Obersendling:Mini-Apartments für Wohnungslose

Die Stadt will Menschen ohne Dach überm Kopf nicht länger in teuren Pensionen unterbringen, sondern in kommunalen Heimen

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Am Ende waren noch knifflige Fragen im Zusammenhang mit den Personal- und Sachkosten zu klären, doch dann fasste der Sozialausschuss des Stadtrates einen lange erwarteten Beschluss: Bei der Unterbringung von Wohnungslosen geht München in Zukunft neue Wege. Wer sein Obdach verliert, etwa weil er nicht einmal mehr die Miete für eine Sozialwohnung aufbringen kann oder als Auszubildender mit seiner bescheidenen Vergütung nicht weit kommt auf dem Wohnungsmarkt, soll nicht länger in Hotels oder Pensionen landen, sondern in einem kommunalen Wohnheim.

Eine der ersten dieser flexibel nutzbaren Herbergen soll an der Boschetsrieder Straße in Obersendling entstehen. Geplant sind dort 100 Single-Wohneinheiten mit durchschnittlich je 17 Quadratmetern Wohnfläche in zwei Baukörpern sowie ein weiteres Gebäude mit 50 kleineren Einheiten à 20 Quadratmeter und Gemeinschaftsräumen. Die gesamte Geschossfläche beträgt knapp 34 000 Quadratmeter.

Ein exakter Zeitplan für die künftige "Sofortunterbringung Wohnungsloser" liegt zwar nicht vor, doch an der Notwendigkeit der konzeptionellen Neuerung besteht bei den Stadtratsfraktionen von CSU, SPD und Grünen kein Zweifel. Einhellig formulierten die Kommunalpolitiker dieser Parteien als Ziel, "Wohnungslose nicht mehr in teuren Pensionen und ähnlichen Quartieren unterzubringen, sondern in städtischen Einrichtungen". Pensionen sollten nur noch im Fall besonderer Bedarfsspitzen belegt werden.

Bei der bisherigen Unterbringung von Wohnungslosen hat das Sozialreferat "enorme Kostensteigerungen" registriert. Stetig erhöhten die privaten Beherbergungsbetriebe ihre "Bettplatzpreise". Zudem verlangten die Pensionsbetreiber und deren Banken immer höhere Ausfallgarantien und lange Vertragslaufzeiten. Um die Kosten zu senken, komme die Stadt am Aufbau kommunaler Kapazitäten nicht mehr vorbei, hieß es im Sozialausschuss.

Dass Handlungsbedarf besteht, ergibt sich schon aus der hohen Zahl wohnungslos werdender Menschen in München; sie liegt bei etwa 100 Haushalten pro Monat. Zuletzt waren 5218 Personen, davon 1386 Kinder, im städtischen Sofortunterbringungssystem für diese Personengruppe (Stand: April 2015). Gegenüber 2008 entspricht dies einer Verdoppelung der Zahl jener Menschen, die wegen akuter Wohnungslosigkeit in München untergebracht werden müssen. Eine positive Wende der Situation sei in Anbetracht des Münchner Wohnungsmarktes und der steigenden Mietpreise nicht zu erwarten, heißt es in einer Sitzungsvorlage des Sozialreferates. Der starke Zuzug von Migranten verschärft die Situation noch. Mittelfristig könne zur Entspannung der Lage nur eine "Offensive im Wohnungsbau" beitragen.

Die Auswahl des Bauträgers für das Projekt an der Boschetsrieder Straße ist bereits getroffen: Die städtische Gewofag Holding wird das Heim zur Unterbringung von Wohnungslosen errichten. Zunächst soll noch ein Betriebskonzept präzisiert werden, bis 2018 ist die Realisierung vorgesehen. Der Bezirksausschuss Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln hat das Vorhaben grundsätzlich gutgeheißen, wünscht aber eine Prüfung der Frage, wie sich das Heim für Wohnungslose auf das Quartier an der Boschetsrieder Straße auswirkt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: