Oktoberfest:Bruno Jonas erklärt die Wiesn

Was müssen Nicht-Bayern auf der Wiesn beachten? Der Kabarettist Bruno Jonas über die wundersame Wirkung des Oktoberfest-Biers und warum gemischter Salat gemieden werden sollte. Tipps in Bildern.

Manuela Antosch

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Streiks im bayerischen Nahverkehr

Quelle: dpa

Was muss man als Nicht-Bayer auf der Wiesn beachten? Der Kabarettist Bruno Jonas - bekannt als Bruder Barnabas auf dem Nockherberg - weiß Bescheid und erklärt in seinem Buch Gebrauchsanweisung für das Münchner Oktoberfest die Wiesn-Welt. Daraus einige Tipps:

Die Anreise

Mit dem Flugzeug landet man 40 Kilometer entfernt im Erdinger Moos. "Den Flughafen hat man deshalb so weit draußen vor der Stadt angesiedelt, weil dadurch den ankommenden Gästen die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich langsam und behutsam auf München und Bayern einzustimmen", erklärt Bruno Jonas in seinem Buch.

Ist man dann endlich in der Stadt angekommen, wartet die nächste Herausforderung: Der öffentliche Nahverkehr, der MVV, ist nicht leicht zu durchschauen: Es gibt Busse, Trambahnen, U-Bahnen, S-Bahnen, Streifenkarten, Einzelfahrkarten, Tageskarten, Partnertageskarten, Kombitickets. Bruno Jonas empfiehlt: "Sollten Sie nicht gleich durchblicken, fragen Sie einfach einen Einheimischen, der wahrscheinlich auch nicht durchblicken wird."

Doch um den MVV kommt man wohl nicht herum, denn mit dem Auto sollte man nicht zum Oktoberfest kommen, weiß der Kabarettist. Die Parkplätze sind sowieso alle belegt. Und auch wenn der ehemalige Ministerpräsident Günther Beckstein findet, dass man nach zwei Maß noch fahren kann: die Polizei findet das nicht.

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Oktoberfest:Das Outfit

Oktoberfest in München

Quelle: ddp

"Offensichtlich ist es eine Gaudi, sich als Bayer zu verkleiden", stellt Bruno Jonas fest. Derweil habe Tracht aber gerade nichts mit Trend zu tun: Wer Tracht trägt, der will eigentlich "auf die Zeitlosigkeit der bayerischen Kleidung hindeuten". Original-Tracht wird handgemacht und ist teuer. Wer einen Bierfasshut aufhat, der macht sich zum Deppen, selbst wenn er Lederhosen anhat.

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Oktoberfest:Der Bayer

176. Oktoberfest

Quelle: ddp

Sanft ist er, der Bayer. In seiner Seele ist ein blauer Himmel aufgespannt, erklärt Bruno Jonas: "Auch wenn er immer ein bisserl vor sich hin grantelt, immer gern mosert und meckert, bringt ihn doch so schnell nichts aus der Fassung." Selbst wenn Bayern heute ein Hightechstandort ist, wenn Computerviren und der Klimawandel den Freistaat erreicht haben, so bleibt dem Bayern eins: "Der feste Glaube an die Unvergänglichkeit Bayerns." Aus heiterem Himmel kann er aber auch "stocknarrisch" werden und ist dann zu allem fähig. Besonders schnell wird er grantig, wenn die Bierpreise mal wieder erhöht wurden. Seien Sie also auf der Hut!

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Oktoberfest:Die Sicherheit

Digitalfunk auf dem Oktoberfest

Quelle: dpa

Schweres Gepäck sollte man zur Wiesn lieber zu Hause lassen; für Taschen und Koffer gibt es strenge Kontrollen. Bruno Jonas weiß: "Eine Einführung von Nacktscannern wurde bereits angedacht, ist aber bisher nicht beschlossen. Die Polizei rechnet mit Warteschlangen von mehreren Kilometern und Rudelbildung vor den Geräten, zumal dieses Vergnügen umsonst angeboten werden müsste." Ohne Nacktscanner sei persönliches Abtasten auf der Wiesn nach wie vor üblich - und zwar nicht nur durch Sicherheitskräfte, sondern auch durch Männer, die anbandeln wollen.

