Oktoberfest:"Die Liebe zur Wiesn kehrt zurück"

München feiert einen gelungenen Oktoberfest-Auftakt: Mehr als 600 000 Besucher wurden am ersten Wochenende gezählt, und die Sicherheitskontrollen machen keine Probleme mehr.

Von Franz Kotteder

Wenn man's genau nimmt, kann ein Wiesnstart kaum perfekter sein. Etwas Regen am Vormittag und am Nachmittag dann ein Wetter, für das man fast schon wieder die Sonnenbrille auspacken kann, und das an beiden Tagen des ersten Wochenendes. Eine Anzapfübung, die schon nach dem zweiten Schlag wieder gelingt. Viele sehr mutige und komische Trachten - vor allem, was die Dirndl angeht - und fröhliche Menschen, die drin stecken, sowie ein paar Zelte, die abends wegen Überfüllung geschlossen sind. Wohlgemerkt: nur ein paar, nicht alle.

Wer drinnen sitzen wollte, bekam am Samstagabend immer noch einen Platz, wenn auch nicht unbedingt im Hacker- und Augustinerzelt oder in der Fischer-Vroni, die zeitweise geschlossen wurden. Insgesamt kamen nach Schätzungen des Wirtschaftsreferats am ersten Wochenende 600 000 Besucher auf die Wiesn, das wären 100 000 mehr als im vergangenen Jahr im selben Zeitraum.

Punkt zwölf Uhr hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mit zwei Schlägen das erste Fass im Schottenhamel-Zelt angezapft: Der Moment, auf den man in allen anderen Zelten gewartet hatte. Oder wie es die Kabarettistin Luise Kinseher formulierte, die im Herzkasperlzelt auf der Oiden Wiesen anzapfte (wofür sie exakt drei Schläge brauchte): "Vor dem Anstich sind alle gleich, denn da haben alle einen Durst."

Manche allerdings einen größeren als andere: 43 Fälle von Alkoholvergiftung registrierte die Sanitätsstation des Roten Kreuzes am Samstag, im Jahr zuvor waren es nur 32 gewesen. Immerhin war diesmal kein Jugendlicher unter 16 Jahren dabei. Insgesamt wurden 483 Patienten versorgt (2016: 330). Im Biergarten der Fischer-Vroni konnte ein 57-Jähriger, der bereits kollabiert war, vom Notarzt mit dem Defibrillator erfolgreich wiederbelebt werden, er kam in das Klinikum Innenstadt.

Keine Probleme gab es bei den Sicherheitskontrollen an den Eingängen und an den Absperrungen rund um die Wiesn. Von den Anlaufschwierigkeiten des vergangenen Jahres war diesmal nichts mehr zu bemerken. Neu war dieses Jahr, dass das Festgelände erst um neun Uhr geöffnet wurde - also erst, nachdem alle größeren Lieferwagen wieder abgefahren sind. Damit soll verhindert werden, dass Terroristen Anschläge mit Transportern wie in Nizza, Berlin oder Barcelona verüben. Die Trennung von Lastwagen- und Besucherverkehr am Morgen scheint im Wesentlichen gut zu funktionieren. Am ersten Wochenende befanden sich nur noch wenige kleinere Lieferwagen auf dem Gelände, die großen Laster waren schon früher verschwunden.

Lange Schlangen vor den Eingängen

Bei den Besuchern aber hatte sich anscheinend noch nicht überall herumgesprochen, dass das Festgelände erst um neun Uhr geöffnet wird. An den Eingängen bildeten sich lange Schlangen. Vor dem Eingang zur Matthias-Pschorr-Straße am Esperantoplatz reichte sie am Samstag fast bis zum Goetheplatz. Sie löste sich allerdings schnell auf, nachdem der Eingang geöffnet wurde. Dann begann die Stampede: Die überwiegend jugendlichen Wiesnfans, viele davon offenbar Touristen, liefen zumeist im gestreckten Galopp zu ihren Lieblingszelten, um dort noch rechtzeitig einen Platz zu ergattern.

Eine weitere Neuheit ist die Beschallungsanlage, die im Notfall individuelle Durchsagen in einzelnen Zelten und an Brennpunkten ermöglichen soll. Im Normalfall werden mit ihr die Besucher morgens begrüßt und bei Betriebsschluss wieder verabschiedet. Auf dem Festgelände klingen die Ansagen allerdings so ähnlich wie in einer stark belebten Bahnhofshalle: Man versteht kaum etwas von ihnen.

Ansonsten gibt es von weiteren Neuerungen so gut wie keine Probleme zu berichten. Das neue Volkssängerzelt "Zur Schönheitskönigin" ist der ganze Stolz von Wirt Peter Reichert und wird noch immer mit Hofbräu-Bier beliefert, obwohl Jürgen Kirner von der Couplet AG es beim Anzapfen durch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zur "söderfreien Zone" erklärt hatte - und Finanzminister Markus Söder (CSU) ist schließlich der oberste Chef von Hofbräu. In der nagelneuen Ochsenbraterei, die nun über eine durchlaufende Galerie und ein Drittel mehr Toiletten verfügt, ist Wirtin Anneliese Haberl ganz begeistert: "Es lief von Anfang an völlig reibungslos. Hat mich selbst gewundert, denn normalerweise gibt es ja immer irgendwo ein Problem." Auch bei den Gästen komme das Zelt gut an, weil es höher sei und dadurch luftiger wirke. Auch die bauschigen, weißblauen Stoffbahnen an der Zeltdecke veränderten den Gesamteindruck positiv.

So positiv wie der des Wiesn-Chefs, Bürgermeister Josef Schmid (CSU), von den ersten beiden Festtagen überhaupt. "Die Liebe zur Wiesn kehrt zurück!", stellte er fest. Auch die Schausteller und Wirte, heißt es in einer städtischen Mitteilung, seien zufrieden. Wirtesprecher Toni Roiderer vom Hackerzelt wird mit den Worten zitiert: "Ein rundum gelungener Einstand!", und Edmund Radlinger, Chef der Münchner Schausteller, spricht ebenfalls von einem guten Start.

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