Oktoberfest:Gibt die Stadt zu viel für die Wiesn-Tonanlage aus?

SIRCOM Norbert Hunger, Sirenenhersteller

Mit Beschallungsanlagen kennt Norbert Hunger sich aus. Die für die Wiesn geplante sei viel zu teuer für das, was eigentlich benötigt wird, sagt er.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)
  • In den ersten fünf Jahren hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft bis zu vier Millionen Euro für die Miete einkalkuliert.
  • Die Technik wäre wohl günstiger zu bekommen - wenn sie die Stadt kaufen statt mieten würde.
  • Eine Münchner Firma würde etwa 400 000 Euro für die von der Stadt gewünschte Anlage kalkulieren.
  • Doch die Ausschreibung des Projekts lässt Kaufangebote erst gar nicht zu.

Von Franz Kotteder

Anfangs war Norbert Hunger begeistert. Eine Beschallungsanlage für das Oktoberfest wird gesucht, und das ist ja genau die Kernkompetenz seines Systemhauses Sircom. Natürlich würde die Firma sich um den Auftrag bewerben, dachte der Techniker und Vertriebsleiter Hunger, im Idealfall hätte man dann eines der besten Referenzobjekte für die eigene Arbeit direkt vor der Haustür. Sicherheitsdienstleistung für das größte Volksfest der Welt - besser könnte es für die Firma aus Forstinning im Osten von München ja gar nicht kommen.

Inzwischen ist Norbert Hunger stark ernüchtert. "Ich habe mir die Ausschreibung kommen lassen", erzählt er, "und dann schon nach ein paar Seiten festgestellt: Wir können uns ja gar nicht bewerben." Denn die Stadt will ausdrücklich nur Anlagen zur Miete, keine zum Kauf. Dafür, so die Begründung im Stadtrat, sei der Aufwand zu groß, auch habe man nicht das notwendige Personal dafür.

Die Anlage sei schließlich sehr aufwendig, sie solle ja an verschiedenen Orten individuelle Durchsagen ermöglichen und sich auch in die Tonanlagen der einzelnen Zelte und Schausteller einschalten können. Das Ausleihen der Beschallungsanlage lässt sich die Stadt ganz schön was kosten: Für Entwicklung, Kabelverlegung, Auf- und Abbau sowie Miete in den ersten fünf Jahren hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft, dem der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) vorsteht, bis zu vier Millionen Euro einkalkuliert.

Das wiederum verblüfft die Firma Sircom. "Man kann natürlich auch mit dem Maybach zum Einkaufen fahren", sagt Geschäftsführerin Renate Hackenberg, "aber eigentlich tut's ein Golf auch." Auf nicht weniger als 142 Seiten legt die Ausschreibung detailliert fest, welche technische Ausstattung die Stadt für die neue Beschallungsanlage haben will. "Was dort beschrieben ist", sagt Norbert Hunger, "wäre tatsächlich extrem aufwendig und teuer. Aber das ist völlig überdimensioniert." Eine Anlage mit allen Schikanen, wie sie die Stadt will, koste um die 400 000 Euro, also nur ein Zehntel dessen, was die Stadt kalkuliert hat. Gekauft, nicht gemietet.

Sircom entwickelt Beschallungsanlagen und Evakuierungskonzepte und lässt sie dann betriebsfertig aufbauen. Seit 1993 ist Sircom weltweit tätig, hat nach eigenen Angaben an die 6000 Anlagen installiert. Zusammen mit amerikanischen Partnern entwirft das Unternehmen Beschallungsanlagen für Camps der US Army, Erdbeben- und Tsunami-Warnsysteme von Thailand über Indonesien bis Chile, rüstet Raffinerien, Atomkraftwerke und chemische Fabriken mit Sicherungsanlagen aus, zum Teil über viele Quadratkilometer hinweg.

Das Büro von Bürgermeister Schmid äußert sich reserviert zu den Aussagen des Unternehmens. "Es steht jedem frei, sich für den Auftrag mit einem günstigen Preis zu bewerben", sagt Sprecher Clemens Draws. Die Ausschreibungsbedingungen seien von einem externen Ingenieurbüro mit der städtischen Vergabestelle und dem Baureferat erarbeitet worden. Varianten zum Kauf und zur Miete seien geprüft worden, dabei habe sich die Miete als günstigere Lösung herausgestellt. Überprüfen lässt sich das nun nicht mehr: Angebote für einen Kauf berücksichtigt die Ausschreibung gar nicht erst.

Insgesamt rechnet Schmids Büro mit Sicherheitskosten für die diesjährige Wiesn in Höhe von gut zehn Millionen Euro. Ein Großteil davon machen die Kosten für den Ordnungsdienst aus, wie aus einer Stadtratsvorlage für die nichtöffentliche Sitzung des Kommunalausschusses am Donnerstag hervorgeht.

Obwohl es in Verhandlungen gelungen sei, heißt es dort, den regulären Stundensatz für die Ordnungskräfte auf 48,92 Euro zu senken (im Vorjahr musste man noch 56,74 Euro zahlen), werden die Ordner in diesem Jahr voraussichtlich dennoch 735 000 Euro mehr kosten als 2016. Die Gründe: Die Wiesn dauert einen Tag länger, es gibt wieder die Oide Wiesn, und auch das Gelände ist größer, was mehr Kontrollen notwendig macht. Insgesamt fallen wohl an die 48 000 Arbeitsstunden mehr an.

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