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Oktoberfest:Der Start

Christian Ude

Quelle: AP

Für Bruno Jonas ist der Einzug der Wiesnwirte am ersten Samstag das wichtigste Wiesn-Ereignis - denn dann geht es endlich los: "Sie sollten sich diese Parade nicht entgehen lassen. Schauen Sie zu, wie die Wirte ihre Gefährte besteigen, registrieren Sie die Freude auf die bevorstehenden Umsätze, die ihnen schon ins Gesicht geschrieben steht. Es handelt sich bei diesem Einzug um so etwas wie das letzte Warming-up für den großen Rausch, der etwa eine Stunde später um Punkt zwölf Uhr mit dem O'zapft-is-Ritual im Schottenhamel-Festzelt beginnt."

Dann sticht der Oberbürgermeister den ersten Hirschen an, ein Eichenfass mit 200 Litern Festbier. Den Rekord hält "Anzapfkönig" Christian Ude mit einem Schlag und einem Sicherheitsschlag. Wer es selbst mal ausprobieren will, für den hat Bruno Jonas einen Tipp: Die Paulaner-Brauerei bietet Anzapfseminare an.

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Oktoberfest:Das Bier

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Quelle: dpa

Bier ist nicht nur ein Getränk. Es gehört in Bayern zu den Grundnahrungsmitteln, manche nennen es deshalb auch "flüssiges Brot", weiß Jonas: "Bei so viel Heilwirkung ist es doch verwunderlich, dass das Bier nicht in Apotheken verkauft wird", findet er. Schließlich hilft es gegen fast alles: gegen Herzinfarkt und Krebs, gegen Schlaganfälle und hohen Blutdruck. Es ist gut für die Potenz, für reine Haut, für stabile Knochen. Und es verbessert das Erinnerungsvermögen, weil es gut ist gegen Alzheimer - was Bruno Jonas erstaunt, denn der kann sich nach ein paar Maß ganz und gar nicht mehr an alles erinnern.

Der Kabarettist weist darauf hin, dass nur Geübte die Qualität des Biers beurteilen können. In Bayern sei diese "vergleichende Bierforschung" eine "weitverbreitete Wissenschaft". Eigentlich sei ein warmes Bier dafür besser geeignet, denn so könnten die Aromen intensiver über Zunge, Gaumen und Nase aufgenommen werden. Wer das Bier trotzdem lieber kühl mag, dem rät Bruno Jonas: Die Maß nach genauer Analyse schnell ex trinken.

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Oktoberfest:Der Rausch

Schlafende Wiesnbesucher neben einem Bierzelt, 2009

Quelle: Stephan Rumpf

Die richtige Antwort auf die Frage "Wievui trinken wir denn heut?" lautet: "Jetzt trinken wir erst einmal die, und dann no die nächste." Wer zu viel vom Wiesnbier erwischt hat, bei dem kommt es zu Gleichgewichts- und Wahrnehmungsstörungen. Für die Wiesn gilt: "Der Rausch ist das Normale und damit das allgemein Übliche."

Bierleichen können "auf eine hervorragende ärztliche Versorgung hoffen", so Bruno Jonas: "Hochqualifizierte Sanitäter des Roten Kreuzes und anderer Samariterorganisationen werden alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um Sie zu retten." Zur Ausnüchterung "stellt Ihnen die Wiesnwache eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung".

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Oktoberfest:Die Zelte

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Quelle: Stephan Rumpf

Auf der Wiesn gibt es Café- und Weinzelte, Hühnerbratereien, Entenbratereien und natürlich die Bierhallen. Doch eins haben alle Zelte gemeinsam, hat Bruno Jonas festgestellt: Sie sind immer voll. Die Plätze sind schon Monate vorher alle vergeben. Reservierte Plätze gibt es "für systemrelevante Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur", erklärt der Kabarettist: "Sie werden auf der Wiesn in sogenannten Boxen gehalten und der gemeine Wiesnbesucher kann sie aus sicherer Entfernung beobachten."

