungen handfeste wirtschaftliche Interessen, auch wenn Wirte-Sprecher Roiderer betont, die Wirte hätten keine Angst vor Umsatzeinbußen durch die neue Regelung. In Wirklichkeit liefern die Reservierungen den Wirten jedoch eine sichere Kalkulationsgrundlage. Denn die reservierten Plätze sind mit einem - je nach Zelt unterschiedlichen - Konsumzwang verbunden. Und dieser Mindestkonsum muss in jedem Fall bezahlt werden, ganz egal, ob der Platz dann auch wahrgenommen wird oder nicht.

Hinzu kommt, dass es bei reservierten Plätzen immer einen gewissen Schwund gibt: Plätze, die gar nicht oder nicht rechtzeitig eingenommen werden, werden von anderen Gästen okkupiert - und auf diese Weise doppelt verkauft.

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