Oktoberfest:Die Angelsachsen kommen

Visitors ride a carousel during the opening day of the 184th Oktoberfest in Munich

Unter den Fluggästen sind viele Briten und US-Amerikaner. Ob die dann auch Kettenflieger fahren, ist unklar.

(Foto: REUTERS)

Die Lieblingsgäste der Münchner zum Oktoberfest? Klar, die Italiener. Dieses Jahr liegt aber eine andere Gruppe vorn, jedenfalls, was die Flüge angeht. Das ist nur logisch.

Kolumne von Laura Kaufmann

Den Tee und trockenen Humor einmal außer Acht gelassen, sagt man Briten eine Hingebung zum "Booze", zum Alkohol nach. Außerdem eine Vorliebe für knappe Outfits, einhergehend mit bewundernswerter Kälteresistenz. Früh fangen Briten an, in ihren Pubs zu trinken, früh fallen sie ins Bett. Das Oktoberfest scheint wie für sie gemacht. Als besucherstarke Truppe sind sie trotzdem nie aufgefallen. Bis jetzt.

Das Onlinereiseportal Expedia hat die Nachfrage von Flugtickets nach München während der Wiesnzeit ausgewertet. London steht an erster Stelle. Womöglich eine Bewegung der Brexitgegner? Was könnte schließlich völkerverbindender sein, als gemeinsam zu trinken?

Natürlich ist das Ergebnis nur bedingt aussagekräftig, denn viele Besucher kommen mit dem Auto oder dem Bus zum Oktoberfest, oder gleich mit dem Wohnmobil. Die italienischen Nachbarn beispielsweise. Italien - in Form von Florenz - taucht darum in der Flugliste erst auf Platz 12 auf.

London ist nicht weit, die Tickets nicht allzu teuer. Da kann man sich einen Wochenendtrip zum Oktoberfest schon mal gönnen. An Platz zwei auf der Liste folgt aber: New York! Nun ist nicht zuletzt seit der Reportage unserer amerikanischen Gastjournalistin klar, dass jeder Collegestudent davon träumt, einmal das Oktoberfest zu besuchen. Aber wie viele Amerikaner wirklich die weite Reise auf sich nehmen, um das biergetränkte Trachtenchaos auf der Theresienwiese einmal mit eigenen Augen zu sehen, das ist dann doch überraschend.

Auf Platz 3 folgt Chicago. Boston, Washington D.C., San Francisco, Los Angeles und Seattle tauchen auch in den Top 15 auf, sie belegen die Plätze 5, 7, 9, 11 und 14. Und es sind mehr Gäste aus den USA als im letzten Jahr: 80 Prozent mehr aus Chicago, 70 Prozent mehr aus Boston, 60 Prozent mehr aus New York.

Außerdem vertreten in der Liste sind Madrid, Kopenhagen, Toronto, Barcelona, Paris und Tokio. Aber niemand scheint in diesem Jahr so verliebt in das Beer Fest zu sein wie die Angelsachsen. It's Ozapft, Baby.

Die hier erstandene Lederhose oder das Dirndl kramen die Amerikaner zu Halloween oder zu einem ihrer heimischen Oktoberfestkopien wieder heraus, der Brite steigt damit nächstes Jahr wieder in den Billigflieger. Wichtiger aber sind die Souvenirs, die ihnen keiner nehmen kann: Die Erinnerungen. Die vielen Brüste, deren Berührung in einer saftigen Watschn resultiert. Der Biss in die tasty Ochsenfetzensemmel, während sich der Kumpel würgend übergibt. Das fröhliche Zuprosten mit riesigen Krügen, während daneben gerade ein Bewusstloser in die gelbe Banane gehievt wird.

Insofern hat der Besucher recht, eine weite Reise in Kauf zu nehmen, nur um das Oktoberfest zu erleben. Man muss das mit eigenen Augen sehen. Sonst glaubt man es nicht.

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