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Oktoberfest:Das Essen

Eroeffnung Oktoberfest 2004

Quelle: ddp

Einer der Klassiker unter den Wiesn-Schmankerln ist der Schweinsbraten. Aber Achtung: Nicht alles darf sich so nennen. Bruno Jonas erklärt: "Ein Schulterstück und das Halsgrat gehören zu den klassischen Stücken vom Schwein, die als Schweinsbraten auf den Teller kommen. Das beliebte Krusterl entsteht, wenn dem Fett bei großer Hitze Flüssigkeit entzogen wird und die Schwarte knusprig und resch wird." Der Braten wird mit einem Semmel- oder Kartoffelknödel und Krautsalat serviert. Ein gemischter Salat schmeckt dagegen meistens "saugreislich".

"Am besten ist es, wenn man einen gescheiten Hunger mitbringt auf die Wiesn", empfiehlt Bruno Jonas. Denn egal ob Hendl, Steckerlfisch oder Schweinshaxen: Die Portionen sind grundsätzlich XXL. "Ich kann nicht mehr, mir ist das zu viel! Magst du vielleicht noch was?" - Das lässt der Kabarettist nicht durchgehen: "Jeder muss mit seinem Teller selber zurechtkommen."

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Oktoberfest:Die Musik

BEDIENUNGEN

Quelle: AP

Den Text mitsingen reicht nicht; man muss auch die passende Choreographie dazu beherrschen, erklärt Bruno Jonas: "Das sind meist stringent durchdachte und hochkomplexe Bewegungsabläufe zu Befehlen wie: Die Hände zum Himmel! - Komm hol das Lasso raus! - Flieg, flieg, flieg und schwimm, schwimm, schwimm!"

Er hat auch noch Tipps zur Vorbereitung: "Ich rate Ihnen, sich vor Ihrem Zeltbesuch mit den wichtigsten Melodien vertraut zu machen. Einsingen ist hilfreich. Daheim in der Familie oder mit Freunden können Sie Text und Melodien gemeinsam einüben, um auf der Wiesn im Ernstfall aus vollem Hals mitsingen zu können." Wer auf die Idee kommen sollte, die Liedtexte analysieren zu wollen, dem rät der Kabarettist: "Lassen Sie es! Einwände gegen die Komposition oder gar den Text verhallen fruchtlos."

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Oktoberfest:Die Fahrgeschäfte

Achterbahn auf dem Münchner Oktoberfest, 2009

Quelle: Robert Haas

Loopings, Türme, wilde Karussells: "Mit zwei Maß Bier ist die Hemmschwelle einzusteigen zwar niedriger, aber die Gefahr, leicht Verdautes wieder hergeben zu müssen, größer", schreibt Bruno Jonas: "Falls Ihnen nämlich während der Fahrt das Wiesnhendl samt Kartoffelsalat aus dem Gesicht fällt, weil es wissen möchte, was da draußen los ist, hält sich die Freude der mitfahrenden Gäste in Grenzen." Deshalb: erst fahren, dann trinken und essen.

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Oktoberfest:Ein bisschen Kultur

Oktoberfest 2007 - Böllerschützen

Quelle: dpa

Die Bavaria steht im Westen der Theresienwiese - "da müssten Sie schon viel intus haben, um sie übersehen zu können", findet Bruno Jonas. Die Bronzestatue der Patronin Bayerns wurde im Auftrag von König Ludwig I. errichtet. Im Inneren der Statue gibt es eine Treppe: 52 Stufen, dann kann man aus ihrem Kopf herausschauen und hat einen schönen Blick über die Theresienwiese. Nur während der Wiesn nicht, da ist der Kopf gesperrt.

