Oktoberfest-Attentat von 1980:Das Ende der Ermittlungen

Werden die Hintergründe des Wiesn-Attentats nie aufgedeckt? Die Bundesanwaltschaft lehnt weitere Ermittlungen ab. Bei Angehörigen der Opfer bleiben Zweifel über den Tathergang.

Annette Ramelsberger

Auch 30 Jahre nach dem Attentat auf das Oktoberfest in München werden die Hintergründe wohl nicht mehr aufgeklärt. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe lehnt die von vielen Seiten geforderte Wiederaufnahme der Ermittlungen ab. "Der Verdacht auf Mittäter ist ausgeräumt, die Ermittler sind nach der Tat allen Spuren akribisch nachgegangen", sagte ein Sprecher von Generalbundesanwältin Monika Harms. "Es gibt keinen Anlass, die Ermittlungen wieder aufzunehmen."

Oktoberfest-Attentat 1980

Rettungsmannschaften bergen eines der Opfer des Attentats auf das Münchner Oktoberfest. Der Rechtsextremist Gundolf Köhler hatte seine Bombe direkt am Eingang zur Wiesn deponiert.

(Foto: dpa)

1700 Zeugen seien damals befragt, 850 Spuren sei nachgegangen worden. Ohne Erfolg. 1984 ermittelte die Bundesanwaltschaft auf Antrag von zwei Hinterbliebenen noch einmal: 27 Zeugen wurden damals befragt. Doch auch diese Nachforschungen führten "weder zu neuen Erkenntnissen noch zu Ansatzpunkten für weitere Ermittlungen", erklärte die Bundesanwaltschaft.

Und auch die umfangreichen Akten der DDR-Staatssicherheit, die im Jahr 1980 guten Einblick in die Aktionen der Münchner Polizei hatte, brachten die Ermittler nicht weiter: Drei Monate lang sichtete die Bundesanwaltschaft im Frühjahr die Akten, auch aus ihnen hätten sich "keine tragfähigen neuen Ermittlungsansätze im Hinblick auf den Oktoberfest-Anschlag" ergeben, heißt es in Karlsruhe.

Am 26. September hatten mehrere hundert Menschen der 13 Todesopfer und 200 Verletzten des Attentats gedacht. Dabei war auch zum ersten Mal ein bayerischer Innenminister. Joachim Herrmann sagte, ihm liege daran, Klarheit zu haben über dieses größte Attentat in Deutschland. Sicher sei, dass damals der 21 Jahre alte Geologiestudent Gundolf Köhler, ein bekennender Rechtsextremist, die Bombe gelegt hatte. "Alles andere ist im Unklaren", fügte Herrmann hinzu. Noch immer beschleicht auch CSU-Politiker und Polizeiexperten ein eigenartiges Gefühl - als könne es nicht die ganze Wahrheit sein, dass da nur ein Einzeltäter am Werk war.

Auch die Ermittler, die sich unmittelbar nach dem Anschlag um die Aufklärung gekümmert hatten, konnten wohl nicht glauben, dass diese Tat ohne Hintermänner geschehen war. Sie ermittelten bis nach Spanien und in den Libanon, wo sich die rechtsradikale Wehrsportgruppe Hoffmann später aufhielt, zu der Köhler Kontakte gepflegt hatte.

Gehört wirklich Gundolf Köhler die abgerissene Hand?

In der Einstellungsverfügung von 1982 heißt es vage: "Nach dem Ergebnis der Ermittlungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Rechtsextremist Gundolf Köhler Mittäter oder zumindest Mitwisser gehabt hat. Sichere Feststellungen hierzu oder zur Person weiterer Tatbeteiligter konnten jedoch nicht getroffen werden." Es habe sich kein "hinreichender Tatverdacht gegen andere Personen ergeben".

Erst vergangenes Jahr wurde bekannt, dass eine abgerissene Hand, die dem Täter zugeordnet wurde, bereits 1997 vernichtet worden war. Der Rechtsanwalt mehrerer Opfer, Werner Dietrich, hätte sich durch neue DNS-Methoden hier eine genaue Zuordnung der Hand erhofft - denn es gibt Gerüchte, sie gehöre zu einem weiteren Täter, der nie identifiziert worden sei.

Dem entgegnet die Bundesanwaltschaft: Nur Köhler habe eine Hand gefehlt, keinem anderen Opfer. Der Abdruck der Finger dieser Hand sei identisch mit den Abdrücken an Studienunterlagen Köhlers, die nur er selbst habe anfertigen können. Die Hand sei sicher Köhler zuzuordnen. Unklar ist weiter das Tatmotiv: Eine schwere Persönlichkeitskrise hatte man damals angenommen. Oder aber Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen.

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