Obersendling:Falscher Standort für ein Möbelhaus

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Lokalpolitiker lehnen mögliche Ikea-Filiale am Ratzingerplatz ab, denn dort seien unter anderem schon längst Schulbauten geplant

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Die Pläne des schwedischen Ikea-Konzerns für ein Möbelhaus in der Innenstadt elektrisieren die Lokalpolitiker im Münchner Südwesten. Denn neben der Paketposthalle und dem Kapuzinerplatz ist auch der Ratzingerplatz als Standort im Gespräch, was der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln für einen schlechten Witz hält. Denn auf den letzten Freiflächen rund um den Platz in Obersendlings Mitte sind längst Schulbauten geplant sowie die Neuausrichtung der gesamten Verkehrsinfrastruktur einschließlich der Tram West.

Mit großer Mehrheit verabschiedete der BA deshalb einen von der CSU-Fraktion eingebrachten und von der SPD ergänzten Antrag, in dem kritische Fragen zu den Standortuntersuchungen von Ikea aufgeworfen werden. Zugleich betont das Stadtteilgremium "in aller Deutlichkeit", dass es jede Verzögerung beim Bau von Grundschule und Gymnasium "angesichts des deutlichen Bevölkerungswachstums im 19. Stadtbezirk" für "nicht hinnehmbar" hält. Analog gelte dies für die geplante Erweiterung der Feuerwehr- und Rettungsdienstschule, hieß es in der Debatte. Und auch am Vorhaben eines größeren Parkhauses an der U-Bahnstation Aidenbachstraße werde man nicht rütteln lassen.

Abgesehen davon erscheinen dem BA "an diesem zentralen Standort im Stadtviertel" soziale und kulturelle Nutzungen sowie kleinteiliger Einzelhandel "als wesentlich sinnvoller und dringender als ein großer Verkaufsmarkt". Ferner bezweifeln die Lokalpolitiker Aussagen, wonach Ikea-Kunden in Obersendling überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisten. Im Gegenteil sei zu befürchten, dass sich die "sowieso angespannte Verkehrssituation" in der Gegend verschärfen würde. "Der Einzugsbereich dieses Möbelhauses dürfte sich bis Weilheim ausdehnen", erklärte dazu Reinhold Wirthl (CSU), Vorsitzender des BA-Unterausschusses Verkehr. Man müsse aufpassen, dass der Ratzingerplatz nicht irgendwann "nur noch aus der Luft zu erreichen ist".

Vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung will der BA wissen, wie weit die Ikea-Pläne gediehen sind, ob schon offizielle Anfragen vorliegen. Vor allem aber fordern die Stadtteilpolitiker verbindliche Aussagen, wann mit der Fertigstellung der Grundschule, des Gymnasiums und der Erweiterung der Feuerwache mit deren Schule zu rechnen sei und welche Auswirkungen Umplanungen zugunsten Ikeas auf die Fertigstellung der Schulen hätte. "Wir brauchen da endlich mal eine Zeitschiene für die gesamte Ratzingerplatz-Planung", sagte Wirthl. Und wenn die Gegend tatsächlich noch ein zusätzliches Gebäude vertragen sollte, dann müsse dies eine Realschule sein, forderte Beate Meyer (CSU).

Welche finanziellen Vor- und Nachteile die Ansiedlung eines Ikea-Möbelhauses für die Stadt hätte, will der BA ebenfalls genau wissen. Sie sehe den Saldo schon jetzt "kritisch", sagte SPD-Fraktionssprecherin Dorle Baumann. Denn die schwedische Firma sei bekannt für Steuervermeidung. Zugunsten eines solchen Unternehmens Verzögerungen beim Schulbau oder gar dessen Scheitern hinzunehmen, sei ein schwer erträglicher Gedanke. Michael Kollatz (SPD) erinnerte daran, dass der BA früher schon Bedenken gegen größere Märkte oder auch eine Shopping-Mall am Ratzingerplatz vorgebracht habe. FDP-Sprecher Richard Ladewig rief dennoch dazu auf, den Anti-Ikea-Protest nicht überborden zu lassen: "Wir reden vorerst nur über eine Studie."

Wie das Unternehmen sich die Rückkehr in die Innenstädte vorstellt, kann man in Hamburg seit vier Jahren besichtigen: In der Fußgängerzone des Stadtteils Altona steht eine solche Ikea-Filiale. Sie ist ein beliebter Treff für die Mittagspause, bezeugt die ganze Fülle des kleinteiligen Randsortiments des Möbelhauses und verfügt über jede Menge Parkplätze. Möbel würden überwiegend bestellt und später geliefert. 80 Prozent der Kunden kämen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, behauptet der Konzern.

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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