Obersendling:Angst um den Alpenblick und die Sonne

Campus Süd

Weil einige der Wohnungen, die auf dem früheren Siemens-Areal doppelt so hoch sind wie der Rest, fürchten Anwohner, dass ihnen der Blick in die Berge versperrt wird.

(Foto: Patrizia AG)

Die Anwohner der neuen Hofmann-Höfe auf dem ehemaligen Siemens-Areal kritisieren, dass ihnen die vom Investor geplanten sieben Hochhäuser mit 13 Etagen die Sicht nehmen

Von Helena Ott, Obersendling

Die heftige Kritik von Anwohnern am Bauvorhaben auf dem ehemaligen Siemens-Areal reißt nicht ab: Die Bürgerinitiative gegen Wohntürme erwägt nun sogar eine Klage gegen das Projekt - sollte ihr Anwalt eventuell baurechtliche Mängel feststellen. Alle Anwohner waren zum fünften Mal zur Information und zum Austausch mit Vertretern der Stadt und dem Eigentümer des Baugrunds, der Patrizia Immobilien AG, geladen.

"Als wir in unsere Wohnungen an der Seumestraße gezogen sind, haben wir uns darauf verlassen, dass gegenüber nicht höher als acht Stockwerke gebaut wird - so lautete ja auch der städtebauliche Beschluss gegen die Erweiterungspläne von Siemens 2006", beklagt Michael Weinzierl von der Bürgerinitiative gegen Wohntürme. Jetzt kommen sie doch: Daran konnte auch ein Treffen der Initiative mit Stadtrat und Patrizia AG im Januar nicht rütteln.

Schlangenförmig, in sogenannter Mäanderstruktur, werden sich die Hofmann-Höfe - bekannt auch als Campus Süd - über das ehemalige Siemens-Areal zwischen Baierbrunner Straße, Hofmannstraße und Siemensallee ziehen. Der große zusammenhängende Komplex mit 1000 Wohnungen ist fünf Stockwerke hoch - an sieben Eckpunkten aber ragen nach aktuellem Masterplan 13-stöckige Wohntürme in die Höhe. Sie alle haben die gleiche Grundform und sind damit dem Siemens-Hochhaus in der Nachbarschaft nachempfunden. Größter Streitpunkt - die Türme: Seit der öffentlichen Präsentation im November 2015 durch das Architekturbüro Rapp+Rapp, das den Wettbewerb um die Gestaltung des Campus Süd im Mai 2015 gewonnen hat, formierte sich Widerstand von Seiten der Anwohner. Sie konnten sich nicht erklären, warum gerade der Entwurf von Rapp+Rapp den Wettbewerb gewonnen hatte. Mehrere andere Entwürfe sind ohne Hochbauten ausgekommen und haben dennoch 1000 Wohnungen auf dem Gelände untergebracht.

An den 13 Stockwerken scheint kein Weg vorbeizuführen: Lediglich eines hat sich seit der letzten öffentlichen Präsentation des Konzepts geändert - vier Türme haben ihre Richtung um 90 Grad gedreht: Im ersten Entwurf waren alle sieben Hochhäuser, mit ihrer Front, gleich dem Siemenshochhaus, in Richtung Alpen ausgerichtet - Anwohnerstimmen wurden laut, die befürchteten, dass so die Sicht auf die Alpen vollständig versperrt würde. Die Planänderung sieht nun vier der Hochhäuser in Längsrichtung zu den Alpen vor. Doch anders als wohl von den Bauherren erhofft, löste der veränderte Entwurf bei den Bürgern keine Begeisterung aus.

Im Gegenteil: Anwohner Richtung Baierbrunner Straße im Osten und an der Seumestraße im Westen fürchten nun um ihre Morgensonne und den Sonnenuntergang, den man von vielen Wohnungen bisher beobachten konnte. Es war von einer "Verschlimmbesserung" die Rede, und ein Anwohner appellierte am Ende der Bürgerinformationsveranstaltung eindringlich an Architekt Christian Rapp, die Wohntürme wieder zu drehen. Bürgerstimmen, die sich positiv über den geänderten Entwurf äußerten, waren nicht zu vernehmen.

Carmen Pasedag, Michael Weinzierl und Isolde Matt von der Bürgerinitiative nutzen jedenfalls die Gelegenheit, ihre Argumente gegen die Hochhäuser vorzubringen. Ein weiterer Punkt, der den Obersendlinger Bürgern Sorge bereitet, sind die Baustellenzufahrten: Eine von ihnen soll möglichst nördlich in der Hofmannstraße entstehen. "Das ist genau gegenüber vom Kindergarten und auch auf dem Schulweg vieler Grundschüler", gab eine Frau aus der Hofmannstraße zu bedenken. Sie fragte, wie die Stadt die Sicherheit der Schulkinder gewährleisten wolle. Marion Wolfertshofer vom Referat für Stadtplanung wies darauf hin, dass dazu noch konkrete Konzepte erarbeitet würden, der Einwand aber mit in die Planung einfließen werde. An anderer Stelle ist man mit dem Gutachten bereits ein Stück weiter: Die von vielen Anwohnern befürchtete Verschattung der umliegenden Wohnhäuser sehen Architekten und Stadtplaner nicht. Die kürzlich angefertigte Studie habe gezeigt, dass es hier "kaum Probleme" geben werde, so Marion Wolfertshofer.

Ein dringendes Anliegen ist einigen Bürger auch, dass die sieben Hochhäuser nicht alle die gleiche Optik bekommen - sondern nach Vorbild des Wohnquartiers Südseite jeweils ein eigenes Erscheinungsbild aufweisen. "Die Innenhöfe kriegen auf jeden Fall je ein eigenes Gesicht; ich kann mir das auch bei den Türmen vorstellen", sagte Architekt Christian Rapp. Ohnehin stehe die Planung der Fassadengestaltung noch aus.

Die Pläne liegen bis zum 15. Juni im Planungsreferat, Blumenstraße 28 b, aus. Bis dahin haben auch die Anwohner Zeit, ihre Einwendungen schriftlich zu formulieren.

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