Dahinter steht die Ruhmeshalle - "eine bayerische Hall of Fame, in der sich insgesamt 98 Büsten berühmter Bayern befinden", erklärt Bruno Jonas und empfiehlt einen Besuch - aber vor der ersten Maß: "Grade während des Oktoberfestes ergibt sich eine beinahe himmlische Atmosphäre hinter den dorischen Säulen." Auf ein Märchen sollten Wiesnbesucher nicht hereinfallen: Dass dort oben die größten Biertrinker aller Zeiten ausgestellt seien.

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Oktoberfest:Der perfekte Wiesn-Mann

Münchner Oktoberfest, 2007

Quelle: Robert Haas

Männer sind für Bruno Jonas "einfach eine Augenweide" - wenn sie dem bayerischen Schönheitsideal entsprechen: barocke Formen mit stämmigen Wadeln und einem Bierbauch, bei dem das Trachtenhemd über der Wölbung zu platzen droht. "Die Idealgestalt zeigt keinen physischen Übergang vom Oberkörper zum Kopf." Bruno Jonas rät Oktoberfestbesuchern: "Falls Sie also einen Vertreter dieser Art erblicken, bleiben Sie stehen, erweisen Sie ihm Ihre Ehrerbietung, indem Sie seinen Anblick still genießen und ihn vorüberziehen lassen."

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Oktoberfest:Die perfekte Wiesn-Frau

Dirndlgipfel auf dem Oktoberfestgelände

Quelle: dpa

"Sauber" sagt der Bayer, wenn er die perfekte Wiesn-Frau sieht: Natürlich trägt sie Dirndl, sie ist fesch und tüchtig und "ihre Proportionen befinden sich im idealen Verhältnis zueinander". Von denen gibt es aber immer weniger, stellt Bruno Jonas fest: "Man trifft auf der Wiesn immer mehr aufgespritzte, abgesaugte, aufgepolsterte und gestraffte Schönheiten. Ich muss da immer an die Sendung Pimp my Car denken, in der ganz normale Autos aufgemotzt werden zu Luxuslimousinen." Aber auch gegen nicht so perfekte Frauen hat der Bayer eine Strategie entwickelt: das Schönsaufen.

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Oktoberfest:Das Anbandeln

Münchner Oktoberfest, 2005

Quelle: AP

Wiesnzeit ist Paarungszeit, da werden uralte Instinkte wach, weiß Bruno Jonas: "Die Wiesn ist verführerisch, und das kommt daher, dass alle sakrisch gut ausschauen, weil sie alle Tracht tragen und dadurch unheimlich sexy wirken." Mit einer plumpen Anmache geht auch auf der Wiesn nichts. Mit großer Überraschung ausgerufen komme der Satz "Hey, du schaust aber guad aus!" bei Frauen aber immer gut an.

Bruno Jonas warnt jedoch, "dass die natürlichen Aromen, die normalerweise die Gattenwahl steuern, auf dem Oktoberfest durch intensiven Bierdunst und allerlei andere erotisierende Düfte extrem abgemildert, ja sogar verfälscht beim Gegenüber ankommen". Also Vorsicht bei der Partnerwahl!

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Oktoberfest:Die Folgen

Karussell auf dem Oktoberfest

Quelle: dpa

Die kennt Bruno Jonas ganz genau: "Ein gelungener Wiesnbesuch endet mit einem Außer-sich-Sein im dionysischen Sinn. Der Mensch erfährt auf dem Oktoberfest im Idealfall eine gesteigerte Form des Menschseins im Dasein, das gelegentlich im Jenseits endet. Wobei es Leute gibt, die behaupten, das Oktoberfest erinnere sie ohnehin an jenseitige Räume - an Hölle, Fegefeuer und natürlich den Himmel."

Das Buch "Gebrauchsanweisung für das Münchner Oktoberfest" von Bruno Jonas ist bei Piper erschienen (19,95 Euro).

© sueddeutsche.de/anto/sonn
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