Oberschleißheim:Ein Fall für die Werft

Oberschleißheim: Im Blau und Weiß von 1972 - ein Hinweisschild an der Regatta.

Im Blau und Weiß von 1972 - ein Hinweisschild an der Regatta.

(Foto: haas)

Die Regattaanlage ist schön, aber nicht mehr zeitgemäß

Von Maximilian Ferstl, Oberschleißheim

Bei den Olympischen Spielen im Jahr 1972 steuerte Irene Pepinghege den Einer-Kajak über die 500-Meter-Strecke. Am Finaltag, es war ein Samstag, schob sie sich als Vierte über die Ziellinie. Eine Sekunde fehlte zu Bronze. Auf Bahn neun der olympischen Regattastrecke fuhr sie ganz nah an der Tribüne vorbei.

"Es war unglaublich laut damals", sagt Pepinghege. Die gebürtige Niederländerin startete für die Bundesrepublik. Jetzt sitzt sie unter einem Pavillon neben der Strecke. Die Deutschen Kanu-Rennsportmeisterschaften finden hier in dieser Woche statt. Pepinghege ist heute 74 Jahre alt, mittlerweile trainiert sie zwei Jugendgruppen beim Mülheimer Kanuverein. Eine ihrer Schülerinnen hat es gerade ins Finale geschafft. Pepinghege lässt den Blick über die Wettkampfstätte schweifen: "Eigentlich hat sich nichts geändert." Bis auf die Tennisanlage nebenan und die Solarzellen, die mittlerweile die Dächer der Bootshallen bedecken. Pepinghege findet das gut, ihr gefällt die Anlage, so wie sie ist.

Eine Stunde vorher sitzt Eva-Maria Jackermeier, Vorsitzende des Kanu-Regattavereins München, auf demselben Platz. Sie sagt auch beinahe dasselbe: "Seit 1972 hat sich hier nichts verändert." Aber Jackermeier klingt anders als die Olympia-Vierte. Sie ist besorgt darüber, dass die Anlage in die Jahre gekommen ist. Auf der Zuschauertribüne sprießt Gras, grüne Flechten überziehen die Holzverkleidung des Zielturms. Doch es hapert nicht nur an der Kosmetik. Der Brandschutz sei problematisch, sagt Jackermeier, außerdem "die Bausubstanz". Die Anlage sei mittlerweile "einfach alt". Auch "Barrierefreiheit" sei damals kein Thema gewesen. Deshalb habe man eine Bootshalle umgebaut, mit Umkleiden, Duschen, Toiletten. "Das ist aber keine Dauerlösung." Was müsste passieren? "Das ist Sache der Politik , davon verstehe ich zu wenig." Sie sei nur froh, dass ihr Verein die Deutschen Meisterschaften hier ausrichten könne, sagt die Funktionärin.

Wie auf Bestellung trifft Thomas Konietzko, der Präsident des Deutschen Kanu-Verbands, ein. Er kommt vom Flughafen. Das Sakko hat er ausgezogen, die Hemdärmel sind nach oben gekrempelt. Langsam wird es richtig warm. Er weiß, woran es bei der Sanierung klemmt: am Geld. "Es ist ein Teufelskreis", sagt er. Viele Vereine aus München und Umland nutzen die Anlage. Es gebe Breiten- und Spitzensport, der sei aber "leider nicht förderfähig". Dafür müsste München schon Landesleistungszentrum sein. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Kanuverbands habe er bei Bayerns Innenminister Joachim Herrmann vorgesprochen. "Er sieht leider keine Möglichkeit, die Stadt München zu unterstützen." Der gehört die Anlage. Dass hier etwas passieren muss, steht für Konietzko fest. "Haben Sie schon die Klos gesehen? Das ist der komplette Charme der Siebzigerjahre."

Die Wettkampfstätte sei nicht mehr zeitgemäß. Ein Blick auf die Tribüne gibt ihm Recht. 9500 Plätze gibt es, die 100 Zuschauer wirken auf der riesigen Schräge beinahe verloren. Am Wochenende sollen es 2000 werden. Der Verband hat der Stadt seine Wünsche vorgelegt: Die Tribüne soll verkleinert, Bootshäuser und Unterkünfte sollen neu gebaut werden.

Allen Mängeln zum Trotz: Die Athleten kommen gerne nach München. Die deutschen Kanuten bereiteten sich hier auf die Weltmeisterschaft in Mailand vor. Sie schätzen das "harte Wasser". Das liege am Kalk, erklärt Irene Pepinghege. Sie fände es schade, wenn sich hier alles ändern würde. "Dann geht ein Stück Vergangenheit verloren. Das olympische Dorf brechen sie ja auch nicht weg."

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