Oberschleißheim/Freimann:Im Reich der verkannten Schönheiten

Naturschutzgebiet Fröttmaninger Heide, 2012

Stiller Fleck: Die Fröttmaninger Heide ist als europäisches Naturerbe unter besonderen Schutz gestellt.

(Foto: Jakob Berr)

Am runden Tisch zeigt sich, dass die Heideflächen und Lohwälder im Münchner Norden bereits jetzt vorschriftsgemäß gepflegt werden. Strittig bleibt die Stationierung der Polizeihubschrauber im Naturschutzgebiet

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim/Freimann

Der Osmoderma eremita aus der Familie der Rosenkäfer macht erstmal eher wenig her, noch dazu riecht er etwas streng. Und ihre Reize mehr im Verborgenen halten auch die "naturnahen Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien", worunter vorwiegend flache, schmucklose Grasflächen inmitten der dreieckigen Siedlungsinsel um Ober- und Unterschleißheim zwischen den Autobahnen A 9, A 92 und A 99 zu verstehen sind. "Wir leben inmitten von meist verkannten Naturschönheiten", stellt Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) angesichts der Flora und Fauna fest, "ihr Wert erschließt sich erst auf den zweiten Blick."

Wer dann aber genauer hinschaut, kann auch "ein Juwel" entdecken, wie Elmar Wenisch von der Oberbayerischen Bezirksregierung schwärmt, "eine Perle" wahlweise auch. Jedenfalls aber einen "wichtigen Kernbaustein für ein europäisches Naturnetz". Die Heideflächen und Lohwälder nördlich von München sind nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) vom Land Bayern und der Europäischen Union als europäisches Naturerbe unter exponierten Schutz gestellt. Bei der Vorstellung des Maßnahmenplans blieb das Diskussionspotenzial eher marginal, denn: Ein absolutes Unikum in der bayerischen "Natura"-Landschaft: "Hier ist die Umsetzung dem Plan schon voraus", freute sich Anne Meyer von der Bezirksregierung. Der Heideflächenverein Münchner Norden, ein kommunaler Verein aus fünf Anliegerkommunen plus der Stadt München, betreut mit Pflegekonzepten seit Jahrzehnten die meisten Teile des FFH-Gebietes.

Ein großer letzter Waffengang zwischen den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen wurde jüngst um die Ausweisung der südlichen Fröttmaninger Heide im Raum Freimann als Naturschutzgebiet ausgetragen. Dieses zeitaufwendige Mediationsverfahren für ein Kernstück des Areals nannte Wenisch auch als Grund, warum seit der Auftaktveranstaltung zur Widmung nach "Natura 2000" im November 2007 mehr als sechs Jahre bis zum Managementplan vergangen sind. Der Plan lässt sich griffig bündeln: Der Magerrasen muss beweidet oder gemäht werden. Standortuntypische Arten sollen reduziert und keinesfalls aktiv verbreitet werden. Beweidung durch Schafe, Ziegen oder Pferde ist zu fördern. Und für den Eremiten-Käfer, auf der Roten Liste in Deutschland als "stark gefährdet" eingestuft, werden Bäume markiert, die als seine Lebensräume erhalten werden.

Der Maßnahmenplan verpflichtet Eigentümer oder Pächter zu nichts Konkretem, lediglich verschlechtern darf sich der Zustand des Gebietes nicht. "Günstiger Erhaltungszustand" ist die Formel, die angestrebt wird. Dahinter zurück darf ein Eigentümer nicht. Für Aufwertungen oder die Umsetzung konkreter Detailprojekte aus dem Maßnahmenplan sind die Naturschutzbehörden zuständig.

Bei der Oberschleißheimer Diskussion, die speziell für Nachbarn des Südteils der Heideflächen gedacht war, führte dieses Verschlechterungsverbot zur Grundsatzfrage, wie denn der Managementplan mit anstehenden Projekten wie der Ansiedlung der Polizeihubschrauber im FFH-Gebiet umgeht. Das sei eine andere Baustelle, wiegelte Regierungsvertreter Wenisch ab, das Verfahren für die Ansiedlung der Hubschrauber-Staffel müsse den naturschutzrechtlichen Status des Gebietes berücksichtigen.

Der zweite Teil des runden Tisches für den nördlichen Gebietsteil beginnt an diesem Donnerstag, 19. Januar, um 14.30 Uhr im Bürgerhaus Eching.

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